Kritiker bezeichnen sie gar als „Rambo“: Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann gilt als durchsetzungsstark. Jetzt übernimmt sie für ein Jahr den Vorsitz der Kultusministerkonferenz.
Wenn man eines nicht tun sollte, dann ist es, Susanne Eisenmann (CDU) zu unterschätzen. Die baden-württembergische Kultusministerin gilt als konfliktbereit, entscheidungsfreudig und durchsetzungsfähig. Das mussten auch einige Politiker in der grün-schwarzen Landesregierung erst lernen. Seit fast acht Monaten schwingt die 52-Jährige das bildungspolitische Zepter im Ländle. Zum Jahresbeginn hat sie turnusgemäß die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz für die kommenden zwölf Monate übernommen.
Eisenmann will die berufliche Bildung bundesweit pushen. Dazu zählt etwa die Frage, wie sich die Schulen auf das Megathema Digitalisierung vorbereiten können, das in der Arbeitswelt eine immer größere Rolle spielt. Oder auch, wie Schüler bei der Berufswahl unterstützt oder wie Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden können. „Der direkte Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung ist für manche Jugendliche immer noch mit großen Schwierigkeiten verbunden“, sagt die Ministerin.
Eisenmann studierte Germanistik, Linguistik und Politikwissenschaft und promovierte in Germanistik. Von 1991 bis 2005 leitete sie das Büro von Günther Oettinger, der damals Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag war und später Ministerpräsident wurde. Verheiratet ist Eisenmann mit dessen früherem Sprecher Christoph Dahl. Von 2005 bis zur Kür zur Ministerin im Mai 2016 war sie Schulbürgermeisterin in Stuttgart. Dort erwies sich die CDU-Politikerin als Pragmatikerin ohne ideologische Scheuklappen. Anders als für viele Parteikollegen waren für sie etwa die Ganztagsschule und die Gemeinschaftsschule – eigentlich ein Projekt von Grünen und SPD – kein rotes Tuch.
Als Ministerin sorgte Eisenmann am Ende der grün-schwarzen Verhandlungen über den Landesetat 2017 für einen Paukenschlag. Sie erklärte öffentlich, den Ausbau der Ganztagsschule und der Inklusion, also der Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht, im kommenden Schuljahr auf Eis legen zu wollen, weil Lehrerstellen fehlten. Beides sind vornehmlich grüne Projekte, die auch im gemeinsamen Koalitionsvertrag festgeschrieben sind. Letztlich hatte sie Erfolg und bekam mehr Geld. Doch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagierte verärgert und machte in seinem Kabinett klar, dass sich so ein Vorgehen nicht wiederholen dürfe.
In den vergangenen Wochen knirschte es mächtig in Eisenmanns Verhältnis zu den Grünen und auch zu den einschlägigen Verbänden. Die Grünen zweifelten zeitweise an der Koalitionstreue der Ministerin – etwa, weil sie den Ausbau des Informatikunterrichts zunächst auf die Gymnasien beschränken will. Eisenmann kündigte an, dass die Grundschulen wieder mehr Wert auf richtige Rechtschreibung legen müssten und wandte sich damit gegen die Methode „Schreiben nach Hören“. Sie erklärte, dass überprüft werde, inwiefern Englisch- oder Französisch-Unterricht für Grundschüler überhaupt sinnvoll sei. Seit dem Absturz baden-württembergischer Schüler in der jüngsten Vergleichsstudie IQB (Deutsch und Englisch) ist die Aufregung groß.
Kritiker führen an, dass es Eisenmann an Feingefühl und Offenheit für Anregungen von außen fehle. Ihr Vorgänger Andreas Stoch (SPD) meint etwa: „Gegenüber der pädagogischen Freiheit der Lehrerschaft zeigt sich Frau Eisenmann respektlos, und wissenschaftlichen Sachverstand weist sie brüsk zurück.“
Zu ihrem Privatleben hält sich Eisenmann, die von Freunden „Nanni“ genannt wird, weitgehend bedeckt. Nur das lässt ihr Sprecher durchblicken: Sie geht regelmäßig joggen und liest gerne gute Bücher.