Peter Gläser
Der frühere Sänger der DDR-Rockband Klaus Renft Combo, Peter „Cäsar“ Gläser, ist tot. Wie seine Lebensgefährtin auf seiner Homepage mitteilt, erlag der 59-jährige Leipziger am Donnerstagnachmittag „nach langen schweren Monaten“ einem Krebsleiden.
In jüngerer Zeit musste die Band gleich mehrere Schicksalsschläge verkraften: Texter Gerulf Pannach starb im Mai 1998 an Nierenkrebs. 2005 erlag Gitarrist Peter „Pjotr“ Kschentz dem Lungenkrebs. Im Oktober 2006 starb Bandgründer Klaus Renft an Lymphdrüsenkrebs. Im März 2007 kam Gitarrist Heinz Prüfer bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Die Klaus Renft Combo war in der DDR zuerst in den 60er Jahren, endgültig 1975 verboten worden.
Zum Tode des Komponisten Horatiu Radulescu
Am 25. September 2008 starb der Komponist Horatiu Radulescu nach langer schwerer Krankeit im Alter von 66 Jahren. Der rumänische Universalkünstler galt als einer der wichtigsten Vertreter des Spektralismus. Er hinterlässt ein philosophisch-musikalisches Gesamtwerk, das eine Brücke zwischen rumänischer Volksmusik, fernöstlicher Philosophie und Phänomenologie schlägt. Wenn auch häufig festgestellt wurde, dass Horatiu Radulescu von der Vorstellungswelt eines Edgar Varèse geprägt sei, so stimmt dies nur teilweise und bezieht sich auf die Zeit seines Exils in Frankreich nach 1969, welches ihm, dem in der Zeit des Ceaucescu-Regimes in Bukarest alle künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten genommen waren, zur Heimat wurde. Vielmehr speiste sich sein kreatives Tun im Ursprung aus der in Rumänien zu dieser Zeit noch vollkommen intakten Volksmusik und einer visionären stark theo-philosophisch geprägten Religiosität.
Seine „Theorie über phänomenologische Komposition“, die erstmals sichtbar ausgeführt in seiner Komposition „Flood fort he Eternal’s Origins“ op. 8 für allgemeine Klangquellen (1970) erschien, versucht eine Beschreibung der variablen Aufteilung der spektralen Klangenergie und die Synthese von Klangquellen, insbesondere der mannigfaltigen Welt der Interferenzen zwischen reiner und temperierter Stimmung. Dies führt zu hochkomplexen Firmamenten, die mit Hilfe eines Systems hochrangiger Obertonstrukturen, ja Klanggegenständen auf singuläre Weise geschaffen wurden. Und da sind wir schon bei einer sein weiteres Leben prägenden geistigen Bezugsquelle angekommen, der fernöstlichen Philosophie, insbesondere der des chinesischen Philosophen Laotse. In dieser gründet seine Vorstellung von Zeit und deren musikalischer Organisation, die auf changierende Klangskulpturen ausgerichtet ist, ruhend, fast zum Stillstand kommend, zu allererst in den Klang hineinhorchend, ihn mit dem Ohr und vor allem mit dem Leib erfahrend.
So sehr die spektrale Klanggenese dem zehn Jahre zuvor verstorbenen Gérard Grisey ähnelt, so sehr sind die-se beiden wichtigsten Spektralisten, in dieser Hinsicht beide Jahrhundertfiguren, doch extreme Antipoden. Von Barraqué, Messiaen und Boulez geprägt, verfolgte Grisey, obschon auch er Werke von extremer Länge schuf, in den übrigen Parametern einen durch und durch zentraleuropäischen Ansatz. Als ein Meister der Form, wusste Radulescu seine extrem langen Werke genau durchzustrukturieren. Die Struktur ergibt sich aus dem Konzept der Fortschreitung der Obertonsäulen, die zuweilen auch in horizontale Linien und polyphone Großabschnitte münden können. hf
Ausführlicher Nachruf unter www.nmz.de
Erlebte Musikgeschichte
Zum Tode des Musikpublizisten Detlef Gojowy
Nach langer schwerer Krankheit verstarb am 12. Oktober Detlev Gojowy kurz nach Vollendung seines 74. Lebensjahres. Dies teilte der Kölner Verlag Dohr mit. Gojowy zählte zu den führenden deutschsprachigen Entdeckern und Kennern osteuropäischer, vor allem russischer Komponistinnen und Komponisten.
