Ludwig 80 - Künstler und Pädagoge *** Roche Commission 2012 an Sofia Gubaidulina *** Heiner Goebbels *** Tugan Sokhiev *** Theo Loevendie *** Hans Ulrich Humpert ***
Ludwig 80 - Künstler und Pädagoge
Der Pianist Günter Ludwig, in Hanau geboren, zählt seit den 1950er-Jahren bis heute zu den bedeutenden Vertretern seines Instruments. Bereits mit 18 Jahren errang er einen Preis beim Klavier-Wettbewerb des hessischen Rundfunks; später wurde er Preisträger des Busoni-Wettbewerbs in Bozen. Das Frühtalent besuchte das „Musische (Elite-)Gymnasium“ in Frankfurt a. M. Sein ihn stark prägender Lehrer war der renommierte Pädagoge August Leopolder.
Seine außergewöhnliche Gabe, einen auch komplizierten Notentext schnell zu erfassen und klaviertechnisch zu realisieren, prädestinierte ihn zum kammermusikalischen Partner bedeutender, ihre Zeit künstlerisch prägender Instrumentalisten wie Henryk Szeryng, Nathan Milstein, Arthur Grumiaux, Max Rostal, Ludwig Hoelscher, János Starker und dem Ama-deus Quartett. Klavierkonzerte spielte er unter großen Dirigenten wie Sir Georg Solti, Günter Wand und Horst Stein. Viele Jahrzehnte lehrte er als Professor an der Kölner Musikhochschule. Mit Alois Kottmann gründete er die zum 2011 29. Mal stattfindenden „Internationalen Musiktage Hessen-Main Taunus Hofheim“, Meisterkurse für Violine und Klavier. Mit Joanna Sachryn und Walter Schreiber spielt er bis heute im Kölner Klaviertrio. Am 28. August wurde der in Köln lebende Pianist 80 Jahre alt. akt
Musik mit spiritueller Kraftentfaltung
Roche Commission 2012 an Sofia Gubaidulina
Seit 2003 erteilt das Schweizer Pharmaunternehmen Roche regelmäßig einen Auftrag für eine Komposition, deren Uraufführung durch das Cleveland Orchestra und Franz Welser-Möst jeweils im Rahmen des Lucerne Festivals stattfindet. Ein Jahr später folgt die USA-Premiere des Stücks in der New Yorker Carnegie Hall. Bisherige beauftragte Komponisten waren Sir Harrison Birtwistle, Chen Yi, Hans-peter Kyburz, George Benjamin und 2008 Toshio Hosokawa. Dieses Jahr ging die Roche Commission 2012 an die russische Komponistin Sofia Gubaidulina.
Sofia Gubaidulina konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Luzern reisen, ließ aber über Hans-Ulrich Duffek, Direktor des Sikorski Verlags Hamburg, ihre Gruß- und Dankesworte nach Buonas nahe Luzern übermitteln, wo die feierliche Auftragsvergabe stattfand. Danach, wie eine Gesellschaft mit ihren Künstlern umgehe, hatte die russische Komponistin, die selbst noch unter dem Diktum des sozialistischen Realismus gelitten hatte, zu Duffek am Telefon gesagt, könne man dieselbe auch beurteilen. Die Aufführung von „In Croce“ durch den Cellisten Ivan Monighetti und den Akkordeonisten Klaudiusz Baran führte dieses Movens Gubaidulinas noch einmal deutlich vor Augen. Auch innerhalb des profanen Verleihungsrituals im zwar schönen, aber doch nicht für Konzerte gebauten Saal des Roche Zentrums in Buonas, entfaltete das Stück eine Aura, die viel von der spirituellen Kraft der Musik Gubaidulinas verriet.
