Eine Widmung an Gerhard Rohde – Die Römerbad Musiktage eröffnen 2015 mit einem Gedenkkonzert +++ Peter Eötvös gibt den Auftakt für das neue SWR-Orchester +++ Der gordische Knoten des Musiklebens – die Nominierungen +++ Dusko Goykovich ausgezeichnet
Eine Widmung an Gerhard Rohde – Die Römerbad Musiktage eröffnen 2015 mit einem Gedenkkonzert
„Klaus Lauers Musiktage sind wieder da.“ Das schrieb Gerhard Rohde im Juni vergangenen Jahres in dieser Zeitung. Und weiter: „Lauers Römerbad-Musiktage lockten viele Jahre immer wieder Komponisten, Interpreten und ein aufgeschlossenes, neugieriges Publikum an. Im berühmten Oktogon des historischen Grandhotels erlebte man legendäre Kammermusikabende, deren Besonderheit darin bestand, dass in den Programmen die Musik der Gegenwart mit einer wunderbaren Selbstverständlichkeit präsent war. Insofern erhoben die Römerbad-Konzerte immer auch einen kulturpolitischen Anspruch: Sie zeigten, wie eine intelligente Programm-Dramaturgie aussehen sollte – das jeweils ‚Neue‘ als Teil eines großen Kontinuums, sprich: unserer Musikgeschichte. Als Klaus Lauer sein Hotel verkaufen musste, bedeutete das zugleich das Ende der Musiktage. Einige Jahre hielten es Badenweilers Musikfreunde aus, doch dann siegte die Erinnerung: Sie baten Lauer, die Musiktage wieder aufleben zu lassen. Gesagt, getan: Die erste Ausgabe der neuen Badenweiler Musiktage, jetzt im neuen Kurhaus gleich nebenan vom alten Römerbad gelegen, geriet zu einem Riesenerfolg, sowohl künstlerisch als auch beim Publikum.“
Für Rohdes publizistischen Einsatz will sich Chef Klaus Lauer nun dieses Jahr bedanken, indem er das erste Konzert seiner neuen Musiktage dem am 25. Februar verstorben nmz-Herausgeber und Kritiker bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ widmet.
Bevor Jean-Efflam Bavouzet am 30. April die Badenweiler Musiktage 2015 mit Klaviermusik von Debussy, Boulez, Mantovani und Ravel eröffnet, wird Lauer mit persönlichen Worten an Gerhard Rohdes Einsatz für das Römerbadfestival im Speziellen und für die Musik der Gegenwart im Allgemeinen erinnern.
In den darauffolgenden Tagen bis zum 3. Mai werden im Badenweiler Kurhaus das Quatuor Danel, die Geigerin Isabelle Faust, die Pianisten Alexander Melnikow und Bruno Mantovani, die Harfenistin Sarah O’Brien sowie Mitglieder des Ensemble Modern zu Gast sein. www.badenweiler-musiktage.de
Fusionsdirigat – Peter Eötvös gibt den Auftakt für das neue SWR-Orchester
Wie dem Terminplan auf seiner Homepage (http://eotvospeter.com) zu entnehmen ist, wird Peter Eötvös das erste Konzert des neuen SWR-Orchesters am 22. September 2016 dirigieren. Auf dem Programm stehen Werke von Gustav Mahler, Kaija Saariaho, Maurice Ravel sowie sein eigenes Violinkonzert „DoReMi“. Im November 2013 hatte Eötvös noch zwei Protestbriefe gegen die Fusion der beiden bisherigen SWR-Orchester unterschrieben. Im ersten hatten sich 160 Dirigenten, im zweiten 148 Komponisten an den SWR-Intendanten Peter Boudgoust gewandt und ihn unter anderem aufgefordert, „sich nicht länger im Dienste eines vorgeblich alternativlosen Subventionsabbaus als Totengräber einer Kulturinstitution von internationalem Rang zu verdingen“. Im kommenden Jahr tritt Peter Eötvös nun ans Pult jenes Klangkörpers, der im Protestbrief der Dirigenten noch als „grotesk überdimensioniertes Fusionsorchester ohne individuelles Profil“ in Aussicht gestellt worden war. jmk
Der gordische Knoten des Musiklebens – die Nominierungen
Der Negativpreis „Musik-Gordi“ wird zum dritten Mal verliehen – öffentliche Abstimmung bis 15. April, Bekanntgabe auf der Musikmesse
Seit 2013 wird der „Musik-Gordi“ vom Musikforum des Deutschen Musikrates und der neuen musikzeitung verliehen. In diesem Jahr kann das Publikum abstimmen, wer von den drei Nominierten die unbegehrte Trophäe erhält. Abstimmungen sind ab sofort bis Mittwoch, 15. April 2015, 16.00 Uhr möglich unter www.musik-gordi.de. Die Bekanntgabe des Preisträgers findet im Rahmen der Internationalen Musikmesse Frankfurt am Main am Mittwoch, 15. April 2015 um 17.00 Uhr auf der Bühne des Gemeinschaftsstandes der ConBrio Verlagsgesellschaft statt (Halle 3.1, C 42).
