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Mit seinem Nat King Cole Tribute auf Tour und auf CD: George Benson. Foto: Hans Kumpf
Mit seinem Nat King Cole Tribute auf Tour und auf CD: George Benson. Foto: Hans Kumpf
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„Nat King Cole hat keinen größeren Fan als mich“ – der Sänger und Gitarrist George Benson im Gespräch

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Der große George Benson über sein erstes Instrument – die kleine Ukulele – und seine größten Vorbilder: Nat King Cole, vor dem er sich auf seinem neuen Album tief verbeugt, und Grant Green, der für Benson der „Sänger unter den Jazzgitarristen“ war.

Mr. Benson, Ihr neues Album  beginnt mit der Aufnahme eines gewissen Lil‘ Georgie Benson, der Mona Lisa schmachtet. Sie waren also schon als achtjähriger, Ukulele-spielender Knirps ein großer Nat King Cole-Fan.

Ich hatte damals einen Talentwettbewerb gewonnen. Der Preis war eine kleine Aufnahmesession. Die steckten mich mit meiner Ukulele in einen Raum und ich sang ein paar Songs. Meine Mutter hat diese Aufnahmen über all die Jahre aufgehoben. Als ich Jahre später mal wieder zu Hause in Pittsburgh war, zog sie auf einmal diese Bänder aus der Schublade: Ob ich mich daran erinnere? Wir haben reingehört und danach wusste ich: Das musst du unbedingt haben.

Wer hatte die Idee, diese Aufnahme mit auf das Album zu nehmen?

Ich habe sie meinem Produzenten vorgespielt. Nur zum Spaß,  dachte ich. Aber ihm war sofort klar, dass wir das auf das Album packen mussten. Zuerst war ich dagegen, aber als ich dann hörte, wie gut das als Eröffnungsstück funktioniert, fand ich es eine hübsche Idee. Man hört es und sofort ist jedem klar, wie lange schon George Benson ein großer, ein wirklich großer Bewunderer des großen Nat King Cole ist.

Wann haben Sie ihn zum ersten Mal im Radio gehört?

Nicht viel früher, als diese Aufnahme entstanden ist. Mona Lisa war ja sein erster wirklicher und erfolgreicher Versuch, das zu schaffen, was wir Crossover nennen: Von den Charts für schwarze Musik oder eine Nische wie dem Jazz in den Pop zu wechseln. Davor hat Nat King Cole Sachen gemacht wie Route 66 oder lustige Novelty-Tunes wie „Straighten Up And Fly Right“. Das hat mir auch gefallen. Aber als er Mona Lisa gesungen hat, wusste ich: Das ist der größte Sänger unserer Zeit.

Das von Ihnen erwähnte „Straighten Up And Fly Right“ mögen sogar Kinder, weil es sehr rhythmisch und lustig ist. Ging es Ihnen auch so?

Aber sicher. Und bei Nummern wie „Straighten Up And Fly Right“ kann man auch gut hören, woran das liegt. Er ging alles wie ein Jazzmusiker an, der am Klavier unglaublich gut improvisierte und wie kein Zweiter mit Rhythmus spielen konnte. Und die Musiker in seinem berühmten Trio waren genauso gut. Aber er hat alles immer sehr leicht und mit einem leichten Herzen getan. Die haben ihre Musik niemals unnötig schwer werden  lassen – auch nicht von ihrem großen Können.

Aber in erster Linie waren Sie ein Fan von Nat King Cole als Sänger?

So ist es. Auch weil ich als Kind – wie vermutlich jedes Kind – gesungen habe, bevor ich ein Instrument – zuerst Ukulele, später Gitarre – gelernt habe. Als allererstes war ich Sänger. Meine Mutter hat immer gesungen. Die ganze Zeit. Wegen ihr konnte ich gar nicht anders, als auch Sänger zu werden.

Was macht für Sie Nat King Coles Gesangsstil aus?