Detlef Gojowy, geboren am 7. Oktober 1934 in Freital bei Dresden, absolvierte in Dresden die Kreuzschule als Humanistisches Gymnasium, studierte in Ost-, dann in Westberlin Germanistik und Musik an der Musikhochschule Berlin-Charlottenburg, promovierte in Göttingen 1966 bei Heinrich Husmann in Musikwissenschaft über „Moderne Musik in der Sowjetunion bis 1930" mit den Nebenfächern Slawistik und Germanistik.
Nach Tätigkeiten im Schuldienst, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Institut Göttingen und beim Deutschen Musikrat war er zunächst freier Autor, dann Rundfunkredakteur für Neue Musik bei Radio Bremen (1976-78) und am WDR (1978-1997).
Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit waren neben Quellenforschungen zu Johann Sebastian Bach die zeitgenössische Musik in Osteuropa und die frühe Avantgarde. Vortragsreisen und Studienaufenthalte gingen nach Russland, Brasilien, USA, Jugoslawien, Frankreich und die Ukraine. Gojowy plante nicht nur Kongresse in Heidelberg, Dresden, Saarbrücken, Jena, Lovran und Berlin, sondern auch Konzerte zur Ausstellung „Paris-Moscou" 1979. Weiter gestaltete er den Musikteil der Ausstellung „Europa-Europa" der Bundeskunsthalle Bonn 1994. Der Musikpublizist war Korrespondierendes Mitglied im J. G. Herder-Forschungsrat, der Accademia Filarmonica di Bologna, des Arbeitskreises „Glossarium des XX. Jh." der Universität Zagreb, und des Pegnesischen Blumenordens Nürnberg 1644, zeitweise Europabeauftragter des Freien Deutschen Autorenverbandes und dessen Ehrenpräsident. Seine letzte unter zahlreichen Buchveröffentlichungen waren Gojowys Lebenserinnerungen, ergänzt um eine ausführliche Dokumentation. Gojowy schildert ein halbes Jahrhundert europäischer Musikgeschichte, gekonnt zwischen der subjektiven Perspektive des Erzählers und objektiver Fakten-Wahrheit wechselnd. Eine erste große Welle zustimmender Resonanz hat den Autor noch vor seinem Tode erreicht.
Buchtipp:
Detlev Gojowy: Musikstunden. Beobachtungen, Verfolgungen und Chroniken neuer Tonkunst. 704 S., zahlr. Abb., Register, Hardcover, Verlag Dohr Köln 2008.ISBN 978-3-936655-54-4. Euro 39,80
Winrich Hopp neuer Leiter der musica viva
Die Avantgarde-Musikreihe des Bayerischen Rundfunks (BR), musica viva, bekommt einen neuen Leiter. Wie der BR mitteilte, wird der Musikwissenschaftler Winrich Hopp ab 2010 die künstlerische Leitung der Konzertreihe übernehmen. Er folgt auf den Komponisten Udo Zimmermann, der die musica viva seit 1996 betreut. Sein Vertrag läuft Ende 2010 aus. Die musica viva wurde von dem Komponisten Karl Amadeus Hartmann 1945 gegründet und gilt als eine der wichtigsten Reihen für ernste Gegenwartsmusik in Europa. Hopp studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Freiburg im Breisgau, wo er mit einer Arbeit über die Musik von Karlheinz Stockhausen promovierte. Von 1997 bis 2002 war er als Dramaturg mit der Programmplanung und künstlerischen Produktion der musica viva unter Zimmermanns Leitung betraut. 2002 wurde er in den Vorstand der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen berufen. Seit 2006 ist Hopp künstlerischer Leiter des „musikfests berlin“. Das große Orchesterfestival in der Hauptstadt ist aus den traditionsreichen Berliner Festwochen hervorgegangen und findet jedes Jahr im September statt.
