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Theater-Dämmerung in Berlin - Castorf und Peymann treten ab. Foto: Hufner
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Theater-Dämmerung in Berlin - Castorf und Peymann treten ab

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Berlin - Abschied von zwei Giganten des Berliner Theaterlebens: Zum letzten Mal hebt sich für Frank Castorf und Claus Peymann der Vorhang an ihren angestammten Häusern. Ihre Widerspenstigkeit war berühmt und berüchtigt. Jetzt geht in Berlin die Ära zweier ungleicher, genialischer Theaterpatriarchen zu Ende. Beide laden am Wochenende ihre Fans zu ihren ultimativ letzten Vorstellungen ein.

 

Nach 25 Jahren verabschiedet sich Castorf am Samstagabend als Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg Platz. «Für viele, für die in den letzten Jahrzehnten die Volksbühne ein Teil ihres Lebens war, bricht eine Welt zusammen», prophezeit das Theater in einer seiner letzten Mitteilungen unter der Ägide von Castorf.

Castorf wird zur neuen Spielzeit vom umstrittenen belgischen Kulturmanager Chris Dercon abgelöst, gegen den sich die bisherige Volksbühnen-Mannschaft unter anderem mit einem offenen Brief wehrte. «Dieser Intendantenwechsel ist keine freundliche Übernahme», hieß es darin. Jetzt soll der Abschied von den «guten alten Zeiten» zelebriert werden.

Zum letzten Mal wird Castorfs Inszenierung von Ibsens «Baumeister Solness» gezeigt - mit Schauspielern wie Kathrin Angerer und Marc Hosemann. Die schon am Nachmittag beginnende, seit langem ausverkaufte Vorstellung wird per Video auch ins Foyer der Volksbühne übertragen.

Nach Ende der vierstündigen Aufführung wird vor dem Theater gefeiert. «Ein großes Straßenfest soll das werden an einer langen Tafel, die von der Volksbühne bis fast zum Alexanderplatz reicht», kündigte das Theater an.

Der 65-jährige Castorf selbst verschwindet mit seinen Arbeiten aber natürlich nicht gänzlich aus der Stadt. Er wird seine Berliner Premieren künftig am Berliner Ensemble (BE) feiern - an der Bühne seines langjährigen Anitpoden Claus Peymann.

Dieser Coup gelang Oliver Reese, der den gerade 80 Jahre alt gewordenen Peymann als BE-Intendant ablöst. Nach 18 Jahren räumt Peymann seinen Chefsessel nur widerwillig. Gegen seinen Nachfolger Reese, der vom Schauspiel Frankfurt kommt, teilte er kräftig aus und sprach ihm die Kompetenz zur Leitung des Berliner Ensembles ab.

«Der Abschied» heißt dort am Sonntagabend schlicht die letzte Vorstellung unter Peymanns Leitung. Der leidenschaftliche Theatermacher schart noch einmal seine Künstler und viele prominente Gäste um sich. Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer, Cornelia Froboess, Carmen-Maja Antoni, Meike Droste und Sabin Tambrea werden auftreten.

Auch Herbert Grönemeyer kommt zur Peymann-Verabschiedung. Der Sänger und Komponist brachte am Berliner Ensemble zusammen mit US-Regisseur Robert Wilson gefeierte Versionen von Goethes «Faust» und Büchners «Leonce und Lena» auf die Bühne. Nina Hagen, die immer wieder im Berliner Ensemble auftrat, wird ebenfalls erwartet. «Am Ende gibt es auch ein Feuerwerk, das ich privat finanziere», kündigte Peymann an.

Im September hebt sich dann an der Volksbühne und am Berliner Ensemble wieder der Vorhang - und die neuen Intendanten Chris Dercon und Oliver Reese müssen zeigen, ob sie die großen Fußstapfen ihrer Vorgänger ausfüllen können.

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