Zuletzt war Alice Harnoncourt in der schönen Podcast-Reihe „Harnoncourts Klangreden“ des ORF zu hören. Darin kommentierte sie zwar hauptsächlich längere Ausschnitte aus wiederentdeckten Vorträgen und Workshops ihres Mannes Nikolaus aus den 1970er Jahren, doch gelang es der Moderatorin Judith Hoffmann zum Glück immer wieder, dass sie auch ein wenig über sich selbst sprach. Denn auch wenn sie immer bescheiden im Hintergrund blieb, so ist Alice Harnoncourts Bedeutung für den 1953 gemeinsam mit ihrem Mann gegründeten Concentus Musicus Wien und damit für die Entwicklung der historischen Aufführungspraxis insgesamt nicht hoch genug einzuschätzen.
Als sie Nikolaus Harnoncourt kennenlernte, war die 1930 als Alice Hoffelner in Wien Geborene schon eine glänzende Geigerin, eine Basis, die man – nach dem „Umlernen“ auf die Barockvioline – ihren solistischen Beiträgen mit dem Concentus musicus jederzeit anhörte. Kein anämischer, trockener Ton ist etwa in der Einspielung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ von 1977 zu hören, sondern ein substanz- und farbenreicher, alle Facetten des Instruments auskostender Klang. Als Konzertmeisterin (bis 1985) und dann bis zu ihrem Rückzug 2015 als zweite Geigerin am ersten Pult prägte sie die Spielkultur des wohl einflussreichsten Originalklangensembles maßgeblich mit, das sie überdies lange Zeit auch als Managerin zusammenhielt. Am 20. Juli ist Alice Harnoncourt im Alter von 91 Jahren in Wien verstorben.