Liederpreis 2008 für Hans-Eckardt Wenzel
Für seinen Titel „Tausend Tode“ aus der aktuellen CD „Glaubt nie, was ich singe“ bekommt Wenzel den Liederpreis 2008 der Liederbestenliste, einer von Jurorinnen und Juroren aus Belgien, Österreich, der Schweiz und Deutschland zusammengestellten monatlichen Hitparade deutschsprachiger Musik. Das Lied des Berliner Künstlers bekam im Wertungszeitraum von Mitte 2007 bis Mitte 2008 über sieben Monate die meisten Punkte der Jury und stand davon sechs Mal auf Platz eins der Liederbestenliste. Vergeben wird der Preis im Rahmen des diesjährigen Liederfests, das am 22. November in der Szene Wien stattfinden wird. Als Gast wird Erika Pluhar, begleitet von Klaus Trabitsch, auftreten. Der Mitschnitt des Preisträgerkonzerts wird zu einem späteren Zeitpunkt im Bayerischen Rundfunk, auf MDR Figaro, im Südwestrundfunk und im Deutschlandradio Kultur gesendet. Zu den bisherigen Trägern des Liederpreises seit 1984 gehören Wolf Biermann, Franz Josef Degenhardt, Gerhard Gundermann, Franz Hohler, Reinhard Mey, Georg Ringsgwandl und Konstantin Wecker. Lesen Sie dazu unser Porträt unter www.nmz.de/artikel/aber-sterben-muss-man-in-wien
Stipendien der Stadt München vergeben
Seit 1980 vergibt die Stadt München Projektstipendien für Musik. Jetzt wurde die Liste mit über 100 geförderten Instrumentlisten und Komponisten wieder um drei Namen erweitert. Die Stadträtin Ingrid Anker zeichnete das Ensemble Zeitsprung, den Blockflötisten Stefan Temmingh und den Komponisten Atac Sezer aus. Im Rahmen des Festkonzerts wusste vor allem dessen Präludium „Peschrev“ für Ney, E-Bassgitarre und Elektronik zu überzeugen. Kennzeichnend für die Arbeit des 1979 in Istanbul geborenen Komponisten ist die Kombination von Musikinstrumenten türkischer Provenienz mit westlichem Instrumentarium. Diesen Ansatz verfolgt auch sein mit dem Musikstipendium gefördertes Arbeitsvorhaben. Das Ensemble Zeitsprung ist den Münchner Konzertgängern, die sich für die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts interessieren schon seit 2006 ein Begriff. Jetzt würdigte das Kulturreferat die kontinuierliche Arbeit und die außergewöhnlichen Konzertprogramme des jungen Ensembles. Der südafrikanisch- holländische Blockflötist Stefan Temmingh studierte in München bei Markus Zahnhausen und später bei Michael Schneider in Frankfurt. In München ist er seit vielen Jahren fester Bestandteil der Neue-Musik-Szene und hat bereits zahlreiche Uraufführungen gespielt. Den Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis erhielt dieses Jahr das Musik- und Performanceprojekt Elektra Volksbad, das zur Zeit an einer 70-minütigen Pop- Performance arbeitet.
Neben den Musikstipendien gibt es jedes Jahr auch Stipendien für Bildende Kunst. Diese gingen an die Aktionskünstlerin Veronika Dimke, Lisa Erb, Nikolai Vogel, Silke Markefka und Peggy Meinfelder. Den Leonhard und Ida-Wolf-Gedächtnispreis für ein Reiseprojekt nach Cernowitz in der Ukraine erhielten die Arbeiten von Susanne Hanus.
Giga-Hertz-Preis 2008 an Trevor Wishart
Der britische Komponist Trevor Wishart erhält den mit 15.000 Euro dotierten Giga-Hertz-Preis 2008 für elektronische Musik. Er bekomme den Preis für „seine Originalität, seine musikinformatischen Entwicklungen und sein vielfältiges Oeuvre“, hieß es in der Begründung der Jury.
Der Preis wird am 29. November im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) Karlsruhe überreicht. Der 1946 in Leeds geborene Wishart ist Komponist elektronischer Musik, deren Software er selbst entwickelt. Er lebt und arbeitet in Australien, Kanada, Deutschland, Holland, Schweden, in den USA und an verschiedenen englischen Universitäten. Das Ausgangsmaterial für seine Werke bildet oft die eigene Stimme.
Die vier mit je 8.000 Euro dotierten Produktionspreise erhalten die in Oslo lebende Komponistin Natasha Barrett, Dai Fujikura aus London, der Portugiese Joao Pedro Paiva de Oliveira und Åke Parmerud aus Schweden. Die Produktionspreise sind Stipendien, mit denen die Künstler ihre eingereichten Projekte am ZKM realisieren können.
Der Giga-Hertz-Preis wird alljährlich an Komponisten elektronischer Musik vergeben.
