Neuer Streit um Künstlersozialversicherung - Einige Länder wollen Absicherung für Freiberufler abschaffen - Neumann sagt Nein.
Berlin (ddp). Die Künstlersozialversicherung sorgt erneut für Streit: Mehrere Bundesländer wollen die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für freiberufliche Künstler und Publizisten abschaffen oder zumindest «unternehmerfreundlich» reformieren. Dies geht aus einer Empfehlung zum «Entwurf des Dritten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere der mittelständischen Wirtschaft» hervor, über die im Bundesrat am 19. September abgestimmt wird. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) lehnte den Vorstoß am Dienstag «entschieden ab». Er betonte: «Die Künstlersozialversicherung ist eine unverzichtbare Einrichtung und eine der Grundlagen für die Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland.» Es gehe bei der Künstlersozialversicherung nicht nur um die Absicherung für den einzelnen Künstler, sondern «auch um die Zukunft Deutschlands als Standort der Kreativ- und Kulturwirtschaft».
Laut Bundesrat haben sich der Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Finanzausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten für eine Abschaffung der Künstlersozialversicherung ausgesprochen. Konkret heißt es: «Der Aufwand bei der Feststellung der Abgabenpflicht und bei der Durchführung des Verfahrens, die verstärkten Kontrollen durch die Deutsche Rentenversicherung bei der Ermittlung der abgabepflichtigen Unternehmen sowie die Verpflichtung zur Beantwortung eines mehrseitigen Fragebogens führen zu einer großen Bürokratie.» Nach Angaben des Deutschen Kulturrates vom Dienstag geht der Antrag zurück auf eine Initiative von Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Der Kulturrat forderte die Ministerpräsidenten auf, der Empfehlung nicht zuzustimmen. Die Künstlersozialversicherung abzuschaffen bedeute, dass die Mehrzahl der Künstler weder eine Kranken- noch eine Pflege- oder Rentenversicherung hätten. Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 12 616 Euro sei eine private Absicherung nicht möglich.
Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann sagte: «In Wirklichkeit geht es den sieben Bundesländern darum, die abgabepflichtigen Unternehmen und öffentlichen Körperschaften auf Kosten der Künstler von ihren Sozialversicherungspflichten zu befreien.» Der Generalsekretär des Deutschen Musikrates, Christian Höppner, sagte, die Künstlersozialversicherung gehöre mit »zu den Voraussetzungen für ein kreatives Schaffen».
Die 1983 gegründete Künstlersozialversicherung finanziert sich zu rund 50 Prozent durch die Beiträge der Versicherten, zu 20 Prozent durch einen Bundeszuschuss und zu 30 Prozent durch eine Abgabe der Kunst und Publizistik verwertenden Unternehmen. Derzeit sind rund 160 000 Mitglieder in der Künstlersozialkasse versichert.
Nadine Emmerich (ddp)