München - Solche Geschenke gibt es nicht oft zum Geburtstag: Der britische Komponist George Benjamin erhält den Ernst von Siemens Musikpreis. Hohe Ehren für den berühmten Komponisten und Dirigenten, der just am Dienstag 63 Jahre alt wird.
Der britische Komponist und Dirigent Sir George Benjamin erhält den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis. Der 63-Jährige zähle zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart und habe die Neue Musik entscheidend mitgestaltet, begründete die Ernst von Siemens Musikstiftung (EvS) ihre Auswahl. Benjamin habe sich nicht von Moden und Strömungen beeindrucken lassen, sondern sei sich stets treu geblieben. Die Bekanntgabe des Preisträgers sollte am Dienstag erfolgen, dem 63. Geburtstag des Komponisten. Erhalten soll Benjamin die mit 250 000 Euro dotierte Ehrung allerdings erst am 26. Mai in München.
Der gebürtige Londoner galt als Wunderkind, er spielte Klavier und fing mit sieben Jahren an, zu komponieren. Zu seinen Lehrern zählte unter anderem der berühmte französische Komponist Olivier Messiaen. Als Dirigent ist Benjamin auch bei Kollegen gefragt: Komponisten wie György Ligeti oder Wolfgang Rihm vertrauten ihm Uraufführungen ihrer Stücke an.
Berühmt sind insbesondere die Opern, bei denen der Komponist mit dem Dramatiker Martin Crimp zusammenarbeitete. Einer ihrer bislang größten Erfolge ist das Musiktheaterstück «Written on Skin», das zahlreiche Preise bekam. Ihre neue Oper «Picture a Day Like This» soll der Mitteilung zufolge im Juli beim Festival d'Aix-en-Provence uraufgeführt werden.
Beim alljährlichen Ernst von Siemens Musikpreis reiht sich Benjamin in eine Reihe prominenter Musiker. Preisträger früherer Jahre waren unter anderem Pierre Boulez, Wolfgang Rihm, Mariss Jansons, Tabea Zimmerman oder der Pianist Pierre-Laurent Aimard, für den Benjamin 2017 die Laudatio gehalten hat. Nun wird er selbst gewürdigt.
Auch drei Förderpreise für Komposition werden verliehen, die mit je 35 000 Euro dotiert sind. Nach Angaben der Stiftung gehen sie an Sara Glojnaric aus Kroatien, Alex Paxton aus Großbritannien und Eric Wubbels aus den USA. Darüber hinaus würden weltweit Projekte im Bereich der Neuen Musik mit insgesamt 3,7 Millionen Euro gefördert.
aus der Pressemeldung der Ernst von Siemens Musikstiftung:
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„Benjamins Musik, eine Oase der Schönheit und Wahrheit, ist ein Leuchtturm in der Nacht und ein Grund zur Hoffnung.“ Philippe Albèra
George Benjamins Talent zeigte sich früh: Geboren 1960, begeisterte er sich bereits als Kind für klassische Musik und begann im Alter von sieben Jahren zu komponieren. Als Sechzehnjähriger ging er ans Pariser Konservatorium und wurde dort Olivier Messiaens jüngster Student. Benjamins erstes Orchesterwerk, Ringed by the Flat Horizon, wurde 1980 bei den BBC Proms gefeiert. Zu seinen wichtigsten Fürsprechern gehörten im Laufe seiner Karriere Komponisten und Interpreten wie Pierre Boulez, Kent Nagano, Pierre-Laurent Aimard sowie Barbara Hannigan, die seine Werke vielfach aufführten.
Meilensteine in Benjamins Werkverzeichnis sind seit 2006 seine Musiktheaterkompositionen. Er arbeitete bei allen bisherigen Opern mit dem Dramatiker Martin Crimp zusammen: Into the Little Hill (2006), Written on Skin (2012), Lessons in Love and Violence (2018). Die Reinheit von Benjamins musikalischer Sprache steht dabei im Gegensatz zu den oft grausamen literarischen Stoffen. Von dieser Dialektik geht eine besondere Faszination der Musiktheaterstücke aus. Die bisher erfolgreichste Oper, Written on Skin, kam weltweit zu über 100 Aufführungen und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der International Opera Award. Seine vierte Oper in Zusammenarbeit mit Crimp, Picture a Day Like This, die er gerade vollendet hat, wird 2023 beim Festival d‘Aix-en-Provence im Juli uraufgeführt.
Nicht nur als Komponist ist George Benjamin eine Integrationsfigur der Neuen Musik und einer ihrer erfolgreichsten Botschafter, sondern auch als Dirigent. Er dirigierte zahlreiche Uraufführungen, darunter Werke von György Ligeti, Gérard Grisey, Wolfgang Rihm und Unsuk Chin. Regelmäßig arbeitet er mit einigen der weltweit führenden Orchester zusammen und pflegte im Laufe der Jahre besonders enge Beziehungen zum Mahler Chamber Orchestra, dem Royal Concertgebouw Orchestra, der London Sinfonietta und dem Ensemble Modern. In der Saison 2018/19 war Benjamin Artist in Residence bei den Berliner Philharmonikern und der Hamburger Elbphilharmonie. Seit 2001 hat Benjamin die Henry-Purcell- Professur für Komposition am King's College in London inne.
