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Geglückter Start: 100 Tage Kulturstaatsministerin Monika Grütters

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Berlin - Es war eine Hängepartie bis zum Schluss, wer in der großen Koalition für Kultur und Medien zuständig sein sollte. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel schließlich am 17. Dezember Monika Grütters zur neuen Kulturstaatsministerin im Kanzleramt ernannte, waren die Vorschusslorbeeren groß. Der 52-jährigen CDU-Politikerin, bis dahin Chefin im Kulturausschuss des Bundestags, wurde auf Anhieb zugetraut, die großen Schuhe ihres Vorgängers Bernd Neumann (CDU) zu füllen und zugleich neue Akzente zu setzen.

 
 
 100 Tage später fällt auch das Zwischenzeugnis gut aus. «Frau Grütters ist die richtige Kulturstaatsministerin. Sie ist ein Politprofi und eine mit allen Wassern gewaschene Kulturexpertin», sagt Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat, der über 200 Bundeskulturverbände vertritt. Und auch Grütters' Nachfolger im Ausschussvorsitz, der SPD-Politiker Siegmund Ehrmann, bescheinigt ihr eine «sehr angenehme, sehr offene, sehr konstruktive Zusammenarbeit». «Ich habe da großes Vertrauen», sagte Ehrmann der dpa.
 
 Tatsächlich hat die «Neue» nach einigen Wochen Einarbeitung schon deutliche Signale gesetzt. Ihr wichtigstes Anliegen ist die verstärkte Suche nach NS-Raubkunst - ein Thema, das durch den spektakulären Münchner Kunstfund besondere Brisanz gewonnen hat. Die CDU-Politikerin will noch in diesem Jahr ein «Deutsches Zentrum Kulturgutverluste» gründen, um die Initiativen von Bund, Ländern und Kommunen zentral zu bündeln.
 
 Das Projekt wäre auch ein wichtiges Zeichen an das Ausland, dass Deutschland es mit der Aufarbeitung von NS-Unrecht wirklich ernst meint. Dass kürzlich sogar die israelische Kulturministerin Limor Livnat bei Grütters anfragte, ob nicht deutsche Herkunftsforscher auch Sammlungen in Israel wegen etwaigen NS-Raubguts begutachten könnten, stärkte der Staatsministerin bei dem Thema den Rücken. Doch bei den Bundesländern gibt es Widerstände - manch ein Museum fürchtet, wichtige Werke aus seinem Bestand zu verlieren.
 
 Ohnedies gehört die Zusammenarbeit mit den Ländern zu den zentralen Anliegen. Bei einem ersten Treffen im Kanzleramt warb Grütters etwa darum, die mühsam ausgehandelten neuen Regeln für die Besteuerung des Kunsthandels im Interesse der Galerien auch vor Ort umzusetzen. Künftig soll es - wie schon bei Neumann - zwei Mal im Jahr offizielle Treffen mit den Länderkollegen geben. Neu lädt Grütters dazu die Kommunen ein. Schließlich tragen sie 44 Prozent der bundesweiten Kulturkosten, die Länder steuern 42 Prozent bei, Bund und Private den Rest.
 
 Bei dem Spitzengespräch sei die Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Kulturpolitik gelegt worden, lobt die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). «Staatsministerin Grütters ist es ein großes Anliegen, wichtige kulturpolitische Fragen als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen anzugehen. Auf diesen offenen kulturpolitischen Dialog setzt auch die Kultusministerkonferenz.»
 
 Dialogfreude, Offenheit und Charme gehören zu Grütters' Markenzeichen. Bisweilen trage sie ihr Herz vielleicht sogar zu offen auf der Zunge, finden reine Politstrategen. Als Kulturhistorikerin und leidenschaftliche Theater-, Konzert- und Museumsbesucherin ist die gebürtige Münsteranerin in der Berliner Szene bestens vernetzt - kaum jemand, den sie nicht kennt.
 
 Dass sie gelegentlich auch mit der Kanzlerin in die Oper geht, hält sie nicht von heiklen Themen ab. Bei der Berlinale forderte sie nachdrücklich, die Kultur von dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA auszunehmen. «Da hat sie sich klar auf unsere Seite geschlagen und nicht auf die Seite der Kanzlerin», so der Kulturrat.
 
 Das bisher größte Aufsehen löste die Staatsministerin aus, als sie den schon zu den Akten gelegten Herkulesplan reanimierte, die wertvolle Berliner Sammlung Alter Meister vom Potsdamer Platz langfristig mit den Skulpturen auf der Museumsinsel zusammenzuführen. Das für 130 Millionen Euro geplante Museum der Moderne soll darunter nicht leiden, ebenso wenig wie Grütters' Lieblingsprojekt - das 2019 geplante Humboldtforum im rekonstruierten Berliner Schloss.
 
 Gelegentlich wird der Wahlberlinerin vorgeworfen, sich zu sehr auf die Bundeshauptstadt zu konzentrieren. Ihre größte Herausforderung für die Zukunft wird allerdings sein, genügend Geld für ihre Arbeit locker zu machen. «Frau Grütters ist sehr, sehr ambitioniert», so formuliert es Ausschusschef Ehrmann. «Es gibt aber eine gewisse Besorgnis, ob wir mit der Finanzierung hinterherkommen.» 
 
Nada Weigelt
 
Lebensdaten Kulturstaatsministerin Grütters
Monika Grütters, 1962 in Münster geboren, hat Germanistik, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft studiert. Sie ging zunächst in die Öffentlichkeitsarbeit, von 1992 bis 1995 als Pressesprecherin des Berliner Wissenschaftssenats. 1991 erhielt sie einen Lehrauftrag an der Musikhochschule, seit 1999 ist sie Honorarprofessorin an der Freien Universität Berlin. 1998 übernahm sie zudem das Amt als Vorstandssprecherin der Stiftung Brandenburger Tor. Nach zehn Jahren als CDU-Kulturexpertin im Berliner Abgeordnetenhaus zog sie 2005 in den Bundestag ein, von 2009 bis 2013 führte sie den Kulturausschuss.
 
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