Elektronische Elemente und spirituelle Klangwelten kombiniert mit Jazz, Gitarrenrock, Bossa Nova, Flamenco und indischen Melodien – John McLaughlin ist bekannt für kreative Vielfalt. Jetzt wird er 75.
Weltbester lebender Gitarrist, urteilen Meister des Instruments wie Jeff Beck und Pat Metheny. Frank Zappa war angeblich eifersüchtig auf seine Solos: „Man wäre ein Idiot, McLaughlins Technik nicht zu schätzen“, sagte er 1977 dem Fachblatt „Guitar Player“. „Der Typ hat offensichtlich herausgefunden, wie man eine Gitarre wie ein Maschinengewehr spielt.“
John McLaughlin praktiziert seit den 60er Jahren Yoga und Meditation, lächelt und wehrt wie üblich ab – es gebe keine Besten. Musik sei nicht dasselbe wie Boxen. In der Musik gewinne jeder. Provozieren und stimulieren lässt er sich nur vom Schlagzeuger bei seinen virtuosen Improvisationen, um die Musik zum Schwingen zu bringen – und das beruht auf Gegenseitigkeit: „Ich muss den Rhythmus verstehen, damit ich dem Schlagzeuger auch in den Hintern treten kann“, sagte er der Zeitschrift „Premier Guitar“. Am Mittwoch (4.1.) wird er 75. „75 Jahre – ich kann es selbst kaum glauben! Ich bin immer noch ein Hippie“, sagte McLaughlin der Deutschen Presse-Agentur. „Ich fühle mich gesundheitlich gut, besser als vor 20 Jahren.“ Für ihn sei Musik keine Arbeit, sondern pure Leidenschaft. „Ich kann einfach nicht aufhören.“
Der junge John wächst in einer musikalischen Familie im Norden Englands auf, lernt Klavier und Geige, bevor er mit elf Jahren sein Instrument findet: die Gitarre. Flamenco und Django Reinhardts Gypsy-Jazz beeinflussen ihn. Während er in London Gitarren und Kaviar verkauft, Lastwagen fährt und Instrumente repariert, um zu überleben, macht er sich einen Namen in Jazz- und Blueskreisen.
Dann, Anfang 1969, der Durchbruch, als er nach New York zieht, um mit Jazz-Schlagzeuger Tony Williams Fusion-Trio Lifetime zu arbeiten.
Jimi Hendrix lädt ihn zu einer nächtlichen Jam-Session ein. Und wenige Monate später nimmt er mit dem legendären Trompeter Miles Davis das Bestseller-Album „Bitches Brew“ auf. Davis ist so beeindruckt von dem jungen Gitarristen, dass er einen Track nach ihm benennt – und er ermutigt ihn, seine eigene Band zu gründen.
Wie viele seiner Zeitgenossen interessiert sich McLaughlin für indische Philosophie. Sein spiritueller Lehrer Sri Chinmoy gibt ihm den Namen Mahavishnu, etwa: göttliches Mitgefühl, Macht, Gerechtigkeit. 1971 gründet er das Mahavishnu Orchester, ein Quintett das Jazz, Rock und östliche Einflüsse miteinander verschmilzt. Die beiden Alben „The Inner Mounting Flame“ und „Birds of Fire“ gelten als unerreichte Klassiker. Danach gründet er 1974 Shakti mit dem indischen Geiger L. Shankar; sie mischen Jazz mit klassischen indischen Melodien und Rhythmen.
Der Wochenzeitung „Dallas Observer“ erklärte McLaughlin die Gemeinsamkeiten: „Es gibt großartige Improvisatoren in Indien, rhythmische Tüftler, und das verbindet.“ In den 80ern und 90ern lässt McLaughlin beide Bands in veränderter Besetzung wiederauferstehen.
Seit vielen Jahren wohnt McLaughlin nun schon in Monaco. Sein Privatleben ist ihm heilig. Er war mit der Pianistin Katia Labéque verheiratet. Jetzt lebt er mit seiner vierten Ehefrau Ina Behrend, die aus Deutschland stammt, und ihrem gemeinsamen Sohn zusammen. Er hat einen weiteren Sohn aus einer früheren Ehe.
Tritt der Nachwuchs in die Fußstapfen des Vaters? Der eine spiele zwar Schlagzeug, aber interessiere sich für die Astrophysik. „Aber das ist mir auch gar nicht wichtig.“ Um Musiker zu werden, müsse man eh ein bisschen verrückt sein, sagte McLaughlin der dpa.
Seine Planungen für 2017 stehen, darunter eine Reise nach Indien und eine Abschiedstournee in den USA – Abschied aber nur von den USA, nicht von der Musik. „Es ist so unendlich schwierig geworden, dort mit unseren Instrumenten einzureisen. Sofort wird man verdächtig und kontinuierlich überprüft.“ Bereits im März spielt er wieder mit seinem Jazz-Rock-Fusion-Quartett 4th Dimension in Deutschland.