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In den 90er Jahren war das Berliner Metropol «seine Bühne». Nun, da dem traditionsreichen Operettentheater der Abriss droht, sorgte René Kollo noch einmal für Aufsehen: mit Andeutungen, dass er sich hinter den Kulissen stark mache für den Erhalt der Bühne in der Berliner Friedrichstraße.
Berlin (ddp-bln). Schließlich seien dort Werke seines Großvaters Walter (1878-1940) und seines Vaters Willi Kollo (1904-1988) aufgeführt worden. Am Mittwoch feiert der Spross der Musikerdynastie, der heute mit seiner Familie auf Mallorca lebt, 65. Geburtstag.Das Metropol-Theater war von Kollo als Intendant 1997 in den Konkurs und damit an das künstlerische Ende geführt worden. Nach der Insolvenz behauptete Kollo mehrfach, vom Berliner Senat bewusst in diese Situation hinein getrieben worden zu sein, um so - nach der Privatisierung des Hauses - das eigentlich unkündbare Ensemble los zu werden. Unrühmlich war dieses Resultat für beide Seiten: den Sänger wie die Stadt Berlin, in der René Kollo geboren wurde und wo die Deutsche Oper eine wichtige Station seines Wirkens wurde.
Begonnen hatte der als herausragender Wagner-Tenor gerühmte Kollo als Schlagersänger. Ab 1954 erlernte er als Autodidakt Schlagzeug, Kontrabass, Klavier und Gitarre, und von 1958 bis 1965 studierte er bei der Berliner Opernsängerin Elsa Varena Gesang. Schon 1959 unterzeichnete er seinen ersten Plattenvertrag. Seit Hit «Hallo, Mary Loo» erreichte auf Anhieb eine Auflage von 125 000 Exemplaren.
Im Opernfach begann Kollo 1965 am Braunschweiger Staatstheater zunächst als lyrischer Tenor. Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf/Duisburg war 1967 seine nächste Station. Zwei Jahre später holte ihn Wolfgang Wagner bereits nach Bayreuth, für die lyrische Partie des Steuermanns im «Fliegenden Holländer» und eine Mini-Rolle in den «Meistersingern». Dies wurde das Fundament für Kollos künftige Entwicklung zum Heldentenor, vor allem im Wagner-Fach. Immerhin verpflichtete ihn Georg Solti schon im Folgejahr als Tannhäuser für eine Schallplatten-Gesamtaufnahme, 1971 holte ihn die Wiener Staatsoper als Parsifal, in Bayreuth sang er den Lohengrin. Zwei Jahre später stand er dort als «Meistersinger»-Stolzing auf der Bühne.
International sorgte Kollo mit Gastspielen bei den Salzburger Osterfestspielen unter Herbert von Karajan, in der New Yorker Carnegie Hall unter Solti, in Covent Garden London unter Colin Davis und an der New Yorker Met für Aufsehen. Sein Repertoire erweiterte sich über Wagner hinaus. Wien - unter Leonard Bernstein - holte ihn als Florestan in Beethovens «Fidelio», New York - unter James Levine - als Bacchus in Strauss\' «Ariadne auf Naxos». An der Deutschen Oper Berlin stand Kollo als José in Bizets «Carmen» und in Verdis «Otello» auf der Bühne, in Paris als Kaiser in Strauss\' «Die Frau ohne Schatten». An der Mailänder Scala war er 1981 unter Claudio Abbado in der Giorgio-Strehler-Inszenierung Lohengrin. Gelegentlich inszenierte Kollo auch selbst.
Eingedenk der Familientradition hat Kollo auch viel Operette gesungen: nicht nur auf der Bühne, sondern auch für Schallplatteneinspielungen und bei Fernseh- Auftritten. Ab 1977 hatte er eine eigene TV-Reihe: «Ich lade gern mir Gäste ein». Dabei reichte die Spannweite von Leo Fall und Franz von Suppé über Johann Strauß und Jacques Offenbach bis zu «Wie einst im Mai» von Großvater Walter Kollo. Nach der Wende kam er zunächst als Sängerdarsteller-Gast ans Berliner Metropol-Theater, bevor er dessen glückloser Intendant wurde. Was von einem großen Sängerleben bleibt, ist eine Fülle bedeutender Platten- und CD- Aufnahmen, darunter etliche Opern-Gesamteinspielungen unter namhaften Dirigenten.
Klaus Klingbeil