Das Weiche und Flüssige seiner Stimme. Diese Smoothness. Und seine Aussprache. Die hat er aber erst später gelernt. Zu Beginn hat er beim Singen die Worte so verschliffen wie das damals eben die populären afro-amerikanischen Sänger gemacht haben. Da hat auch ein Nat King Cole so geklungen wie jemand von der Straße oder aus dem schwarzen Ghetto. Er konnte den Blues so singen, als ob er halb betrunken wäre. Benson fängt bluesig zu Singen an. Aber eines Tages rannte Nat King Cole dem Ellington-Trompeter Cootie Williams über den Weg. Und der sagt zu ihm: Nat, du hast eine großartige Stimme. Aber manchmal verstehe ich nicht, was du singst. Warum machst du es nicht wie Billy Eckstine? Bei dem versteht man jede Silbe. Und der nächste Song, den Cootie Williams und alle anderen von Nat King Cole zu hören bekam, ging so: There was a boy, a very strange enchanted boy. Bei Nature Boy hat man auch bei Nat King Cole  auf einmal jede Silbe verstanden. Von da an war seine Diktion einfach nur perfekt.

Wie bei einem Schauspieler?

Wie bei einem guten Schauspieler.

Hat es Sie nie gereizt, wegen Nat King Cole auch noch Pianist zu werden?

Lustig, dass Sie das fragen. Meine Mutter spielte nämlich Klavier. Auf einem schäbigen Teil, das bei uns herumstand. Aber immerhin, es war ein Klavier. Nur zu gern hätte ich auch Klavier gespielt. Aber meine Hände waren dafür zu klein. Also wollte ich Gitarre lernen. Aber dafür waren sie auch zu klein. Also fing ich mit der Ukulele an. Auch Geige habe ich kurze Zeit gespielt. Bis die Lehrerin gemerkt hat, dass ich gar nicht Noten lesen konnte. Da hat sie mich aus ihrer Klasse geworfen. Sie sehen: Mir blieb gar nichts anders übrig als die Ukulele. Zwei Jahre später – da war ich neun - hat mir mein Stiefvater die ersten Akkorde auf der Gitarre gezeigt. Danach war klar, dass ich Gitarrist werde.

Haben Sie später eigentlich noch mal Ukulele gespielt? Kaum ein anderes Instrument hat in den vergangenen Jahren eine solche Renaissance erlebt wie die Ukulele.

Nein, ich spiele schon ganz lange nicht mehr auf der Ukulele. Aber ich kann Ihnen folgendes erzählen: Ein paar Jahre lang habe ich auf Hawaii gelebt. Dort leben die unglaublichsten und besten Ukulele-Spieler, die ich je gehört habe. Junge, das war ein Vergnügen! Damals habe ich verstanden, wie wenig ich von der Ukulele wusste und was man darauf alles spielen kann. Spätestens da war mir klar, dass ich mich besser an die Gitarre halte.

Sehen Sie Parallelen zwischen Ihrer Karriere und der von Nat King Cole?

Wir hatten beide das gleiche Problem: Wir waren Sänger, aber auch Instrumentalisten. Und es ist leider nun mal so, dass die meisten Menschen lieber Songs als Instrumentalmusik hören. Natürlich gibt es auch viele Fans von instrumentaler Musik – verstehen Sie mich nicht falsch. Aber die sind nie so zahlreich wie diejenigen, für die Musik aus dem Mund von Sängern kommen sollte. Und das ist ein Dilemma für mich – und es war eines für Nat King Cole. Die Musiker in seinen Bands wollten, dass er überwiegend spielt. Das Publikum -  oder der größere Teil davon – wollte, dass er singt. Letztlich musste er sich entscheiden. Oder besser: Seine Frau Maria nahm ihm diese Entscheidung ab. Sie sagte zu ihm: Nat, du bist der größte Sänger der Welt. Du solltest singen, nicht spielen.

Und so ähnlich war es bei Ihnen?

