Hauptbild
Otto Tomek und Claudine Pellerin. Foto: Charlotte Oswald
Otto Tomek und Claudine Pellerin. Foto: Charlotte Oswald
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Personalia 2013/03

Publikationsdatum
Body

Ehemaliger Musikchef von SWF und SDR Otto Tomek gestorben – Zum Tod des Musikpädagogen und Chorleiters Paul Wehrle – Der Flötist und Instrumentalpädagoge Kurt Redel ist tot – Zum Tod des Musikwissenschaftlers Walter Salmen

Musikmacher und Musikförderer – Ehemaliger Musikchef von SWF und SDR Otto Tomek gestorben

Der langjährige Musikchef des Südwestfunks und des Süddeutschen Rundfunks Otto Tomek ist am 18. Februar 2013 nach schwerer Krankheit im Alter von 85 Jahren gestorben. Tomek hat über mehr als 30 Jahre hinweg das Engagement der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Neue Musik maßgeblich geprägt. Er arbeitete mit nahezu allen Komponisten der Neuen Musik in der Nachkriegszeit zusammen. Die Werke, die von ihm in Auftrag gegeben wurden, stammten unter anderem von Stockhausen, Zimmermann, Kagel, Cage, Ligeti, Nono und Penderecki.
Otto Tomek wurde 1928 in Wien geboren. Nach seiner Tätigkeit bei der in Wien beheimateten Universal Edition wurde der promovierte Musikwissenschaftler 1957 Abteilungsleiter für Neue Musik beim WDR in Köln, wo er die bis heute existierende Konzertreihe „Musik der Zeit“ betreute und dem Studio für elektronische Musik des WDR zu epochemachenden Kompositionsaufträgen verhalf. 1971 wechselte Otto Tomek nach Baden-Baden, um als Musikchef des damaligen SWF das Erbe von Heinrich Strobel anzutreten. Dazu gehörten die Gründung des Experimentalstudios der Heinrich-Strobel-Stiftung und die Programmgestaltung der Donaueschinger Musiktage, die er wesentlich mitgeprägt hat, etwa indem er, unter anderen, maßgeblich den jungen Wolfgang Rihm förderte.
1977 wechselte Otto Tomek zum Süddeutschen Rundfunk, wo er elf Jahre lang als Hauptabteilungsleiter Musik wirkte. Neben der Verantwortung für das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart war er auch künstlerisch verantwortlich für die Schwetzinger Festspiele.

Unser Foto zeigt Otto Tomek noch einmal, wie ihn Freunde, Komponisten, Musiker in der Erinnerung behalten werden: Der Umgang mit Neuer Musik macht nicht griesgrämig, sondern entfaltet eine eigene Sinnlichkeit, die Lebenslust bewirkt, vor allem, wenn nach der Musik auch eine schöne Frau dieselbe teilt – hier die französische Produzentin Claudine Pellerin von der Pariser Musique Française d’Aujourd’hui. Der Tod Otto Tomeks berührt die Musikfreunde und Künstler gerade in diesem Augenblick besonders schmerzlich: In den Rundfunkhäusern werden derzeit viele Umstrukturierungen auch in den Musikabteilungen vorgenommen. Der alte, gute Pioniergeist muss der Quoten(un)kultur weichen, Sachkompetenz wird durch Moderation ersetzt.

Aktiv in Europas Chorszene – Zum Tod des Musikpädagogen und Chorleiters Paul Wehrle

Mit dem Freiburger Weihbischof hat er nur den Namen und vielleicht das Wirkungsfeld Baden gemeinsam. Paul Wehrle, als Gymnasialprofessor im Fach Musik am Helmholtz-Gymnasium Karlsruhe ebenso passioniert wirkend wie als Chorleiter, gehört zu den Persönlichkeiten der Nachkriegsgeneration mit kulturpolitischem Einsatz und Weitblick. Er hat wesentlichen Anteil an der Gestaltung der musikerzieherischen Infrastruktur, nicht nur an seinem Wirkungsort Karlsruhe und in seinem Ländchen Baden-Württemberg, sondern zugleich bundesweit. An seinem Gymnasium führte er den Schwerpunkt Musik mit Abiturfach Musik ein (wie inzwischen an vier Dutzend weiteren Schulen des Landes üblich). Wie hätte sich Wehrle über die just an seinem Todestag verkündete Zusage des Kultusministeriums gefreut, in Stuttgart nunmehr ein Musikgymnasium in Partnerschaft mit Musikhochschule und Musikschule zu etablieren. Bestellt und belebt hat Wehrle vor allem auch die Chorszene nicht nur in der Region, sondern europaweit, indem er wichtige Funktionen bei „Europa cantat“, bei der Europäischen Föderation junger Chöre und in der International Federation for Choral Music ausfüllte. Der deutsche Laienchorwettbewerb geht auf seine Intension ebenso zurück wie die Einbeziehung des Faches Gesang in den Wettbewerb „Jugend musiziert“. Als Beauftragter des Verbandes Deutscher Schulmusikerzieher bei „Jugend musiziert“ wirkte er hier mitausrichtend jahrelang in den Leitungsgremien auf Regional-, Landes- und Bundesebene und setzte sich für entsprechende anschließende Förderprojekte für musikalischer Talente ein. So lag es nahe, dass er auch 1978 bei der Gründung des Landesmusikrats für Baden-Württemberg dessen Präsidium übernahm.

