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Im ewigen kulturellen Wettstreit Münchens mit Berlin muss die Bundeshauptstadt eine Punktniederlage verkraften. Stardirigent Kent Nagano, der jüngst erst seinen Vertrag als Pultchef des Deutschen Symphonie-Orchesters in Berlin bis 2008 verlängert hat, wechselt bereits zwei Jahre vor Vertragsablauf an die Isar.
München (ddp-bln). Zusammen mit Christoph Albrecht, Noch-Intendant der Dresdner Semperoper, bildet er dann das Führungsduo der Bayerischen Staatsoper.Tagelang hatte die Gerüchteküche gebrodelt. Von Kent Naganos Gang nach München hatten manche Auguren in den Feuilletons schon länger als «Ideallösung» geraunt. Dann, wie so oft im Hause des bayerischen Kunstministers Hans Zehetmair (CSU), kam der Paukenschlag doch wieder überraschend. In aller Stille hatte der umtriebige Politiker eine Nachfolgelösung für die Bayerische Staatsoper ausgehandelt, der ab 2006 Führungslosigkeit drohte. Denn zu diesem Zeitpunkt wollen sowohl Staatsopernintendant Sir Peter Jonas als auch Generalmusikdirektor Zubin Mehta das Haus auf eigenen Wunsch verlassen.
Nagano könnte entgegenkommen, dass Albrecht kein künstlerischen Ambitionen nachgesagt werden. Der Noch-Intendant der Dresdener Semperoper gilt als eher bedächtiger, effizienter Theatermanager und «Ermöglicher». Der künftige Generalmusikdirektor und langmähnige Feuerkopf aus Kalifornien hingegen hatte wiederholt Auseinandersetzungen mit Intendanten, die ihm den künstlerischen Führungsanspruch streitig machen wollten.
Der US-Dirigent und Enkel japanischer Einwanderer wurde 1983 als Assistent Seiji Ozawas bei der Uraufführung von Olivier Messiaens Opernoratorium «Saint Francois d\'Assise» international bekannt. Die Opera de Lyon machte er von einem Provinztheater zur ersten Adresse.
Inzwischen gilt Nagano als einer der weltweit wichtigsten Musiker der jüngeren Generation. Er sucht das Neue im Alten und das Alte im Neuen, scheut auch Ausflüge ins Cross Over nicht. Die Bandbreite des Münchener Spielplanes soll er «vor allem auch in Richtung Moderne erweitern».
Seit Herbst 2000 bringt Nagano das deutsche Symphonie-Orchester in Berlin auf Vordermann. Dieses Engagement will er nach eigenen Worten auch nach 2006 weiterführen, während er auf seine Stelle als Principal Conductor der Los Angeles Opera wohl verzichten wird. Naganos «erste Verantwortung» allerdings werde in München liegen, stellte Zehetmair schon mal klar.
Georg Etscheit