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Unser Foto zeigt die Komponistin zusammen mit dem Solisten Marco Blaauw im Anschluss an die spektakuläre Premiere (eine ausführliche Kritik folgt in der April-Ausgabe der nmz). Foto: Charlotte Oswald
Unser Foto zeigt die Komponistin zusammen mit dem Solisten Marco Blaauw im Anschluss an die spektakuläre Premiere (eine ausführliche Kritik folgt in der April-Ausgabe der nmz). Foto: Charlotte Oswald
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Personalia 2015/03

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Happy New Ears-Preise an Rebecca Saunders, Gerhard Rohde und Christian Grüny +++ Zum Tod des Dirigenten Israel Yinon +++ Komponisten-Förderpreise der Ernst von Siemens Musikstiftung

Vorurteilsfreies Hören gefragt

Happy New Ears-Preise an Rebecca Saunders, Gerhard Rohde und Christian Grüny

Den Slogan „Happy New Ears“ hatte einst John Cage geprägt. In Anlehnung an diese augenzwinkernde Aufforderung zum vorurteilsfreien Hören nannte der Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller Hans Zender eine Initiative der Hans und Gertrud Zender-Stiftung „Happy New Ears“. Seit 2011 vergibt die Stiftung zusammen mit der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Konzertreihe musica viva und BR-Klassik alle zwei Jahre den „Happy New Ears“-Preis.

Den Preis für Komposition erhielt 2015 die britische Komponistin Rebecca Saunders, den Hauptpreis für Publizistik der Musikkritiker und nmz-Herausgeber Gerhard Rohde und den Förderpreis für Publizistik der neuen Musik der Philosoph Christian Grüny. Die Preis sind mit einem Preisgeld von insgesamt Euro 22.000 ausgestattet. Rebecca Saunders erhielt darüber hinaus einen Kompositionsauftrag der musica viva für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Ihr Werk „Alba“ für Trompete und Orchester wurde nach der Preisverleihung im Herkulessaal unter der Leitung von Peter Eötvös uraufgeführt.

Akademiepräsident Michael Krüger führte persönlich durch die Veranstaltung und ließ es sich nicht nehmen, die „unglücklichen Ohren“ der Münchner Politiker zu bedauern, die durch ihre unerwartet unprofessionelle Konzertsaal-Lösung Münchens Musikleben aktuell in Rage gebracht hatten. Die drei Laudationes hielt der ehemalige SWR-Orchesterredakteur Rainer Peters, dem es gelang, jeweils angemessen drei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten zu loben. Er sprach über Saunders Suche nach den „seltenen Momenten tatsächlicher Freiheit“, von Rohdes couragierter und spitzer Feder (siehe Seite 4) und von den Mühen Grünys, „Musik als relevante philosophische Instanz zur Geltung zu bringen“.

Neugier auf Verdrängtes und Vergessenes

Zum Tod des Dirigenten Israel Yinon

Israel Yinon suchte Unbekanntes, Vergessenes und Verdrängtes. Dazu ging er in die Archive und spürte dort gedruckten und ungedruckten Kompositionen nach, die er für musikalisch lohnend erachtete. Bei dieser Suche stieß er auf Werke Viktor Ullmanns, die er zusammen mit dem Stuttgarter Pianisten Konrad Richter und der Staatsphilharmonie Brünn zur Aufführung brachte. In Brünn entstanden 1992 die Aufnahmen von Ullmanns Klavierkonzert op. 25 sowie seiner Schönberg-Variationen op. 5, die mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurden. Weitere preisgekrönte Aufnahmen, so die wegweisende mit Orchestermusik von Karol Rathaus, sollten dieser Debüt-CD noch folgen.