Im Alter von 89 Jahren ist Paul Wehrle am 11. Februar verstorben, fast auf den Tag genau wie sein Chorkollege, der schwedische Chorleiter Eric Ericson (siehe S. 23), mit dem er freundschaftlich verbunden war. er

Zauberflötentöne, alt und neu – Der Flötist und Instrumentalpädagoge Kurt Redel ist tot

Über Trommel- und Czakan-Flöte kam der 1918 in Breslau geborene Kurt Redel auf seine Zauberflöte, „ein tolles Instrument“ fand er. Meiningen und das Salzburger Landestheater waren erste Stationen. 1938 beim Wettbewerb in Wien beeindruckten den 20-Jährigen die klanglich wie technisch unglaublich guten französischen Solobläser, die mit den größeren Möglichkeiten der Böhm-flöte eben schon einen langen Umgang pflegten. Für Kurt Redel und Hans Peter Schmitz reichte es damals nur zu Medaillen.

Für die deutsche Flötengarde begann ein wichtiger Lernprozess. Zehn Jahre später beim Wettbewerb in Genf konnte sich Redel mit dem Franzosen Lardé den zweiten Preis teilen. Clemens Krauss hörte Redel auf seiner Böhmflöte und holte ihn 1940 ohne Probespiel an die Bayerische Staatsoper nach München, wo er unter anderem 1942 die denkwürdige Uraufführung von „Capriccio“ spielte. Nach einem letzten Kriegsdienstjahr kam 1946 die rettende Einladung nach Detmold, mit 28 als jüngster Professor an die neue Nordwestdeutsche Musikakademie Detmold, eine Oase, unberührt vom Krieg, während die Münchner Wohnung samt Bibliothek und Instrumentensammlung Opfer von Schutt und Asche war. Detmold galt gemeinsam mit Oboist Winschermann, Klarinettist Michaels und Fagottist Hennige als die deutsche Bläserhochburg. Hier fand Redel Unterrichten sehr interessant, „weil ich mir dabei Klarheit verschaffen musste über Dinge, die ich vorher eigentlich nur intuitiv und unbewusst gemacht hatte“. 1953 folgte Redel Eugen Jochums Einladung nach München, der Stadt, die ihn für 20 Jahre in der glänzenden Position im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks band und ihm zugleich Spielraum für weitere Unternehmungen bot. Traum und Ambition auch als Dirigent zu wirken, erfüllte sich durch seine Gründung des Collegium Pro Arte mit nachhaltigem Erfolg: Seine Bearbeitung der Kunst der Fuge brachte ihm den Grand Prix du Disque sowie Schallplattenverträge und weltweite Konzertreisen, im Programm vor allem Werke des Barocks, gestützt auf eingehendes Quellenstudium.

Die Beschäftigung mit zeitgenössischer Musik? „Ich habe ein Stück von Nono uraufgeführt und viele Komponisten haben mir Stücke geschrieben, so Hans Werner Henze oder Günter Bialas.“ Werke von Fortner, Varèse, Jolivet, Dutilleux, Hindemith, Genzmer, die inzwischen im Repertoire heutiger Flötisten ganz selbstverständlich sind, fanden bei den Kranichsteiner Kursen durch Redel und seine Schüler ihre Vor-, Ur- und Erstaufführung. Im Alter von 95 Jahren ist Kurt Redel in München verstorben.

Die Musik und ihr Kontext – Zum Tod des Musikwissenschaftlers Walter Salmen

Bilddokumente auf ihren musikhis­torischen Informationsgehalt hin zu lesen: Das war eine der Fähigkeiten, die Walter Salmen in seinen Publikationen immer wieder unter Beweis stellte – zum Gewinn seiner Leserschaft. Zeugnis legen davon unter anderem die von ihm betreuten Bände in der Reihe „Musikgeschichte in Bildern“ ab. Eine andere speiste sich aus dem Interesse an Fragestellungen abseits der biografischen und analytischen Betrachtung „großer“ Komponisten und ihrer Werke. So widmete sich der 1926 in Paderborn geborene Musikforscher immer wieder dem Gebiet der Sozialgeschichte, ging den Kontexten auf den Grund, in denen Musik komponiert und aufgeführt wird. Damit war er geradezu prädes­tiniert, der Veranstaltungsform Konzert eine „Kulturgeschichte“ zu widmen – ein Standardwerk, das 1988 erschien. Wichtige Stationen seines akademischen Wirkens waren die Universitäten in Kiel, Innsbruck und schließlich Freiburg, wo er seit 1995 als Honorarprofessor tätig war. Viele Publikationen Salmens entstanden in der Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Flötistin und Musikwissenschaftlerin Gabriele Busch-Salmen, mit der ihn unter anderem der Tanz als Forschungsgebiet verband. Am 2. Februar ist dieses Gemeinschaftswerk nun mit dem Tod Walter Salmens zu seinem Abschluss gekommen. jmk

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!