Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht werden.
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht werden.Mimi FarinaSeit Mitte der Sixties war sie eine Folklegende, Mimi Farina. Zusammen mit ihrem Mann Richard Farina hatte die Schwester von Joan Baez bei „Vanguard“ zwei Alben aufgenommen, „Celebrations for a Gray Day“ und „Reflections in a Crystal Mind“; als ein tödlicher Zwischenfall die kongeniale Partnerschaft beendete, Richard Farinas mysteriöser Motorradunfall am 30. April 1966. Später widmete ihm Thomas Pynchon seinen amerikanischen Jahrhundertroman „Gravity’s Rainbow“. Genau drei Monate später entkam Bob Dylan bei einem Motorradunfall knapp dem Tod. Farinas erste Frau, Carolyn Hester, hatte Dylan seinen Plattenvertrag mit „Columbia Records“ verschafft. Mimi Farina schloss sich danach eine Zeit lang einem politischen Kabarett an, bis sie 1974 zu ihrer wahren Berufung fand, als Gründerin der Non-Profit-Organization „Bread and Roses“. Ge- wissermaßen als musikalische Sozialarbeiterin organisierte sie dort Konzerte für Drogenabhängige, Psychiatrische Anstalten oder Obdachlosenheime. Mimi Farina starb am 18. Juli im Alter von 56 Jahren an Krebs. vr
Arthur Dangel 70
Am 17. September ist der Komponist Arthur Dangel 70 Jahre alt geworden. 1931 in Schwäbisch Gmünd geboren, studierte Dangel zunächst in der Fachrichtung Schulmusik bei Jürgen Uhde (Klavier) und Johann Nepomuk David (Tonsatz, Kontrapunkt und Komposition). Sein Kompositionsstudium setzte er bei Wolfgang Fortner in Freiburg fort. 1965 erhielt Arthur Dangel für sein „Streichquartett op. 19“ den Förderpreis der Stadt Stuttgart für junge Komponisten. In den vergangenen Jahrzehnten haben namhafte Künstler Werke Dangels aufgeführt, zum Beispiel Helmuth Rilling und Frieder Bernius. Besonders interessant in der Verbindung zu Literatur und bildender Kunst sind sein Ingeborg-Bachmann- oder Else-Lasker-Schüler-Zyklus. gm
Belmont-Preisan Boffard
Der 1999 erstmals vergebene Belmont-Preis für zeitgenössische Musik der Forberg-Schneider-Stiftung geht in diesem Jahr an den 1964 geborenen, in Paris lebenden Pianisten Florent Boffard. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis der 1997 in Frankfurt am Main gegründeten Privatstiftung ist einer der höchstdotierten für künstlerisches Schaffen in Europa und wird abwechselnd für zeitgenössische Musik und zukunftsweisende Landschaftsgestaltung vergeben. Die Forberg-Schneider Stiftung überreicht Boffard den diesjährigen Preis am 5. November bei den Römerbad-Musiktagen, Badenweiler.
Drei Unterschriften in Berlin
Berlins neuer Kultursenatorin auf Zeit, Adrienne Goehler, gelang der dreifache Unterschriftensalto: Sir Simon Rattle unterschrieb, nach langem Zögern, als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Daniel Barenboim verlängerte seinen Chefdirigentenvertrag an der Lindenoper. Und sein neuer Intendant heißt Peter Mussbach (unser Bild). Mussbach ist einer der profiliertesten Opernregisseure des internationalen Musiktheaters. Gerade hatte an der Pariser Nationaloper seine Inszenierung von Lachenmanns „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ Premiere, in einer Koproduktion mit der Stuttgarter Oper, wohin die Aufführung anschließend übersiedelt. In Berlin muss Mussbach allerdings weniger Regie führen als das Haus künstlerisch und administrativ leiten. Neuer Schwung könnte dem recht träge wirkenden Opernhaus Unter den Linden nicht schaden. Mit Mussbach an der Lindenoper und Udo Zimmermann als Intendanten der Deutschen Oper dürfte die oft ziemlich diffus wirkende Berliner Opernszene wieder schärferes Profil und programmatische Vielfalt gewinnen.
