Essen (ddp-nrw - nmz). Der Musikmanager Johannes Bultmann wird neuer Intendant der Philharmonie Essen. Wie teuer die gerade noch gelungene Einigung mit dem Ex-Intendanten Michael Kaufmann kam, ist vorerst Stadt-Geheimnis.
Der Aufsichtsrat der Theater und Philharmonie Essen GmbH (TUP) wählte den 48-Jährigen am Mittwoch einstimmig als Nachfolger für den entlassenen Michael Kaufmann. Bultmann tritt sein Amt zum 1. Dezember an. In den zurückliegenden zehn Jahren war der promovierte Musikwissenschaftler Mitglied der Geschäftsführung des Festspielhauses Baden-Baden und dort für den künstlerischen Bereich zuständig.
Er ist mit Sicherheit marketing-affiner als sein Vorgänger. Ob sich der glamour-orientierte Stil des Baden-Badener Hauses nach Essen transferieren lässt, - und mit welchen Folgen für das Musikleben - wird die Zeit zeigen
Darüber hinaus legte der TUP-Aufsichtsrat den Streit mit dem am 22. September gekündigten Intendanten Kaufmann bei. Das Gremium habe einer zuvor mit Kaufmann ausgehandelten Aufhebungsvereinbarung zugestimmt, sagte Aufsichtsratsmitglied Oliver Scheytt, der zugleich Essens Kulturdezernent ist. Nähere Angaben dazu machte er nicht.
Die Philharmonie hatte den Vertrag mit Kaufmann wegen dessen Überziehung des Etats um 1,5 Millionen Euro in den vergangenen beiden Spielzeiten kurzfristig beendet. Kaufmann hatte daraufhin angekündigt, sich mit juristischen Mitteln gegen seinen Rauswurf wehren zu wollen. Noch im vergangenen Jahr war der Vertrag des 47-Jährigen bis 2013 verlängert worden.
Bultmann sagte nach seiner Wahl, unter seiner Leitung werde die Philharmonie weiter ein «Haus für alle» sein, das Jazz, Weltmusik, große Orchesterauftritte und zeitgenössische Musik unter einen Hut bringe. Das Haus sei bereits hervorragend eingeführt, und das Management laufe «rund». Seine Aufgabe sei es nun, das Haus «weiter nach vorne zu bringen».
Bultmann sprach sich zugleich dafür aus, die kulturellen Kräfte in der Region zu bündeln und durch Kooperation mit anderen Häusern wie etwa dem Konzerthaus Dortmund größere Veranstaltungsreihen zu stemmen. «Ich werde auf alle zugehen und mit allen Gespräche führen», sagte er. Auch das Sponsoring wolle er voranbringen.
Als künstlerischer Leiter des Festspielhauses Baden-Baden war Bultmann unter anderem für die Planung von Konzert- und Ballettveranstaltungen sowie die Budget-Planung, die Vertragsverhandlungen und die mediale Verwertung der Veranstaltungen zuständig. Das Management des bundesweit größten Opern- und Konzerthauses hat in der Branche einen hervorragenden Ruf, weil es gelungen ist, das Haus als einziges dieser Größenordnung privatwirtschaftlich ohne öffentliche Zuschüsse zu betreiben.
In einer Pressemitteilung der Theater und Philharmonie Essen GmbH heißt es über Bultmann:
Der designierte Intendant der Philharmonie Essen, Dr. Johannes Bultmann, war in den letzten zehn Jahren – von Juli 1998 bis zum Ende der Spielzeit 2007/08 – als Direktor für den Künstlerischen Bereich Mitglied der Geschäftsleitung des Festspielhauses Baden-Baden. Während dieser Zeit war er u.a. für die Planung der Konzert- und Ballettveranstaltungen im Festspielhaus zuständig. Ihm oblag dabei auch die gesamte Budget-Planung inklusive der Opern-Produktionen sowie sämtliche Vertragsverhandlungen. Zudem gehörte der Bereich der medialen Verwertung der Veranstaltungen mit zahlreichen CD- und DVD-Produktionen sowie Hörfunk- und Fernsehaufzeichnungen zu seinen Tätigkeiten.
Unter der Federführung des Festspielhaus-Intendanten Andreas Mölich-Zebhauser hat Dr. Bultmann die großen Opernproduktionen und -kooperationen des Festspielhauses auf den Weg gebracht und damit internationale Kontakte u.a. zu den Salzburger Festspielen, dem Festival in Aix-en-Provence, der Metropolitan Opera New York, den Opernhäusern in Paris und Amsterdam u.a. aufgebaut.
Zuvor leitete der 1960 in Rheda-Wiedenbrück geborene Westfale mehrere internationale Musikfestivals und knüpfte dabei ein verzweigtes Netzwerk zu vielen kulturellen und kommunalen Institutionen und Künstlern innerhalb Nordrhein-Westfalens und im europäischen Ausland: Für die „World Music Days 1995“, das Internationale Festival im Ruhrgebiet für zeitgenössische Musik, war Dr. Johannes Bultmann von 1992 bis 1996 als Gesellschafter und Geschäftsführer tätig. Die künstlerische Leitung der Weltmusiktage lag bei Gerhard Stäbler und Eberhard Kloke. 1993 hatte er die organisatorische Festivalleitung der „2das jornadas de arte contemporanea Porto“ inne – einem Kultur-Austausch von Musikern, Ensembles und Komponisten zwischen Nordrhein- Westfalen und Portugal in Porto unter der künstlerischen Leitung von Gerhard Stäbler. 1992 gehörte Bultmann zum Leitungsteam um Eberhard Kloke von „aufbrechen amerika“, dem internationalen Musikfestival in NRW zum 500-jährigen Jubiläum der Entdeckung Amerikas.
Seine erste Festivaltätigkeit bestand 1990 in der künstlerischen Leitung der Konzerte des von Hans Werner Henze initiierten Festivals „Cantiere Internazionale d’Arte“ in Montepulciano (Toscana, Italien). In den Jahren davor – 1989 und 1990 – hatte Johannes Bultmann als Assistent des Komponisten Hans Werner Henze gearbeitet. Zur engen Zusammenarbeit mit Henze kam es aufgrund von Johannes Bultmanns Promotionsthema: Als Stipendiat des Landes NRW (1988 und 1989) promovierte Bultmann 1991 über Hans Werner Henzes kulturpädagogische Arbeit in Montepulciano.
Dr. Johannes Bultmann studierte nach seinem Wehrdienst zunächst zwei Semester Kirchenmusik in Regensburg und ab 1982 Musik, Geschichte und Philosophie in Köln. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit veröffentlicht er Kultur-Beiträge zu verschiedenen Themen. Ein besonderes Anliegen ist ihm die musikalische Arbeit mit jungen Menschen.