Bregenz - Er wollte die absolute Dominanz der Seebühne als Zugpferd der Bregenzer Festspiele brechen und das Festival für breitere, kulturinteressierte Publikumsschichten öffnen. Doch die Verantwortlichen der Trägerstiftung wollten dem ambitionierten Konzept des designierten Festspielintendanten Roland Geyer nicht folgen. Jetzt wurde bekannt, dass Geyer, derzeit Intendant des Theaters an der Wien in der österreichischen Hauptstadt, sein neues Amt 2015 nicht antritt und die Stelle neu ausgeschrieben wird. Das berühmte Festival am Bodensee mit der weltgrößten Seebühne steckt in einer Krise.
"Mir schwebte vor, dass die Bregenzer Festspiele künftig in einer Liga mit Opernfestivals wie Aix-en-Provence, Glyndebourne oder Bayreuth spielen", sagte Geyer in einem dapd-Gespräch. Vier große Opernproduktionen wollte er jedes Jahr bieten und Indoor-Spielstätten wie das Bregenzer Festspielhaus oder das Kornmarkttheater deutlich aufwerten. Die Seebühne sollte nur noch eine, wenn auch wichtige, Spielstätte unter mehreren sein. "Die meisten Leute kommen nur wegen der Seebühne nach Bregenz. Ich wollte finanzkräftige Publikumsschichten zusätzlich erschließen, die sich auch für andere, hochkarätige Opernproduktionen interessieren."
Publikum sollte internationaler werden
Bislang rangiere alles, was nicht die Seebühne betreffe, etwa die von dem derzeitigen Intendanten David Pountney etablierte Sektion mit Opern-Uraufführungen im Festspielhaus, unter "Beiwerk". "Ein großer Teil des Publikums bekommt davon gar nichts mit." Diesen Zustand habe er ändern wollen. Durch die Verpflichtung namhafter "leading teams" hätte ein besonders kulturinteressiertes Publikum nach Bregenz gelockt werden können, erläuterte Geyer. Das Publikum sollte nach seinen Vorstellungen zudem internationaler werden. Rund zwei Drittel der Gäste der Bregenzer Festspiele kommen derzeit aus Deutschland.
Am Ende setzte sich bei den Verantwortlichen der Festspiele offenbar die Sorge durch, die Seebühne als Alleinstellungsmerkmal und Zugpferd zu verlieren. Der Vertrag sei letztlich auf seinen Vorschlag hin aufgelöst worden, sagte Geyer. "Ich bedauere das sehr, weil ich mein Konzept für Bregenz gerne erfolgreich umgesetzt hätte." Der Musikmanager versicherte, dass die Zusammenarbeit zwischen ihm und der Trägerstiftung nicht an zusätzlichen Budgetforderungen seinerseits gescheitert sei.
Entscheidung bis Sommer 2012
Bereits im Februar soll die Intendantenstelle für das renommierte Festival, das die weltgrößte Seebühne im Bodensee bespielt, neu ausgeschrieben werden. Eine Entscheidung solle bis zum Festspielsommer 2012 fallen, hieß es in einer Mitteilung. Das Präsidium der Stiftung werde eine Findungskommission einberufen. Pountney bleibt planmäßig bis 2013 im Amt und wird die Saison 2014 interimistisch betreuen. Auch nach der Trennung von Geyer soll der neue Chef der Bregenzer Festspiele sein Amt planmäßig im Jahre 2015 antreten.
Geyer leitet seit 2006 das Theater an der Wien. Zuvor gründete er verschiedene Festivals. Der gebürtige Wiener studierte Wirtschaftsmathematik sowie Sport- und Kulturwissenschaften. Das Theater an der Wien ist neben der Staatsoper und der Volksoper das dritte Musiktheater der österreichischen Hauptstadt und gilt als besonders innovativ.