1956 in Israel geboren, hatte Yinon in Tel Aviv und Jerusalem Dirigieren, Musiktheorie und Instrumentation studiert und danach Meisterkurse in Italien, Deutschland und der Schweiz besucht. Er entschied sich für einen Wohnsitz in Deutschland, um sich dort vor allem für von den Nazis verfolgte Komponisten einzusetzen. Hans Krása, Pavel Haas und Viktor Ullmann standen zunächst im Mittelpunkt seines Interesses. 1994 leitete er an der Prager Staatsoper Krásas „Verlobung im Traum“, die er auch bei seinem US-Debüt in Washington zur Aufführung brachte. Ebenfalls in Prag dirigierte Yinon 1997 die Oper „Scharlatan“ von Pavel Haas, die beim Wexford Festival wiederholt und in die CD-Reihe „Entartete Musik“ übernommen wurde.  Mit Gerd Albrecht und Lothar Zagrosek gehörte er zu den Dirigenten, die sich besonders für dieses Repertoire engagierten.

Yinon beschränkte sich aber nicht auf Tonsetzer jüdischer Herkunft, sondern engagierte sich mit großer Neugier und einem sicheren Gespür für Qualität ebenso für die zu Unrecht vergessenen Komponisten Eduard Erdmann und Heinz Tiessen. Wie bei Krásas „Verlobung im Traum“, die jüngst in Karlsruhe zu einem Sensationserfolg wurde, war Yinon auch hier ein Wegbereiter.

An seinem letzten Wohnort Berlin kannten den Dirigenten nur wenige. Er war viel unterwegs und gastierte in aller Welt, beim Litauischen Nationalorchester in Vilnius, bei der Armenischen Philharmonie in Jerewan, bei den Orchestern von London, Dublin, Warschau, Mexiko, Reykjavik oder Peking. Besonders gerne dirigierte Yinon in Tschechien, wo er im Mai 2014 das 13. Mahler-Festival eröffnete. Mitten während eines Konzerts mit der „Alpensymphonie“ von Richard Strauss brach Israel Yinon am 29. Januar in Luzern zusammen und starb kurze Zeit später im Krankenhaus.  [Albrecht Dümling]

Komponisten-Förderpreise der Ernst von Siemens Musikstiftung

Die drei Komponisten-Förderpreise der Ernst von Siemens Musikstiftung gehen 2015 an den in Berlin lebenden Amerikaner Mark Barden, Birke Bertelsmeier aus Deutschland sowie den britischen Komponisten Christian Mason (siehe unsere Bilderleiste rechts). Die Auszeichnung für vielversprechende junge Komponisten ist jeweils dotiert mit 35.000 Euro. Zudem erhalten die jungen Künstler eine nach ihren individuellen Wünschen produzierte Porträt-CD. Die Ernst von Siemens Musikstiftung kann 2015 wieder 3 Millionen Euro an Fördergeldern vergeben. Der größte Anteil entfällt auf Projekte im Bereich der zeitgenössischen Musik. Zwischen Chicago und Tschaikowsky, von Kópavogur bis Kairo werden Kompositionsaufträge, Konzerte, Akademien, Publikationen, Workshops und Kinder- und Jugendprojekte unterstützt.

Mark Barden, Jahrgang 1980, stammt aus Cleveland/Ohio. Er studierte bei Lewis Nielson, Rebecca Saunders, Mathias Spalinger und Jörg Widmann.

Birke Bertelsmeier, Jahrgang 1981, kommt aus dem Neandertal, lebt und arbeitet mittlerweile jedoch in Berlin. Nach Stationen in Köln, wo sie bei Pavel Gililov Klavier studierte, und ihrem Studium bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe, war sie 2013 als Stipendiatin der Villa Massimo in Rom.

Der 1984 geborene Londoner Komponist Christian Mason studierte Musik in York und Komposition bei SinanSavaskan, Nicola LeFanu, Thomas Simaku und Julian Anderson und promovierte 2012 am Londoner King’s College bei George Benjamin. Er ist Composer in Residence am renommierten Eton College und arbeitet darüber hinaus als Kompositionsassistent mit Sir Harrison Birtwistle zusammen.

 

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