Joachim Harbich verstärkt GEMA
Die GEMA hat wieder einen neuen Marketingchef: Ab Anfang November übernimmt Joachim Harbich am GEMA-Stammsitz in München die Leitung der Direktion Marketing. Die Urheberorganisation legt ihre Geschicke damit in die Hände eines erfahrenen Managers aus dem Musikgeschäft. Harbich tritt die Nachfolge von Henrik Hörning an, der diese Direktion aufbaute, die Verwertungsgesellschaft allerdings bereits im Mai wieder verlassen hat.
GEMA-Vorstandsvorsitzender Harald Heker erklärte, aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen sei Harbich „der optimale Kandidat für diesen strategisch wichtigen Bereich“. Der Ausbau der Direktion Marketing sei Teil der Neuausrichtung der GEMA, die der deutschen Autorengesellschaft für Musik bei sich schnell verändernden Rahmenbedingungen auch künftig eine positive Wachstumsperspektive sichern soll. Der studierte Betriebswirt Harbich begann seine Laufbahn im Musikgeschäft 1993 und wechselte nach fünf Jahren als Marketing-Direktor bei der Stuttgarter Tonträgerfirma Intercord 1998 als Leiter A&R/Marketing und Geschäftsführer der Polymedia Marketing Group zu Polydor. Ab 2002 war Harbich bei edel als Managing Director edel media & entertainment und edel records tätig und legte 2007 eine Zwischenstation bei der Kölner EMI ein, bevor er zuletzt von Anfang 2008 an für nur acht Monate als CEO für Membran International tätig war.
Meister des Arrangements
Am 11. Oktober verstarb im Alter von 85 Jahren Neal Hefti, der die Swing und Moderne Jazz Szene lange Jahre mitgeprägt hat. Bereits in der High School schrieb er seine ersten Arrangements für Nat Towles. Nachdem er in den 40-er Jahren mit zahlreichen namhaften Jazzmusikern zusammengearbeitet hatte, leitete er ab 1952 selbst einige Bands unter anderem auf dem Gebiet der volkstümlichen Schlagermusik. Anfang der Sechziger verfasste Hefti auch zahlreiche Arrangements für Schul- und Collegebands und wurde in Los Angeles vor allem als Komponist von Filmmusiken berühmt („Harlow“, „Duel at Diablo“). 1961 nahm er mit Sinatra die Alben „Sinatra and Swingin’ Brass“ und „Sinatra-Basie: An Historic Musical First“ auf. Er wurde mehrfach für den Grammy nominiert und erhielt den Preis gleich dreimal: zweimal als Komponist für Count Basie und einmal als Komponist der Fernsehserie „Batman“.
Zwei Preise für Johannes Klumpp
Der Dirigent Johannes Klumpp hat sich im Finale des 4. Hochschulwettbewerbs Dirigieren durchgesetzt: Die Jury sprach ihm den mit 5.000 Euro dotierten 1. Preis zu. Zusätzlich gewann er den Sonderpreis für die beste Begleitung eines Solo-Konzerts. Im Finalkonzert im Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt konnte der 28-jährige gebürtige Stuttgarter, der zur Zeit sein Konzertexamen an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar bei den Professoren Nicolás Pasquet und Gunter Kahlert absolviert, mit seiner Leitung des Konzerthausorchesters überzeugen. Ins Finale geschafft hatten es auch Kosuke Tsunoda (2. Preis, 3.500 Euro) und Seokwon Hong (3. Preis, 2.000 Euro), beide von der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Allen drei Preisträgern winken nun Anschlusskonzerte und eine Förderung durch das Dirigentenforum des Deutschen Musikrats.
Callas‘ Tenor
Wie die Mailänder Scala mitteilte, starb am 19. Oktober der italienische Tenor Gianni Raimondi im Alter von 85 Jahren. Er galt als Maria Callas' liebster Gesangspartner: Niemand hatte laut dem Opernhaus häufiger mit der legendären Sopranistin Callas (1923-1977) auf der Bühne gestanden. Raimondi trat insgesamt 270-mal an der Scala auf, darunter auch 1956 in Luchino Viscontis Inszenierung von „La Traviata“ mit Callas als Violetta.
Die Scala würdigte Raimondi als eine der größten Stimmen in der Geschichte des Hauses. Der 1923 in Bologna geborene Tenor hatte mit so berühmten Dirigenten wie Herbert von Karajan, Carlo Maria Giulini und Claudio Abbado zusammengearbeitet. Er stand unter anderem in Wien, Berlin, London, New York und Buenos Aires auf der Bühne. 1969 bis 1977 war er an der Staatsoper in Hamburg engagiert.