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Immer mit Hingabe - Vor 100 Jahren wurde die Sopranistin Martha Mödl geboren

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München - Ihr Bestes gibt es nicht auf Platte. Das mag wenig charmant klingen, wenn von einer großen Sängerin die Rede ist. Aber ihre wahre Wirkung entfaltete Martha Mödl auf der Bühne, als Operndarstellerin. Gerade die späten Charakterrollen der einst als Richard-Wagner-Heroine gefeierten Sopranistin sind eindrucksvolles Zeugnis ihrer außergewöhnlichen Präsenz. "Ich lebe, wenn ich auf der Bühne stehe", betonte sie immer.


Monate vor ihrem Tod war sie noch als Amme in Modest Petrowitsch Mussorgskys "Boris Godunow" zu erleben. Am Donnerstag (22. März) wäre die 2001 kurz vor ihrem 90. Geburtstag verstorbene Sopranistin 100 Jahre alt geworden.

Die 1912 in Nürnberg geborene Mödl war zwar ein Naturtalent. Ihre Ausdauer hatte aber auch damit zu tun, dass sie sich langsam entwickeln konnte. Erst mit 28 Jahren begann die gelernte Buchhalterin in ihrer Heimatstadt Nürnberg eine Gesangsausbildung. Mitten im Krieg, 1943, debütierte die Mezzosopranistin in Remscheid. Von dort ging es nach Düsseldorf und Hamburg. In Berlin sang sie die erste Wagner-Partie. Mit steigendem Erfolg arbeitete sich Mödl in höhere Stimmregionen empor. Immer mit Bedacht, sie musste sich reif fühlen für eine Rolle - nicht nur sängerisch, auch als Darstellerin.

1951, im Neu-Bayreuth des Komponistenenkels Wieland Wagner, hatte sie schließlich alle Möglichkeiten. Der Pionier des Musiktheaters entrümpelte radikal die Bühne, und damit brauchte er Sänger, die den Raum mit Persönlichkeit füllten und der Psychologie ihrer Partien auf den Grund gingen. Ohne die Anti-Diva mit der sinnlich-sonoren Stimme ging bald nichts mehr, von der Kundry wurde sie zur Isolde und dann zur Brünnhilde befördert. "Keine wie Du", schrieb ihr später ein völlig euphorischer Wieland Wagner.

Mehr als ein Jahrzehnt war Mödl die führende Wagner-Sängerin - auf dem Grünen Hügel und allen bedeutenden Bühnen der Welt. Genauso wurde sie im italienischen Fach als Turandot oder Lady Macbeth gefeiert und als Leonore in Beethovens "Fidelio". Aber es war nicht nur das klassische Opern-Repertoire des 19. Jahrhunderts, das sie interessierte. Mit Hingabe widmete sie sich auch der Moderne und sang in Aribert Reimanns "Gespenstersonate" oder Peter Michael Hamels "Kassandra". Allein in 15 Uraufführungen wirkte sie mit.

Mödl ging es nie um das Ausstellen einer schönen Stimme, die sie gleichwohl nur bedingt besaß. Viel wichtiger war ihr die Intensität. Erforderte es die Szene, nahm sie keinerlei Rücksicht auf den Ton. Vielleicht fiel ihr deshalb der Wechsel in die typische Sopran-Alterskarriere als Klytämnestra oder "Pique Dame"-Gräfin nicht besonders schwer. Bis zum Schluss war ihr das Theater alles, erst ein Schlaganfall zwang sie aufzuhören. Wenige Monate später starb die Künstlerin, die für die Oper auf Ehe und Familie verzichtet hatte, in einer Stuttgarter Klinik.

Zum Geburtstag erschien bei Hänssler eine Jubiläums-Edition mit zwei CDs, welche die Sängerin mit ihren großen Rollen vorstellt - als Isolde, Brünnhilde, Elektra. Dazu kommen Wagners "Wesendonck-Lieder", aber auch Zeitgenössisches wie die Pythia in Aribert Reimanns "Melusine". In Bayreuth wird Mödl im Sommer mit der Ausstellung "Ich wollte singen, sonst nichts. Ein Leben für die Bühne" geehrt, die vom 27. Juni bis 30. August in der Stadtbibliothek zu sehen ist.