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Personalia 2015/06

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Die Christoph und Stephan Kaske Stiftung vergibt Preise an Erkki-Sven Tüür und Carlos de Castellarnau +++ Albrecht Goetze, der Gründer des Europäischen Zentrums für Bildung und Kultur in Görlitz-Zgorzelec, ist gestorben +++ Sylvain Cambreling +++ Yojo Christen +++ Leßmann und Kuhn +++ Eberhard Weber

Zwischen Art Rock und der vektoriellen Methode – Die Christoph und Stephan Kaske Stiftung vergibt Preise an Erkki-Sven Tüür und Carlos de Castellarnau

Der mit 7.500 Euro dotierte Preis der Christoph und Stephan Kaske Stiftung geht dieses Jahr an den estnischen Komponisten Erkki-Sven Tüür. Der 1959 geborene Komponist ist ein Kind seiner Zeit: Früh klassisch ausgebildet an der Musikschule Tallinn an Flöte und Perkussion, von 1980 bis 1984 Kompositionsstudent bei Jaan Rääts an der Estnischen Musikakademie in Tallinn sowie privat bei Lepo Sumera, galt seine Liebe stets auch der Rockmusik. Genauer dem damals populären Progressive oder auch Art Rock, etwa von King Crimson, Yes, Emerson Lake and Palmer, Genesis und Frank Zappa. Von 1979 bis 1984 war er Komponist, Flötist, Keyboarder und Sänger des von ihm gegründeten kammermusikalischen Rock­ensembles „In Spe“. Seine musikalische Vielseitigkeit und Offenheit prägte auch seinen weiteren Werdegang. Die Erfolge mit der populären Band in Estland hinderten ihn nicht daran, in Folge Neues zu wagen: Zunächst wurde er Berater bei der estnischen Komponistenvereinigung, später war er musikalischer Direktor am Vanalinnastuudio Theater.

Von 1989 bis 1992 unterrichtete Tüür Komposition an der Estnischen Musikakademie, im Jahr 1992 wagte er den Schritt in die Freiberuflichkeit, der sich als richtig erwies: Die Werke Tüürs werden heute weltweit aufgeführt. Rockmusik streift er nur noch selten, wie etwa bei „Magma“ aus dem Jahr 2002, einem Werk für Schlagzeug und Orchester, das er der schottischen Schlagzeugerin Evelyn Glennie widmete, mit der er häufig zusammenarbeitete.

Tüür benutzt ein breites Spektrum an Kompositionstechniken. Es reicht vom Gregorianischen Choral, Minimalismus, Mikrotonalität, Zwölftönigkeit bis hin zur elektronischen Musik. Seit „Oxymoron“ aus dem Jahr 2003 benutzt Tüür hauptsächlich den Terminus „Vektorielle Methode“, um seine Kompositionstechnik zu beschreiben.

Die Preisübergabe mit Konzert findet am 30. November im Münchner Künstlerhaus statt. Am selben Abend wird dort auch der noch junge „JukeBoxx NewMusic Award“ der Kaske Stiftung an den katalanischen Komponisten Carlos de Castellarnau verliehen. Bei diesem Preis reichen Bewerber ihre Kompositionen über Facebook ein, wo eine Jury eine Vor­auswahl trifft, über die dann die Facebook Community abstimmt.

Nach Peter Köszeghy im Jahr 2014 erhält diesen mit 3.500 Euro dotierten Preis dieses Jahr Carlos de Castellarnau für sein Werk „Fix­acions II“,­ gespielt vom Crossing Lines Ensemble und zu sehen auf Facebook unter „JukeBoxx NewMusic Award“.

Carlos de Castellarnau wurde 1977 in Tarragona geboren und begann sein Musikstudium zunächst als Autodidakt. 2002 begann er ein Gitarrenstudium am Conservatori de Vila-seca um anschließend bei Ramon Humet und später bei Agustí Charles Komposition zu studieren. Castellarnau besuchte Meisterklassen bei Helmut Lachenmann, Salvatore Sciarrino, José María Sánchez-Verdú, Hèctor Parra und Aureliano Cattaneo.

Der Mutmacher vom Meetingpoint Music Messiaen e.V. – Albrecht Goetze, der Gründer des Europäischen Zentrums für Bildung und Kultur in Görlitz-Zgorzelec, ist gestorben

Der Meetingpoint Music Messiaen e.V. in Görlitz-Zgorzelec war sein Lebenswerk. Die dortige Eröffnung des Europäischen Zentrums für Bildung und Kultur war gewissermaßen der Schlussstein in diesem großen Projekt der Verständigung, das Albrecht Goetze über mehr als zehn Jahre vorantrieb. Jetzt ist der 1942 in Leipzig geborene Inspirator nach längerer schwerer Krankheit gestorben. Wie die Familie mitteilte, erlag er bereits am 25. April seinem Leiden.

