Im Kulturhauptstadtjahr 2010 im Ruhrgebiet steht auch der Komponist Hans Werner Henze im Mittelpunkt. Eigens für die Veranstaltung schreibt der inzwischen 83-jährige Künstler eine neue Oper. Darüber hinaus werden unter dem Programmtitel «Das Henze-Projekt» an zahlreichen Orten im gesamten Revier Aufführungen von Henzes Gesamtwerk geboten, wie die Ruhr.2010 GmbH als Veranstalter am Freitag in Essen mitteilte. Die Oper mit dem Titel «Gisela oder: Die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks» soll am 25. September in der Maschinenhalle Zeche Zweckel in Gladbeck uraufgeführt werden.
Das Stück richtet sich den Angaben zufolge in erster Linie an ein junges Publikum. Es geht um eine Gruppe von Studenten, die von Oberhausen nach Neapel reist. Dort verliebt sich eine der Studentinnen in einen jungen Italiener. Es sei ein «modernes Märchen für ein Ensemble mit Jugendlichen, Studenten, Erwachsenen, Amateuren und professionellen Musikern», erklärten die Veranstalter. «Ich wollte ein Stück schreiben, das die verschiedenen künstlerischen Stränge im Ruhrgebiet zusammenfasst», beschrieb Henke sein Konzept. «Es ist die erste Oper, die für das Ruhrgebiet komponiert wurde», fügte der Leiter der Ruhrtriennale, Willy Decker, hinzu.
Ein spezielles Projekt im Rahmen der umfassenden Henze-Würdigung ist die Internet-Oper «Die Affäre Manon» mit Musik aus Henzes «Boulevard Solitude» und Puccinis «Manon Lescaut». Dabei sollen Internet-User selbst beispielsweise mit Handykamera Szenen drehen und online zum Projekt beisteuern.
Eine Würdigung erfährt auch Henzes Arbeit als Filmkomponist. Er komponierte die Musik zu Klassikern wie «Der junge Törless» (1966), «Die verlorene Ehe der Katharina Blum» (1975) oder «Muriel oder die Zeit der Wiederkehr» (1963). Eine fünfteilige Filmreihe ist im Bochumer Programmkino «Casablanca» zu sehen.
Der 1926 in Gütersloh geborene Henze lebt heute in Italien und gehört zu den bedeutendsten deutschen Komponisten der Gegenwart. Seine Arbeit umfasst Opern, Ballettmusiken sowie Symphonien und Kammermusik. Der politische Künstler ergriff zum Beispiel 1968 Partei für die aufbegehrenden Studenten, solidarisierte sich mit kubanischen Revolutionären und pflegte Rudi Dutschke nach dem Attentat auf ihn.
«Vermutlich ist das Henze-Projekt die größte Werkschau, die jemals einem lebenden Komponisten zuteil wurde», sagte der Künstlerische Kulturhauptstadt-Direktor, Steven Sloane. Jede Woche werde in einem Konzertsaal, einem Opernhaus oder einer Philharmonie in der Region ein Werk Henzes auf dem Spielplan stehen. Dass Henze nun ein neues Stück für junge Leute komponiert habe, sei zu begrüßen: «Kinder- und Jugendprogramme sind häufig das Salatblatt am Schnitzel.»