„Passagen (- ins Innere)“. Der Untertitel des rechtzeitig zum 70. Geburtstag von Peter Ruzicka am 3. Juli in der Edition Text + Kritik erschienenen Buches ist mit Bedacht gewählt: Zum einen verweist er auf das Passagenwerk Walter Benjamins, der im Mittelpunkt von Ruzickas dritter, kürzlich in Hamburg uraufgeführter Oper steht (siehe unseren Bericht auf Seite 12). Zum anderen zitiert er mit Chaya Czernowins „Pnima… Ins Innere“ eines jener Werke, die sich unter der künstlerischen Leitung Ruzickas von der Münchener Biennale für neues Musiktheater aus einen Platz im Repertorie erspielt haben.
Es gibt wenige Persönlichkeiten im deutschsprachigen Musikleben, die ein ähnlich weites Spektrum an Tätikeiten so erfolgreich abdecken wie der 1948 in Düsseldorf geborene Komponist, Dirigent und Kulturmanager, der überdies promovierter Jurist ist. Die Liste seiner Verdienste als „Ermöglicher“ ist lang: In die Zeit seiner Intendanz an der Hamburgischen Staatsoper fällt beispielsweise die Uraufführung von Helmut Lachenmanns „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“, in jene bei den Salzburger Festspielen der gefeierte Zyklus sämtlicher Mozart-Opern. Hier regte er außerdem mit dem Konzept einer „zweiten Moderne“ (in Abgrenzung von der Postmoderne) den Diskurs zur zeitgenössischen Musik an. Salzburg bleibt Ruzicka bis 2020 als Intendant der Osterfestspiele verbunden, in seiner Heimatstadt Hamburg lehrt er am Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater.
Der von Auli Eberle herausgegebene Geburtstagsband „Peter Ruzicka – Komponist, Dirigent, Intendant, Weggefährte“ thematisiert auch einige Aspekte des kompositorischen Schaffens. Wie ein roter Faden ziehen sich dabei die Auseinandersetzung mit den Texten Paul Celans und Ruzickas Rückbezüge auf die Musikgeschichte – besonders auf Gustav Mahler – durch die Beiträge. Diese markieren freilich kein nostalgisches „Zurück zu“, sondern im Sinne einer „Musik über Musik“ eine intensive, von der Erfahrung als Dirigent geprägte Auseinandersetzung und Fortführung ins Gegenwärtige. Manfred Trojahn drückt dies in seinem Buchbeitrag so aus: „Ruzickas Musik ist bedingt durch die Berührung mit Geschichte und spiegelt so – durchaus kritisch – die Befindlichkeit heutiger Musikauffassung. (…) Einzig gilt verantworteter Umgang mit dem, was uns umgibt und uns durchaus belastet – belastet bis zum Verstummen. Die Möglichkeit dieses Verstummens finden wir in Ruzickas Musik immer mitgedacht.“ jmk