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Hausverbot: Würzburger Generalmusikdirektor Jin Wang beurlaubt

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Generalmusikdirektor Jin Wang vom Würzburger Mainfranken-Theater ist mit sofortiger Wirkung bei vollen Bezügen beurlaubt. Gleichzeitig wurde ein Hausverbot gegen den Dirigenten ausgesprochen. Das entschied am späten Donnerstagabend der Würzburger Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung.

Würzburg (ddp-bay). Das Publikum steht voll hinter ihm, das Orchester und sein Arbeitgeber nicht mehr: Dirigent Jin Wang, seit zwei Jahren Generalmusikdirektor (GMD) des Würzburger Mainfranken-Theaters, wurde am Freitag von der Stadt Würzburg mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Der Stadtrat hatte am späten Donnerstagabend in nicht-öffentlicher Sitzung über die Weiterbeschäftigung des GMD beraten und die sofortige Beurlaubung «bei vollen Geld- und Sachbezügen» und ein Hausverbot beschlossen. Den Grund für seine Beurlaubung gab die Stadt nicht bekannt.

   Jin Wang kam am Freitagvormittag gerade von einer Probe mit dem Philharmonischen Orchester, als er vom städtischen Kulturreferenten Muchtar Al Ghusain und Personalreferent Christian Schuchardt über Beurlaubung und Hausverbot informiert wurde. «Ich durfte nicht einmal meine privaten Sachen aus dem Büro holen», sagte der Dirigent der Nachrichtenagentur ddp. Vom Würzburger Publikum war der Schüler von Leonhard Bernstein stets gefeiert worden. «Ich habe hart mit dem Orchester gearbeitet, wir haben zusammen ein neues künstlerisches Niveau erreicht», betonte Wang.

   Trotzdem sah er sich in Würzburg von Anfang an einigem Widerstand ausgesetzt. Dem Orchester war der Chinese mit österreichischem Pass offenbar zu autoritär. Von hoher psychischer Belastung, Furcht und sogar von Erniedrigungen der Musiker war die Rede. Im Oktober sprachen sich die Orchester-Mitglieder mit überwältigender Mehrheit gegen eine Verlängerung von Wangs Engagement aus. «Kleinere Konflikte zwischen Dirigent und Orchester sind auf der ganzen Welt normal. Ich musste wegen einiger Angewohnheiten des Orchesters hart kämpfen. Musiker müssen bei einer Probe auch vorbereitet sein, das war nicht immer der Fall», betonte der GMD.

   In der vergangenen Woche war Wang in die Schlagzeilen geraten, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen «versuchter Nötigung mit einem sexuellen Hintergrund» ermittelte. Mutmaßliche Betroffene war eine Orchester-Aushilfe und Bekannte des GMD, die aber selbst keine Strafanzeige erstattet hat. Die Stadt als Arbeitgeber hatte die Staatsanwaltschaft informiert, nachdem ihr die Vorwürfe bekannt geworden waren. Das Strafverfahren wurde vom Amtsgericht Würzburg vorläufig eingestellt, nachdem Wang sich bereit erklärt hatte, 5000 Euro an zwei Frauenhäuser zu zahlen. Ein strafrechtlicher Vorwurf könne dem GMD nicht gemacht werden, betont sein Anwalt Norman Jacob.

   Jin Wang hat keine Erklärung für seine Beurlaubung. «Ich habe nichts Falsches getan», klagte der 48-Jährige. Wang wirft der Stadt vor, nicht persönlich angehört worden zu sein: «Ich habe lange versucht, mit dem Oberbürgermeister und dem Stadtrat zu sprechen. Diese Chance habe ich nicht bekommen.» Er habe durch die jüngsten Vorgänge ein Stück weit den Glauben an Demokratie und Gerechtigkeit in Deutschland verloren. «Was ich hier erlebt habe, erschüttert mich und erinnert mich an die Kulturrevolution in China», sagte der GMD.

   Ob er sich gegen seine Beurlaubung mit juristischen Mitteln zu Wehr setzen wird, ist bisher nicht entschieden. «Uns liegt noch nichts Schriftliches vonseiten der Stadt vor», ließ seine Anwältin Elke Hambrecht auf ddp-Anfrage durch ihre Kanzlei ausrichten.

   «Ich möchte, dass die Wahrheit herauskommt», betonte Wang. Der Unterstützung seiner Fans kann er sich dabei gewiss sein. Schon am vergangenen Freitag hatte der Vorsitzende des Fördervereins «Freunde der Würzburger Philharmonie», Wolfgang Baumann, ihm demonstrativ den Rücken gestärkt und dem Kulturreferenten Bespitzelung und monatelanges Herumschnüffeln im Privatleben des Dirigenten vorgeworfen.

 

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