Madrid/Berlin - Mit Götz Friedrich studierte er den legendären Berliner «Ring des Nibelungen» ein: Jesús López Cobos zählte zu den prägenden Operndirigenten seiner Zeit. Er war in der Oper und den Sinfonien gleichsam zuhause und ein Dirigent von Welt: Der Spanier Jesús López Cobos, der fast ein Jahrzehnt Generalmusikdirektor der Deutsche Oper Berlin war, ist tot.
López Cobos starb am Freitag im Alter von 78 Jahren in Berlin, wie die Deutsche Oper bestätigte. Er war an Krebs erkrankt. Das Management des Musikers, Conciertos Vitoria, teilte auf Twitter mit, López Cobos solle in seiner Geburtsstadt Toro rund 250 Kilometer nordwestlich von Madrid beigesetzt werden.
Wie etwa Pilar Lorengar, Montserrat Caballé oder José Carreras zählt López Cobos zu den großen Namen der spanischen Klassikwelt. Sehr früh erwies sich das musikalische Talent des Spaniers. Obwohl er als Kind nie regulären Musikunterricht genossen hatte, dirigierte er nach dem Philosophie-Studium Anfang der 1960er Jahre in Madrid den Universitätschor. Er wandte sich dann dem Dirigierstudium zu, lernte zunächst bei Franco Ferrara in Italien und Hans Swarowsky in Wien und gewann den renommierten Besançon-Wettbewerb. Sein Debüt feierte er im Teatro La Fenice in Venedig.
«Noblesse und Souveränität, Vielseitigkeit und unbeirrbare Ernsthaftigkeit der künstlerischen Arbeit», beschrieb die Deutsche Oper Berlin den Dirigenten in einer Würdigung. Er sei zeitlebens das Gegenteil eines glamourösen Pultstars gewesen.
López Cobos stand immer wieder vor den großen Ensembles, etwa den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouw Orchestra Amsterdam, dem London Symphony Orchester oder den Wiener Philharmonikern. Regelmäßig wechselte er zwischen dem Orchestergraben in der Oper und den Podien der Konzertsäle. Er trat in der Mailänder Scala auf, in Londons Opernhaus Covent Garden oder der «Met» in New York.
Seine wichtigste Station dürfte aber seine Berliner Zeit gewesen sein. Die Stadt wurde später seine zweite Heimat. Das knappe Jahrzehnt ab 1981 aber, als López Cobos mit dem Intendanten und Regisseur Götz Friedrich zusammenarbeitete, war äußerst produktiv, wenn auch nicht frei von Spannungen.
Der Dirigent war gerade 40 geworden, und Friedrich strebte eine Erneuerung des Musiktheaters an. Das wohl wichtigste Ergebnis dieser Zusammenarbeit war der «Ring des Nibelungen», den Friedrich mit dem Spanier einstudierte. Friedrichs «Tunnel-Inszenierung gilt heute als wegweisend und blieb mehr als 30 Jahre auf dem Programm.
Auch Operetten gehörten zu seinem Repertoire, etwa Offenbachs «Orpheus in der Unterwelt», und Stücke wie Meyerbeers «Die Hugenotten», Bergs «Lulu» und Verdis «Macht des Schicksals». Nach dem Ende seiner Berliner Zeit widmete sich López Cobos beim Cincinnati Symphony Orchestra und dem Kammerorchester Lausanne dem sinfonischen Repertoire, bevor er 2003 als Musikdirektor des Teatro Real Madrid wieder eine Position in der Oper übernahm. In Berlin kehrte er regelmäßig ans Pult zurück.
Als erster Dirigent erhielt Jesús López Cobos den Prinz-von-Asturien Preis der Künste, er war Ehrenmitglied der Oper in Berlin und erhielt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.