Berlin - Mit spektakulären Videoclips für Rammstein und Madonna, mit Werbeaufnahmen für große Firmen und zuletzt auch mit Kinofilmen («Nordwand») hat sich Regisseur Philipp Stölzl einen Namen gemacht. Vor fünf Jahren entdeckte er dann seine Liebe zur Oper und hat seither an großen Bühnen wie Basel und bei den Salzburger Festspielen inszeniert. Jetzt zeigt der 42-jährige Sohn des ehemaligen Berliner Kultursenators Christoph Stölzl seine erste Inszenierung in seiner Heimatstadt Berlin.
«Durch die Musikvideos habe ich mich sehr viel mit der Umsetzung von Musik in Bildern und Erzählung beschäftigt, da ist der Schritt zur Oper gedanklich eigentlich nur noch klein», sagt Stölzl im ddp-Gespräch. Zu sehen ist am 24. Januar an der Deutschen Oper das selten gespielte Frühwerk Richard Wagners, «Rienzi».
Seine berufliche Laufbahn begann der 1967 in München geborene Stölzl am Theater als Bühnenbildner für Regisseure wie Armin Petras und Thomas Langhoff. Neugier auf Neues brachte ihn dann Ende der 1990er Jahre mit der damals boomenden Musikvideo-Branche zusammen. Erst als Ausstatter, dann als Regisseur machte er schnell Karriere. Mit dem Video zu Rammsteins «Du hast», schwarz-weiß gedreht und stilistisch beeinflusst von Leni Riefenstahls Olympia-Filmen aus den 1930er Jahren und daher auch angefeindet, gelang Stölzl der Durchbruch.
Es folgten Arbeiten für viele nationale und internationale Acts wie «American Pie» für Madonna oder das Musikvideo zum James-Bond-Titelsong «The world ist not enough», Werbespots für große Marken und schließlich 2001 der Schritt zum Film. Nach einem Kurzfilm gab Stölzl sein Kinodebüt mit der Tragikomödie «Baby».
Als sein Freund, Opernregisseur Sebastian Baumgarten, ihn für ein Engagement nach Meiningen holte, war es um Stölzl geschehen. «Ich hab' in der Provinz den 'Freischütz' gemacht und sofort Feuer gefangen. Das war vor fünf Jahren.» Seitdem inszeniert er einmal pro Jahr, wird von den großen Bühnen gebucht. Heute nennt er seine Opernarbeit einen «wunderbaren Zweitberuf». «Mein Repertoire ist allerdings ziemlich auf das 19. Jahrhundert beschränkt, muss ich zugeben.»
Da er sich in der Opernregie nach wie vor fast noch als Neuling empfindet, habe er sich seine Zuschauersicht auf die Werke bewahrt, sagt Stölzl. «Für mich als Zuschauer muss ein Werk nicht immer unbedingt neu gedeutet und aktualisiert sein. Altmodisch und musikalisch toll, ist auch gut», bekennt er. So haben es ihm tonangebende Regisseure wie Stefan Herheim und Peter Konwitschny ebenso angetan wie die alte Inszenierungen von Götz Friedrich an der Deutschen Oper Berlin. Seine Sicht auf Oper sei fast ein bisschen konservativ.
Künstlerischen Mut beweist der 42-Jährige mit seiner «Rienzi»-Inszenierung, hat er doch das ursprünglich fünfeinhalb Stunden lange Monumentalwerk auf zuschauerfreundliche zweieinhalb Stunden gekürzt. «Üblicherweise wird die Oper auf dreieinhalb Stunden zusammengekürzt. Das musikalische Material ist eben nicht durchgehend stark. Wir haben uns deshalb entschlossen, eine sehr, sehr schlanke Fassung herzustellen», sagt er. «Ein ziemlicher Short-cut also.» Trotzdem soll alles drin geblieben sein, was musikalisch von Belang ist, verspricht er. «Zudem ist die Oper im zweiten Teil deutlich spannender und düsterer und ich möchte vermeiden, dass die Zuschauer schon ermüdet sind, wenn wir dort ankommen.»
Kurz vor Probenbeginn an der Deutschen Oper hat Stölzl seine Regiearbeit an seinem neuen großen Kinofilm beendet: «Goethe!». Darin will er in einer Mischung aus Dichtung und Wahrheit die Sturm-und Drang-Phase des Dichters entstauben. Das Pendeln zwischen den Welten Oper und Kinofilm genießt der Regisseur: «Film und Bühne sind von der Arbeitsweise so wahnsinnig verschieden, dass ich sie immer frisch für mich entdecken kann und es wenig Abnutzungserscheinungen gibt.» Wenn nur die Terminprobleme nicht wären. Im Oktober wird er am Stuttgarter Opernhaus die «Fledermaus» inszenieren, und dann ist erst mal nichts Weiteres festgemacht. «Ich habe mehrere große und tolle Kinofilmprojekte für die nächsten Jahre», sagt er. Und vielleicht fragt dann ja auch mal Bayreuth an.
Premiere in der Deutschen Oper Berlin:
Sonntag, 24.01.2010, 18:00 Uhr
Weitere Termine in der Spielzeit 2009|2010:
30. Januar 2010
07., 10. Februar 2010
05., 11. April 2010
Wagner-Wochen an der Deutschen Oper Berlin
Noch bis 21. Februar sind neben «Rienzi» auch «Tannhäuser», «Lohengrin», «Der fliegende Holländer» sowie «Die Meistersinger von Nürnberg» auf der Bühne des größten der drei Berliner Opernhäuser zu erleben. Mit von der Partie sind internationale Opernstars wie Waltraud Meier, Klaus Florian Vogt, Ben Heppner und Stephen Gould. Am Dirigentenpult stehen neben Jurowski auch Ulf Schirmer, Michael Schönwandt, Jacques Lacombe und Stefan Anton Reck. Zwei weitere «Rienzi»-Termine gibt es im April. Ab 17. April steht dann Wagners Opus Magnum, «Der Ring des Nibelungen», mit zwei Zyklen auf dem Spielplan.