Mein Manager wollte vor Jahren, dass ich die gleiche Entscheidung treffe. Er sagte zu mir: George, du bist jetzt vor allem als Sänger populär. Musst du wirklich noch diese Gitarre spielen?  Meine Antwort war: Mann, ich habe so viel Zeit in dieses Instrument gesteckt. Außerdem liebe ich es, Gitarre zu spielen. Ich werde die Gitarre nie ablegen. Niemals. Deswegen habe ich sie auch dann umhängen, wenn ich bei einem Song mal nicht spiele, sondern nur singe.  Viele Kritiker verstehen das nicht und schreiben dann: Die Gitarre hing leider nur vor seinem Bauch, dabei lieben wir George Benson vor allem als Gitarristen. Blödsinn! Aber so ist das nun mal, wenn man sowohl Sänger ist als auch Instrumentalist und wenn man im Pop genauso wie im Jazz zu Hause ist.

Haben Sie Nat King Cole eigentlich mal getroffen?

Leider nie. Ich habe seine beiden Brüder kennen gelernt, von denen Freddy ein richtig guter Freund geworden ist. Auch mit Nats Tochter Natalie Cole bin ich befreundet. Eigentlich habe ich seine ganze Familie kennen gelernt. Nur ihn nicht, weil er so früh gestorben ist. Mittlerweile kommt es mir fast so vor, als ob ich Teil seiner Familie wäre. Eines aber ist sicher: Nat King Cole  hat keinen größeren Fan als George Benson.

War Nat King Cole Ihr größter Einfluss?

Was mein Singen betrifft ganz sicher. Da ist niemand sonst so wichtig wie er. Bei der Gitarre ist das eine viel kompliziertere Sache. Da könnte ich den einen ausschlaggebenden Musiker gar nicht nennen: Charlie Christian, Hank Garland, Wes‘ Montgomery, Grant Green…

Erzählen Sie uns von Grant Green, von dem es immer wieder heißt, er habe sie am meisten beeinflusst.

Er war ein guter Freund von mir.  Im New York der 60-er und 70-er Jahre habe ich viel Zeit mit ihm verbracht. Unter den damals lebenden Musikern war er mein Lieblingsgitarrist. Auch Wes‘ Montgomery stand auf Grant Green. Er war so ziemlich der Lieblingsgitarrist von allen damals.

Was haben Sie von ihm gelernt?

Das Lyrische. Grant Green spielte Gitarre wie man einen Song singt. Er war der Sänger unter den Gitarristen. Deswegen fällt es auch so leicht, seinen Melodien zu folgen. Ich glaube, er ist der Grund, weshalb ich als Gitarrist heute als der dastehe, der ich bin. Er hat mir beigebracht, wie wichtig die Melodie ist. In allem, was man tut. Auch beim Solieren. Und wie man die Melodie so spielt, dass sie aus allem hervorsticht.

Eine Zeit lang sollen Sie seine Gitarre besessen haben.

Stimmt. Ein wunderbares Instrument, eine der besten Gitarren, die ich je in den Händen halten durfte. Jimmy D'Aquisto hatte sie gebaut. Eine richtige Stradivari unter den Jazzgitarren. Aber eines Tages habe ich sie verkauft.

Weshalb?

Verstehen Sie, eine solche Gitarre nimmt man nicht zum Gig. Dafür ist sie viel zu wertvoll und selten. Es gibt Typen, die sind darauf spezialisiert, solche Gitarren zu klauen. Herumstehen und verstauben lassen, wollte ich sie aber auch nicht. Also habe ich sie verkauft.  Bevor sie schimmlig wird oder von den Termiten gefressen wird.

Aktuelles Album:  Inspiration – A Tribute to Nat King Cole (Concord/Universal)

George Benson auf Tour:
15. Juli: München (Tollwood)
16. Juli: Berlin (Admiralspalast)
18./19. Juli: Montreux Jazz Festival
20. Juli: Straubing (Bluetone Festival)

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