Heiner Goebbels
Der Frankfurter Komponist, Regisseur und Hochschulprofessor Heiner Goebbels wird für die Spielzeit von 2012 bis 2014 neuer Intendant der Ruhrtriennale. Damit hält Goebbels in seiner vielseitigen Tätigkeit als Lehrer, Komponist und Produzent für drei bis vier Jahre ein wenig inne und tritt die Nachfolge des amtierenden Intendanten Willy Deckers an. Goebbels habe die Intendanz deshalb zugesagt, weil das Profil der Ruhrtriennale aus drei Säulen bestehe: Sie nutze industriekulturelle Räume, nehme keine Spartentrennung vor und ermögliche eine experimentelle Arbeitsweise. Vor allem auf die industriekulturellen Räume will sich Goebbels konzentrieren. Sie seien nicht nur Dekor, sondern Kraftspender.
Tugan Sokhiev
Tugan Sokhiev wird beginnend mit der Saison 2012/2013 neuer Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO). Bereits ab der Spielzeit 2010/2011 trägt er den Titel des Designierten Chefdirigenten.
In Berlin ist der 33-jährige Tugan Sokhiev kein Unbekannter mehr. Er dirigierte das DSO mit großem Erfolg bereits drei Mal, zuletzt im Dezember 2009 mit einer Interpretation der Fünften Symphonie Tschaikowskys; im Januar dieses Jahres gab er sein Debüt am Pult der Berliner Philharmoniker. Der russische Dirigent wurde 1977 in Wladikawkas, der Hauptstadt Nordossetiens, geboren und erhielt seine künstlerische Ausbildung in der Dirigentenschmiede des Ilja Musin in St. Petersburg.
Theo Loevendie
Über fünfzehn Jahre lang war Theo Loevendie hauptberuflich als Jazzmusiker tätig. Heute ist er einer der international herausragenden Komponisten der Niederlande. Sein Œuv-re umfasst neben vier Opern auch Ensemble- und Kammermusik sowie fünf Instrumentalkonzerte. Sein bekanntestes und meistgespieltes Werk ist das mit dem Leopold ausgezeichnete Musikmärchen „Die Nachtigall“ nach Hans-Christian Andersen, welches mit dem neuen Text des bekannten holländischen Fernsehstars und Bestsellerautors Kees van Kooten viel Beachtung in Holland erfahren hat und jetzt auch in Deutschland mit dem Kika-Moderator Juri Tetzlaff am 7. November 2010 in der Hamburger Laeiszhalle, großer Saal, uraufgeführt wird.
Theo Loevendie hat die stilistische Entwicklung des „Third Stream“ in Europa fortgesetzt. Er komponierte wegweisende Werke für Improvisator und Orchester bzw. Ensemble (The Five Drives, Bons). In seinem Spätwerk bezieht er außereuropäische Instrumente in seine Arbeit ein. Er wurde als Jazzmusiker sowie als klassischer Komponist vielfach mit großen Preisen ausgezeichnet, darunter der Edison Music Award, Wessel-Ilcken-Preis, Koussevitzky International Record Award, Matthijs-Vermeulen-Preis, 3M-Preis. Am 17.9.2010 feiert Theo Loevendie seinen 80. Geburtstag
Elektronischer Pionier
Der Komponist, Pädagoge und Hörspielmacher Hans Ulrich Humpert ist tot. Humpert gilt neben Karlheinz Stockhausen als einer der Pioniere der elektronischen Musik. Er leitete bis 2007 das Studio für Elektronische Musik an der Kölner Musikhochschule, wo er seit 1968 Lehrbeauftragter und seit 1972 Professor war. Sein „Lexikon der elektronischen Musik“ gilt als Standardwerk.
Humpert war dem WDR seit 1967 eng verbunden: Seine Werke „Assonanzen“ (1976), „Approci a Petrarca“ (1985) und „Construction in MicroPolyGons“ (1994) waren Uraufführungen oder Kompositionsaufträge des WDR. Neun weitere wurden in dem Sender produziert. Auch als Autor von Sendungen und Features war Humpert im Westdeutschen Rundfunk präsent: Knapp ein Dutzend Beiträge aus seiner Feder – insbesondere über Themen der Elektronischen Musik – wurden gesendet. Hans Ulrich Humpert starb am 29. August 2010 in Köln.