München - Nach mehr als zehntägigem Schweigen zum Scheitern der Vertragsverhandlungen mit Christian Thielemann haben die Münchner Philharmoniker ihrem Generalmusikdirektor widersprochen. In einer am Sonntag verbreiteten Mitteilung verteidigte der Orchestervorstand die umstrittene Vertragsklausel, die bei Gastdirigaten das letzte Entscheidungsrecht für Intendant Paul Müller vorsah.
«Das von Christian Thielemann befürchtete Szenario, ein Gastdirigent hätte auf diese Art und Weise jederzeit ein Werk aus dem ihm vorbehaltenen Repertoire der deutschen Romantik dirigieren können, trifft nicht zu.» Dem Dirigenten sei vielmehr vertraglich zugesichert worden, dass von ihm aufgeführte Werke in derselben Saison für Gastdirigenten gesperrt seien.
Der Münchner Stadtrat hatte am 22. Juli fast einstimmig beschlossen, Thielemanns Vertrag nicht über die Saison 2010/2011 hinaus zu verlängern. Der Dirigent hatte den ihm angebotenen Vertragsentwurf wegen der für ihn «unzumutbaren» Klausel nicht akzeptiert. Thielemann kritisierte, damit wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, seine «eigentliche Aufgabe, das Orchester zu formen und diesem Profil zu verleihen, zu erfüllen».
Die Philharmoniker bedauerten nun das Scheitern der Verhandlungen: «Das Orchester hätte sehr gerne auch über 2011 hinaus mit Herrn Thielemann auf diesem hohen künstlerischen Niveau der letzten Jahre weitergearbeitet.» Allerdings habe es in den vergangenen Jahren «im administrativen Miteinander» von Generalmusikdirektor, Intendant und Orchester zunehmend Konflikte gegeben. Diese hätten letztlich den Wunsch des Orchesters genährt, «Entscheidungskompetenzen anders zu gestalten».
Der Orchestervorstand betonte, dass die künstlerische Gesamtkonzeption bezüglich der Gastdirigenten, deren Programmen und auch Tourneen «in Zukunft wie bisher in gemeinschaftlicher Abstimmung» von Generalmusikdirektor, Intendant und Orchester erfolgt wäre. Nur im Dissensfall hätte der Intendant das Letztentscheidungsrecht erhalten.
Thielemann selbst hatte kurz nach dem Stadtratsbeschluss betont, dass die Verhandlungen über die Verlängerung seines Vertrages bis zum Ende der Spielzeit 2016/17 eigentlich bereits Ende Mai abgeschlossen gewesen seien. Anfang Juni habe sich dann aber der Orchestervorstand an die Stadt gewandt und verlangt, die Entscheidungskompetenz bei Gastdirigaten dem Intendanten zu übertragen.
Dazu erläuterte der Orchestervorstand nun, dass sich die Musiker der Philharmoniker in einem Votum aus künstlerischen Gründen mehrheitlich für eine Vertragsverlängerung mit Thielemann ausgesprochen hätten. In einem weiteren Votum hätten sie den Kulturreferenten gebeten, das Letztentscheidungsrecht für Konzerte und Programme von Gastdirigenten nur im Dissensfalle dem Intendanten zu übertragen. Auf Thielemanns erklärte Hoffnung, »dass die Entscheidung des Stadtrats - so abschließend sie auch klingt – nicht das Ende der Gespräche bedeutet", ging der Orchestervorstand nicht ein.