Die Kandidaten und die Begründungen für die Nominierung:
Mathias Brodkorb,
Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Mecklenburg-Vorpommern
„In anderen Ländern ist es üblich, dass die Kulturpolitiker für den Erhalt der Kultur kämpfen, die Finanzpolitiker dem aber einen Riegel vorschieben. In Mecklenburg-Vorpommern können sich die Finanzpolitiker entspannt zurücklehnen. Kulturminister Mathias Brodkorb erledigt den Job ganz alleine. Eine Münchner Unternehmensberatung lieferte ihm die höchst zahlenorientierte Basis für seinen Aktionismus in der Mecklenburg-Vorpommerschen Theaterlandschaft: Kürzungen in Schwerin, Spartenschließungen in Rostock, Fusion der bereits fusionierten Neubrandenburg-Neustrelitz und Greifswald-Stralsund.
Dass dabei zahlreiche Arbeitsplätze wegfallen, dass gewachsene (Musik-)Theaterstandorte ausbluten, scheint ihn nicht zu stören. Auch nicht, dass Parteifreund Thierse ihm öffentlich einen Rüffel erteilte. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, in denen er Rede und Antwort stehen könnte, sagt Brodkorb regelmäßig ab. Kultur in Mecklenburg-Vorpommern verkümmert zur Nebensache unter dem Kulturminister Brodkorb. Dafür gebührt ihm unbedingt der Gordi.“
Sandra Scheeres,
Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Berlin
„In der Bundeshauptstadt warten seit Jahren über 10.000 Schülerinnen und Schüler auf einen Musikschulplatz. 90 Prozent der Musikschullehrer leben aufgrund der ihnen vom Senat aufgezwungenen Honorarverträge in prekären Verhältnissen. Der Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen unterliegt seit Jahren einem kontinuierlichen Abbau – bis zu 50 Prozent in der Sekundarstufe I. Die Bevölkerung und damit auch die Nachfrage für qualifizierten Musikunterricht wächst – die Situation der Musikbildungslandschaft in Berlin hat sich allerdings erheblich verschlechtert und droht, sich durch die seit Jahrzehnten andauernden gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Senat und Bezirken weiter zu verschlechtern. Diese desaströse Situation hat die Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Sandra Scheeres, wesentlich mit zu verantworten. Vor diesem Hintergrund wird sie für den ‚Musik-Gordi‘ 2015 nominiert, um endlich für adäquate Rahmenbedingungen für den Musikunterricht vor allem in der Grundschule und in den bezirklichen Musikschulen zu sorgen. Der gordische Knoten in dem Ping-Pong-Spiel zwischen Senat und den Bezirken gehört durchschlagen – im Interesse der Kinder und Jugendlichen.“
Jean-Claude Juncker,
Präsident der Europäischen Kommission
„Die Europäische Kommission und ihr Präsident Jean-Claude Juncker haben es in der Vergangenheit klar versäumt, eine transparente Verhandlungsführung durchzusetzen und ein gesamtgesellschaftliches Interesse jenseits von marktliberalem Lobbyismus zu verfolgen. Die Deregulierung der Märkte muss dort enden, wo gemeinwohlorientierte Aufgaben berührt werden. Mit der Nominierung von Jean-Claude Juncker für den ‚Musik-Gordi‘ ist die Aufforderung verbunden, eine Transparenz der Verhandlungsstände herbeizuführen sowie eine Schutzklausel für Kultur, Bildung und Wissenschaft in den Verträgen von TTIP, CETA und TiSA (nach) zuverhandeln, die die Freiheit der Künste, den Schutz der Urheber sowie die adäquate Ausstattung der Hochschulen, Universitäten, Schulen, Musikschulen und Musikvereine sicherstellt.
Wenn die geplante Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen (TiSA) im ‚Kreis der guten Freunde‘ in Geheimverhandlungen in der australischen Botschaft in Genf vorangetrieben wird und zugleich mit TTIP internationale Schiedsgerichte nationale und europäische Gerichtsbarkeit aushebeln sollen, dann stehen alle öffentlichen Investitionen – auch für Bildung, Wissenschaft und Kultur – zur Disposition.“
Dusko Goykovich ausgezeichnet
Den mit 10.000 Euro dotierten Musikpreis der Landeshauptstadt München erhält 2015 der Trompeter Dusko Goykovich. Seit 1968 lebt Goykovich in München und entwickelte sich über die Jahre zu einer Autorität des europäischen und internationalen Jazz. Im bosnischen Jajce 1931 geboren, lernte Dusko Goykovich die Trompete zunächst im folkloristischen Umfeld seiner Heimat kennen und studierte Anfang der fünfziger Jahre Musik und Philosophie an der Musikhochschule von Belgrad. Bald darauf zog er nach Deutschland und fand schnell Anschluss an die Live-Szene. Mit einem weiteren Studium in Boston verfeinerte Goykovich seine Kunst und knüpfte Kontakte zu berühmten Bandleadern wie Woody Herman und Maynard Ferguson.