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"Ich bin ein kreativer Workaholic" - Brigitte Fassbaender beendet ihre zweite Karriere als Theaterintendantin

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Innsbruck/Garmisch-Partenkirchen - Ihre erste Karriere, jene auf der Bühne, beendete sie vor vielen Jahren. Schon mit Mitte Fünfzig beschloss die Mezzosopranistin Brigitte Fassbaender, die in den 1960er und 1970er Jahren weltweit als Opern- und Liedsängerin Furore machte, ihre Bühnenkarriere an den Nagel zu hängen. "Ich wollte nicht als Ruine abtreten", sagt die einstige Diva. Sie wirkt souverän, mit sich und der Welt im Reinen. Am Wochenende beendet Fassbaender ihre zweite Karriere als Intendantin am Tiroler Landestheater in Innsbruck.

 

Fassbaender hatte vor vielen Jahren umgesattelt, mit wachsendem Erfolg Theaterstücke und Opern zu inszenieren begonnen. Sie verdingte sich als Operndirektorin am Staatstheater Braunschweig und wurde 1999 Intendantin in Innsbruck, wo sie mit Ende der laufenden Saison in den Ruhestand tritt. 2002 übernahm sie die künstlerische Leitung des Eppaner Sommers, eines Liedfestivals in Südtirol, und vor drei Jahren die Leitung des Richard-Strauss-Festivals in Garmisch Partenkirchen. Außerdem gibt sie, wie viele ihrer in die Jahre gekommenen Kollegen, Meisterkurse für den Sängernachwuchs.

Traumkarriere auf der Bühne
Dass sie bald 73 Jahre alt wird, sieht man Fassbaender nicht an. Sie sprüht vor Energie und denkt auch nach ihrem Abschied von Innsbruck, wo sie 13 Jahre lang ein Dreispartenhaus mit 1.100 Plätzen managte und selbst zahlreiche Opern und Bühnenwerke inszenierte, nicht an den Ruhestand. "Ich bin ein kreativer Workaholic", sagt Fassbaender. Sie fand sogar Zeit, die Textbücher zu zwei Musicals zu schreiben, die in Innsbruck uraufgeführt wurden. Gerade kam das Musical "Shylock" heraus, basierend auf William Shakespeares Tragikomödie "Der Kaufmann von Venedig". Der englische Dramatiker war in der Tiroler Landeshauptstadt ihr Fixpunkt. Insgesamt 50 Produktionen an ihrem Haus setzen sich mit seinen Stoffen auseinander.

"Das Singen habe ich nie vermisst", sagt Fassbaender. "Ich hatte das Gefühl, meine Kreise als Interpretin ausgeschritten zu haben." Dabei hatte sie eine Traumkarriere absolviert. Nach ihrer stimmlichen Ausbildung durch ihren Vater, den Bariton Willi Domgraf-Fassbaender und einem Studium am Nürnberger Konservatorium, wurde sie 1961 Mitglied der Bayerischen Staatsoper. Sie sang an allen großen Häusern dieser Welt. Ihre Paraderolle war der androgyne Jüngling Octavian in Strauss' "Rosenkavalier" unter dem Ausnahmedirigenten Carlos Kleiber.

Fast noch wichtiger als die Oper war ihr der Konzert- und Liedgesang. "Hier spielt man keine Rolle, hier steht man nur für sich", sagt Fassbaender. Der Komponist Aribert Reimann gehörte zu ihren bevorzugten Liedbegleitern am Klavier. Sie nahm unzählige Platten auf, wurde mit Ehrungen überhäuft. Den Titel einer "bayerischen Kammersängerin" aus dem Jahr 1970 trägt sie mit Stolz.

Als freie Regisseurin bis 2014 schon ausgebucht
Fassbaenders Inszenierungen gelten als gemäßigt modern. Sie hält wenig von szenischer Dekonstruktion. "Man muss das Stück wiedererkennen können. Eine Regie darf nicht allein der Profilierung des Regisseurs dienen." Was die Erwartungen des Publikums angeht, spricht Fassbaender von einem "Balanceakt". Sicher, die meisten wollten am liebsten immer nur "Boheme" und "Zauberflöte" sehen. Doch man müsse das Publikum auch herausfordern.

Von ihrer langjährigen Innsbrucker Wirkungsstätte will sie sich ohne großes Tamtam verabschieden. "Einen offiziellen Festakt habe ich mir verbeten." Giuseppe Verdis "Falstaff" steht am Sonntag (8. Juli), ihrem letzten Tag als Intendantin, auf dem Spielplan, natürlich von ihr selbst inszeniert. Danach will sie weiter als freie Regisseurin arbeiten. Bis 2014 sei sie bereits ausgebucht. So wird sie in der nächsten Spielzeit mit dem Münchner Gärtnerplatztheater "Don Pasquale" von Gaetano Donizetti erarbeiten. "Das ist so etwas wie eine Heimkehr."

Außerdem hofft sie auf mehr Zeit zum Malen. Eine Autobiografie über ihr bewegtes Leben plant Fassbaender derzeit nicht. "Ich habe mich nie selbst so wichtig genommen", sagt sie mit energischem Timbre. "Außerdem stehe ich ja noch mittendrin."

 


 

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