Komponist*innen-Förderpreise 2023
Die mit 35.000 Euro dotierten Komponist*innen-Förderpreise gehen 2023 an die Kroatin Sara Glojnarić, Alex Paxton aus Großbritannien sowie den US-Amerikaner Eric Wubbels.
Sara Glojnarić
Sara Glojnarić wurde geboren 1991 in Zagreb geboren. Sie studierte in ihrer Heimatstadt Komposition bei Davorin Kempf und später bei Martin Schüttler in Stuttgart, heute lebt sie in Leipzig. In ihren Werken beschäftigt sie sich mit den Rollenbildern und der Ästhetik der Popkultur und reflektiert deren sozio- politischen Auswirkungen. Dabei arbeitet sie häufig mit experimentellen Mitteln und unterschiedlichen
Darstellungsformen. Es entstanden Opern-, Orchester- und Kammermusikstücke sowie Videoarbeiten und multimediale und multisensorische Installationen. Ihre Werke wurden unter anderem bei Wien Modern und den Wittener Tage für neue Kammermusik gespielt.Alex Paxton
Alex Paxton, Jahrgang 1990, studierte an der Royal Academy of Music und am Royal College of Music in London. Der Komponist und Posaunist ist ein bunter Grenzgänger zwischen Klassik, Jazz und Popkultur. Seine spielerische Lust am Improvisieren überträgt er in seine Kompositionen und schreibt eine raffinierte, leidenschaftliche Musik voll pulsierender Energie und stilistischer Vielfalt. Paxtons Werke wurden bereits von namhaften Ensembles gespielt, darunter das Ensemble Modern, die London Sinfonietta und das London Symphony Orchestra.Eric Wubbels
Komponist und Pianist Eric Wubbels (geboren 1980) studierte an der Columbia University und am Amherst College in den USA. Zu seinen wichtigsten Lehrern zählen Lewis Spratlan, Tristan Murail und Fred Lerdahl. Seine Partituren sind von großer Souveränität, sein handwerkliches Können und sein freier Ausdruckswillen zeichnen ihn aus. Virtuos mischt er Klänge und Geräusche zu komplexen Strukturen. Seine Arbeit wurde bereits in Europa, Asien und den USA unter anderem beim Huddersfield Festival, dem MATA Festival oder den Tagen für Neue Musik Zürich aufgeführt. Als Komponist und Pianist ist er Co-Direktor des Wet Ink Ensemble (NYC).Preisverleihung am 26. Mai 2023 im Herkulessaal der Münchner Residenz
Die Preisverleihung 2023 findet am 26. Mai im Herkulessaal der Münchner Residenz statt. Der Komponist, Dirigent und Musikmanager Peter Ruzicka überreicht als Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste den Ernst von Siemens Musikpreis an Sir George Benjamin. Die Laudatio hält der britische Philosoph John Hyman. Das Ensemble Modern spielt unter der Leitung des Preisträgers dessen Werk At First Light (1982) für kleines Orchester und die Kammeroper Into the little Hill von 2006. Die Förderpreisträger*innen Sara Glojnarić, Alex Paxton und Eric Wubbels und die Ensemblepreisträger Ekmeles und NAMES werden in filmischen Kurz-Porträts von Johannes List vorgestellt und erhalten ihre Preise aus der Hand des Kuratoriumsvorsitzenden der Stiftung und ehemaligen Intendanten des Wiener Musikvereins Thomas Angyan.Die Ernst von Siemens Musikstiftung vergibt insgesamt 3,7 Millionen Euro
Der größte Anteil der jährlichen Fördersumme geht mit drei Millionen Euro an rund 120 zeitgenössische Musikprojekte weltweit. Die Ernst von Siemens Musikstiftung fördert Konzertreihen und Festivals unter anderem in Köln und Prag, Tallinn, Zagreb oder Tel Aviv. Ein weiterer Förderschwerpunkt ist die Finanzierung von Kompositionsaufträgen, darunter Aufträge für kleinere Besetzungen sowie Orchester- und Musiktheaterstücke von Spanien und Frankreich bis Chile und den USA. Neben Symposien und Publikationen musikwissenschaftlicher Schriften gibt es 2023 einige Projekte anlässlich des 100. Geburtstags von György Ligeti. Auch zahlreiche Akademien für junge Komponist*innen und Interpret*innen werden unterstützt. Außerdem initiiert die Ernst von Siemens Musikstiftung die Reihe räsonanz – Stifterkonzerte, eine Kooperation mit Lucerne Festival und der musica viva des Bayerischen Rundfunks.Ensemble-Förderpreise
Der Ensemble-Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung wurde 2020 ins Leben gerufen, um Ensembles möglichst individuell und nachhaltig in ihrer künstlerischen und strukturellen Weiterentwicklung zu unterstützen. Zwei Ensembles jährlich werden je mit bis zu 75.000 € ausgezeichnet. Für die Ensemble- Förderpreise '23 fiel die Wahl des Kuratoriums auf das Vokal-Ensemble Ekmeles aus New York sowie NAMES – New Art and Music Ensemble Salzburg.
Die Bewerbungsfrist für die Ensemble-Förderpreise '24 endet am 15. März 2023: ensemble-foerderpreis.evs-musikstiftung.ch
Bewerben können sich junge, professionelle Ensembles in der Konsolidierungsphase. Die Ensemblemitglieder sollten mehrheitlich jünger als 35 Jahre sein. Das Ensemble sollte sich ausschließlich dem zeitgenössischen Repertoire widmen.