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Hendrix' letzter Auftritt - Rockstar spielte vor 40 Jahren auf der Ostseeinsel Fehmarn

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Fehmarn - Seine Alben stehen noch heute bei Millionen Menschen im Platten- oder CD-Regal. Sein letztes Konzert spielte Jimi Hendrix vor 40 Jahren ausgerechnet in der norddeutschen Provinz. Am 6. September 1970 erklang seine Gitarre auf dem «Love & Peace Festival» auf der Ostseeinsel Fehmarn. Zwölf Tage später wurde das Gitarrengenie tot in einem Londoner Hotel aufgefunden. Nach dem Konsum von Alkohol und Schlaftabletten war der Rockstar im Alter von 27 Jahren an seinem Erbrochenen erstickt.

Das «Love & Peace Festival» sollte das deutsche Woodstock werden. Doch der Spätsommer auf der schleswig-holsteinischen Insel brachte vor allem Sturm, Regen und Chaos. Computer-Administrator Veit Marx-Haupenthal hat dennoch gute Erinnerungen an die Tage am Flügger Strand. «Wir haben einfach gefeiert, das war ein wunderschönes Fest«, sagt der 62-Jährige.

Mit den Bildern des Woodstock-Festivals aus dem Vorjahressommer im Kopf hatten drei junge Kieler eine deutsche Neuauflage des Festivals in Nordamerika geplant, an dem eine halbe Million Menschen teilgenommen hatte. Sie verpflichteten neben Hendrix weitere angesagte Bands der Zeit wie Canned Heat, Emerson Lake & Palmer, Sly and the Family Stone, The Faces mit Sänger Rod Stewart. Zeitlich war der Termin günstig gewählt. Schließlich spielten viele Bands wenige Tage zuvor auf dem Festival auf der britischen Isle of Wight. Zum Beweis, dass die Musikgrößen anschließend tatsächlich auch auf Fehmarn auftreten würden, seien deren Verträge von den Veranstaltern seinerzeit in den Zeitungen veröffentlicht worden, erinnert sich Marx-Haupenthal.

Als Ort fand sich eine Ackerfläche des Bauern Störtenbecker in der Nähe des Flügger Leuchtturms am Südwestzipfel Fehmarns. »Geld wollten wir dafür überhaupt nicht haben«, sagt dessen Tochter Melitta Köneking. Das Gelände lag nahe des von ihrer Familie betriebenen Campingplatzes. Rund 25 000 Fans machten sich schließlich auf den Weg nach Fehmarn. Bis zum Auftritt des Gitarrenidols mussten sie sich aber gedulden. Neben Regen und Sturm machte ihnen auch die Akustik zu schaffen. «Das Schlimmste an der Sache war die Musikanlage. Sie war zweite oder dritte Wahl«, sagt der damals 22 Jahre alte Marx-Haupenthal. Sturmbedingt sei die Musik deshalb immer wieder abgerissen.

Der Auftritt von Hendrix wurde schließlich von Samstag auf Sonntag verschoben. Und mit dem US-Musiker kam auch das gute Wetter. »Da ging die Sonne auf«, sagt Marx-Haupenthal. Zuvor habe es immer nur geregnet. Bevor Hendrix in die Saiten griff, mussten seine Fans allerdings noch «aufräumen». «Jimi wollte nicht vor Zelten spielen», sagt der Konzertbesucher. Dies habe ihn zu sehr an seine eigene Jugend im New Yorker Stadtviertel Harlem erinnert. »Da haben wir die Mittelstange rausgenommen und dann fertig.« Nahe der Bühne seien die «Zelte alle gefallen».

Nach dem Auftritt von Hendrix war das Festival jedoch relativ schnell beendet. Die Organisatoren suchten wohl angesichts eines finanziellen Desasters mit der Kasse das Weite. Wenig später stand ein als Organisationsbüro genutzter Bauwagen in Flammen. Mutmaßlich in Brand gesetzt von den als Sicherheitskräfte eingesetzten, aber nicht bezahlten Rockern. «Wir haben immer Angst gehabt, die Rocker kommen wieder», sagt Campingplatz-Betreiberin Köneking. Diese Angst erwies sich aber als unbegründet.

«Trotz alledem: Er war da und hat gespielt. Das war das Ereignis schlechthin», sagt Marx-Haupenthal. Heute erinnert ein Gedenkstein in der Nähe des ehemaligen Festivalgeländes an das letzte Konzert von Jimi Hendrix. 1995 gab es erstmals ein Jimi-Hendrix-Revival-Festival auf der Ostseeinsel. Anfang September findet das »XVI. Jimi Hendrix Revival Festival" statt. Die Veranstalter erwarten dazu rund 15 000 Besucher. Ob dort auch in Zukunft Konzerte stattfinden können, steht noch nicht fest. Die jetzige Fläche wurde von der EU zum Flora-Fauna-Habitat erklärt.

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