„Ohne Albrecht Goetze gäbe es das alles nicht“, resümiert Frank Seibel dieses Lebenswerk. Der Vorstandsvorsitzende des Meetingpoint Music Messiaen e.V. erinnerte Mitte Januar zur Eröffnung des Zentrums zu Recht mit großen Worten an ihn: „Albrecht Goetze hat nicht nur Überzeugungsarbeit, er hat Vertrauensarbeit geleistet. Das Charisma, was Albrecht Goetze in einer Person vereint hat, das ist jetzt auf ein Team verteilt.“ Die Arbeit des Meetingpoint geht also weiter, dies war bis zuletzt das wichtigste Anliegen des Ermöglichers, der manchen Zeitgenossen als Besessener galt, so sehr hat er sich für das stets nach vorn gerichtete Gedenken engagiert.

Albrecht Goetze, gelernter Werkzeugmacher, praktizierender Regisseur und Komponist, hat auch selbst stets „nach vorn“ gelebt. Als junger Mann ging er in den Westen und konnte sich dort beispielsweise in Hamburg und München künstlerisch verwirklichen. Im Jahr 2002 brach er radikal mit seinem bisherigen Sein: „Ich wollte dort leben, wo diese Musik entstanden ist!“ Diese Musik, das Quartett auf das Ende der Zeit von Olivier Messiaen, entstanden im Kriegswinter 1940/41 im damaligen Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A am östlichen Stadtrand von Görlitz, hat mitsamt ihrer Entstehungsgeschichte das Leben von Albrecht Goetze grundlegend verändert. Er ging in die Neißestadt und arbeitete an einer Vision, die von Messiaen und dessen Musik inspiriert war. Damit steckte er Mitmacher regelrecht an, bewegte Lokalpolitiker ebenso wie Europa-Abgeordnete, machte sie aufmerksam auf diesen leidgeprägten Ort, an dem eines der bekanntesten Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts entstand.

„Diese Musik ist wie Jazz“, sagte Albrecht Goetze gern. Man könne sich ihr nicht entziehen. Er musste es wissen, denn als er diese Musik zum ersten Mal hörte, war er sofort von ihr infiziert. Diese Besessenheit übertrug sich aber nicht nur auf Mitmacher im Verein und Ermöglicher auf politischer Ebene, Goetze vermochte ebenso überzeugend auf Schulkinder und Studenten zu wirken. Immer wieder führte er kleinere und größere Gruppen über das einstige Lagergelände, das dank der von ihm initiierten internationalen Jugendarbeit mehr und mehr die Form eines würdigen Gedenkortes annahm und schließlich den mit EU-Mitteln errichteten Neubau mitsamt Konzertsaal, Archiv und Ausstellungsräumen erhielt. Es wird für immer mit dem Namen von Albrecht Goetze verbunden sein. [Michael Ernst] www.messiaen.themusicpoint.net

Sylvain Cambreling

Sylvain Cambreling hat seinen Vertrag als Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart bis 2018 verlängert. Opernintendant Jossi Wieler bekräftigt die Erfolge der gemeinsamen Arbeit. Cambreling war 1993 bis 1997 Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt und von 1999 bis 2011 Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Seit 2010 Chefdirigent des Yomiuri Nippon Symphony Orchestra.

Yojo Christen

Der Pianist Yojo Christen aus Altmannstein hat beim Diabelli-Kompositionswettbewerb in München den zweiten Preis der Jury sowie den Publikumspreis gewonnen. Der 18-Jährige stellte  sich einer Konkurrenz von 126 Mitbewerbern. Christen ist ein Schüler von Franz Hummel und hat bereits drei CDs vorgelegt, die jüngste gemeinsam mit dem Cellisten Alexander Suleiman. Derzeit arbeitet er an einer Oper über den türkischen Staatsgründer Atatürk.

Leßmann und Kuhn

Der mit 2.400 Euro dotierte Förderpreis für junge Komponisten und Musikwissenschaftler wird 2015 zu gleichen Teilen an den Musikwissenschaftler Benedikt Leßmann (Leipzig) und an den Komponisten Nicolas Kuhn (Dresden) vergeben. Der Preis wird biennal vom Sächsischen Kulturbund verliehen. Leßmann hatte erst im vergangenen Jahr den Reinhard Schulz Preis für zeitgenössische Musikpublizistik erhalten.

Eberhard Weber

Der deutsche Bassist Eberhard Weber (75) erhält den Jazz-Echo für sein Lebenswerk. Weber habe sich seit den 1960er-Jahren zu einem stilprägenden Individualisten seines Instruments entwickelt, hieß es in der Begründung der Jury. Der in Südfrankreich lebende Musiker hat den Preis am 28. Mai in Hamburg entgegengenommen. Mehr zu Weber sowie zur Preisverleihung in der nmz Juli/August 2015.

 

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