Mülheim/Ruhr - Sie gilt als eine der erfahrensten Persönlichkeiten der internationalen Theaterszene und ist nun im Kulturhauptstadtjahr 2010 im Ruhrgebiet aktiv. Die Belgierin Frie Leysen, die schon nahezu überall auf der Welt Stücke inszeniert hat, ist die erste internationale Programmdirektorin des renommierten Festivals «Theater der Welt». Vom 30. Juni bis 17. Juli werden in Mülheim/Ruhr und Essen 32 internationale zeitgenössische Theater-Produktionen mit fast 400 Künstlern aus Europa, Asien, Afrika, Südamerika und der Pazifikregion aufgeführt werden.
«Ich möchte auf eine spannende Reise um die Welt einladen", sagt Leysen zum Programm. «Meine Absicht ist es, dass wir unsere Welt ein bisschen besser verstehen», fügt Leysen hinzu. Sie wolle Klischees, die aus ihrer Sicht beim Blick auf die Welt vorherrschen, aufbrechen und einen anderen, offeneren Blick ermöglichen. Klischees seien gefährlich: «Sie reichen nicht, um die Welt zu begreifen. Ich möchte dazu animieren, die Welt einmal mit den Augen junger Menschen aus Bangkok oder Buenos Aires zu sehen», sagt Leysen.
Als ihr Leitmotiv versteht sie die Erweiterung des Horizonts - sowohl beim Publikum als auch bei den Künstlern selbst. «Mir war es dabei natürlich auch sehr wichtig, die Gegend hier zu verstehen», sagt Leysen, die deshalb vor zwei Jahren nach Essen zog. «Weil das Festival im Kulturhauptstadtjahr stattfindet, wollte ich nichts machen, was es schon gibt, oder was es schon ein bisschen gibt. Ich wollte eher das machen, was es noch nicht gibt.»
Frie Leysen kann auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. In ihrem Heimatland begann sie ihre künstlerische Karriere und baute in Antwerpen das internationale Kunstzentrum De Singel auf. 1994 gründete sie in Brüssel das «Kunstenfestival Desarts», das sich unter ihrer Leitung zu einem der einflussreichsten internationalen Festivals Europas entwickelte. In den vergangenen zehn Jahren widmete sich die studierte Kunsthistorikerin schließlich einem Festival im arabischen Raum.
In Mülheim//Ruhr arbeitet sie seit zwei Jahren im Ringlokschuppen für das Festival «Theater der Welt». Besonders spannend findet sie die Neuinszenierung der Barockoper «Montezuma». Sie handelt von der Eroberung Mexikos, neu interpretiert von einem mexikanischen Regisseur.
«In 18 Tagen um die Welt» umschreibt daher Fritz Pleitgen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ruhr.2010 GmbH, in Anlehnung an einen berühmten Jules-Verne-Roman den Ansatz des Festivals. «Wir erleben hier ein höchst politisches Programm, das uns einen Seitenwechsel gewährt und somit den unverfälschten Blick in die Gesellschaft ferner Länder.« Das »Theater der Welt« biete die Bühne dafür, »das Leben mit den Augen der Anderen zu betrachten.»