Er war über Jahrzehnte eine der Leitfiguren der Musikwissenschaft: Ludwig Finscher, der am 30. Juni im Alter von 90 Jahren in Wolfenbüttel gestorben ist.
Am 14. März 1930 wurde er in Kassel geboren und studierte von 1949 bis 1954 Musikwissenschaft an der Universität Göttingen, wo er 1954 mit einer Dissertation über die Messen und Motetten Loyset Compères promoviert wurde. Von 1954 bis 1955 war er Mitarbeiter am Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg i. Br. und privater Assistent bei Walter Wiora. Von 1955 bis 1960 arbeitete er freiberuflich als Musik- und Theaterkritiker in Göttingen. 1960 ging er auf Einladung Wioras als Assistent an die Universität Kiel, 1965 an die Universität des Saarlandes in Saarbrücken, wo er sich 1967 mit einer Arbeit über „Das klassische Streichquartett und seine Grundlegung durch Joseph Haydn“ habilitierte. Von 1968 bis 1981 war er Ordinarius an der Universität Frankfurt am Main, anschließend bis zur Emeritierung 1995 an der Universität Heidelberg.
Von 1961 bis 1974 war er Herausgeber der Zeitschrift „Die Musikforschung“, von 1974 bis 1977 Präsident der Gesellschaft für Musikforschung und von 1977 bis 1981 Präsident der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft; er ist Ehrenmitglied mehrerer Gesellschaften, Träger des Premio Balzan, des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Mitglied des Ordens Pour le mérite.
Seine zentralen Arbeitsgebiete waren die Musik der Josquin-Zeit und die Wiener Klassik. Von 1988 bis 2008 war er Herausgeber der international renommierten Musikenzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ (Bärenreiter/Metzler). Sein Schrifttum umfasst neben zahlreichen Monographien und Aufsätzen auch Editionen von so zentralen Werken wie Glucks „Orfeo ed Euridice“ und Mozarts „Le nozze di Figaro“.