„Jacques Loussier spielt Play Bach“ – die Spötter machten aus diesem Albumtitel „Jaques Loussier macht Reibach“ und spielten damit auf den immensen kommerziellen Erfolg der für heutige Ohren gefällig wirkenden Bach-Verjazzungen Loussiers an. Man vergisst jedoch heute gerne, dass das Klassikpublikum es als skandalös empfand, was Loussier da mit ihrem Säulenheiligen J.S. Bach auf offener Bühne anstellte. Doch aus Hass wurde Liebe: Rund sechs Millionen verkaufte Alben seit 1959 und ausverkaufte Konzertsäle belegen eine Popularität, die auch einem Popmusiker zur Ehre gereichen würde.
Erst im Alter von zehn Jahren weckte ein Konzert eines kleinen, unbedeutenden Tanzorchesters in seiner Heimatstadt Angers in ihm das Verlangen, ein Instrument zu spielen. „So begann Loussiers klassische Ausbildung unspektakulär, aber erfolgreich. Schon während seines Studiums am Pariser Konservatorium bei Yves Nat schien eine Karriere als Konzertpianist vorgezeichnet. Doch es kam anders: Der ursprüngliche Impuls durch die leichte Muse war noch immer lebendig. Mitte der 50er-Jahre hatten Loussier und seine Kollegen am Konservatorium nicht nur Bach, Beethoven und Brahms im Ohr, sondern auch den Sound des MJQ, des Modern Jazz Quartet.
Loussier war von der Kunst von Milt Jackson, Percy Heath, Kenny Clarke elektrisiert, vor allem aber zog ihn die Persönlichkeit des Pianisten John Lewis an. In einer Phrasierung à la Modern Jazz Quartet spielte er damals mit und vor Gleichgesinnten Jazzmusik, nur dass ihm das Great American Songbook samt dazugehöriger Improvisationstradition fremd war. Er war in der Welt von J.S. Bach zuhause und machte ein folgenreiches interkulturelles Experiment, indem er Bachs „Material“ verjazzte. „Play Bach“, die erste, hatte Jacques Loussier 1959 „nur zum Vergnügen und für Freunde aufgenommen“. Doch die Sammlung Bach’scher Klavierstücke gemischt mit Jazzrhythmen und Improvisationen erreichte unglaubliche Popularität. Neue Herausforderungen machte sein Publikum dagegen nicht mit: Der Pianist wurde zum Opfer seines eigenes Erfolgs. Auf Loussiers Bearbeitungen von Satie, Ravel, Debussy, Mozart und Vivaldi reagierte es reserviert. Seine Verehrer wollten immer nur eines von ihm: „Spiel Bach!“
Am 5. März ist der Grenzgänger zwischen den Welten im Alter von 84 Jahren gestorben.
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