Hans Ulrich Engelmann 80
Stadt, Internationales Musikinstitut, Staatstheater und Akademie für Tonkunst, alles mit dem Zusatz Darmstadt, veranstalteten zum achtzigsten Geburtstag des Darmstädter Komponisten Hans Ulrich Engelmann einen Festakt im Kleinen Haus des Staatstheaters. Engelmann, am 8. September 1921 in Darmstadt geboren, studierte Architektur, bis er vom legendären Wolfgang Steinecke „verführt“ wurde, einmal die Kranichsteiner Ferienkurse zu besuchen. Fortan widmete sich Engelmann nur der Musik, studierte Komposition (bei Fortner) und Musikwissenschaft und arbeitete als Dozent an vielen Musikhochschulen, unter anderem in Tel Aviv, Jerusalem, an der Columbia University Missouri sowie in Frankfurt am Main. Der Komponist Engelmann präsentierte sich bei der Feier mit seiner Jazz-Suite „Black Invocations“ (1949/1994 überarbeitet), der „Chiacona“ für Kammerorchester (1993) und „per Luigi“ (1996). In der Suite dominiert auch in der neuen Fassung ein beeindruckend vitaler Gestus, in den beiden späten Stücken eine verfeinerte Klangstrukturierung. Man möchte diesen und anderen Werken Hans Ulrich Engelmanns gern öfter in unseren Konzertsälen begegnen, auch wieder einmal seiner Kammeroper „Ophelia 69“, einem frühen Beispiel des Musik-Aktions-Theaters. Zwölftontechnik, Serialismus, Musique concrète und Aleatorik, Jazzidiome und Elektronik – der Komponist verstand es, diese Ausdrucksmittel virtuos anzuwenden und zu einem vitalen Personalstil zu verschmelzen. gr
Gegen die Theaterwindmühlen
Dem Opernregisseur Harro Dicks zum neunzigsten Geburtstag
In den fünfundzwanzig Jahren, die er als Oberspielleiter der Oper in Darmstadt verbrachte – zehn unter Gustav Rudolf Sellner, der ihn 1951 aus Frankfurt holte, zehn unter Gerhard F. Hering, fünf unter Günther Beelitz – hat Harro Dicks in der Orangerie, wo das früher als Landestheater Darmstadt firmierende Hessische Staatstheater Darmstadt nach dem Krieg provisorisch untergebracht war, mehr als siebzig Ur- und deutsche Erstaufführungen herausgebracht, eine wohl singuläre Leistung, im gegenwärtigen Opernbetrieb sicher kaum zu wiederholen. Der von Dicks entwickelte Orangerie-Stil basierte auf äußerster Verknappung und Konzentration auf den Kern des jeweiligen Werkes. Wirksam wurden vor allem die expressiven Innenspannungen, die psychischen Beziehungen zwischen den Figuren, die zugleich spannungsvoll mit dem jeweiligen Bühnen-Raum korrespondierten. Wer die unendliche Liste des Dicks-Repertoires für Darmstadt noch einmal nachliest, den befällt neben dem Staunen auch Bekümmernis: Wie einfallslos und gedankenlos doch die Musiktheater geworden sind, wie vieler kostbarer Miniaturen und Raritäten man sich doch wieder einmal erinnern könnte. Krenek, Hindemith, Honegger, Milhaud, Berio, Dallapiccola, Henze und Reimann, Isang Yun, Nono, Britten – alle diese Namen und noch viele andere mehr tauchten schon zu Dicks Zeiten in den Darmstädter Spielplänen auf.
In der Saison 1991 nahm Harro Dicks Abschied vom Regiepult mit Massenets „Don Quichotte“. Viermal hat Dicks diese Oper im Laufe seines Lebens inszeniert. Den Kampf des Ritters von der traurigen Gestalt gegen die Windmühlenflügel begriff Harro Dicks als persönliches Symbol: Ist nicht auch das Leben und die Arbeit eines Theaterkünstlers ein unablässiger Kampf gegen die im Theater besonders resistente „Materie“ des Betriebs, gegen Unvollkommenheit und Vergänglichkeit? In Anbetracht dieser Widerstände hat Harro Dicks erstaunlich viel „Kunst“ hervorgebracht. Seine Darmstädter Zeit darf weiterhin als vorbildhaft für ein lebendiges, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen verpflichteten Musiktheaters gelten. Am 3. Oktober 2001 kann die Musikwelt Harro Dicks’ 90. Geburtstag feiern. [Gerhard Rohde]