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Weltstar seit Jahrzehnten - Ausnahmegeigerin Anne-Sophie Mutter wird 50

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Ihre Weltkarriere begann in einem Alter, in dem andere die Pubertät ausleben: mit 13. Seit dreieinhalb Jahrzehnten begeistert Anne-Sophie Mutter in allen Musikmetropolen der Welt ihre Zuhörer. Morgen (29.6.) wird die Ausnahmegeigerin mit der Passion für die zeitgenössische Musik 50.

München - Zum Feiern hat sie kaum Zeit: Gerade erst ist Anne-Sophie Mutter von einer Asien-Tournee zurückgekehrt, gleich danach nahm sie mit den Berliner Philharmonikern eine neue CD auf - Werke von Antonin Dvorak. Im Sommer folgen Konzerte unter anderem in Luzern, wo ihre Weltkarriere 1976 begann. Da war sie noch ein Kind. Der Dirigent Herbert von Karajan nannte sie ein «Wunder». Seit dreieinhalb Jahrzehnten begeistert die 1963 im badischen Rheinfelden geborene Ausnahmegeigerin ihre Zuhörer auf allen Kontinenten. An diesem Samstag wird Anne-Sophie Mutter 50.

Die attraktive Künstlerin mit den sympathischen Lachgrübchen im Gesicht wuchs zusammen mit ihren beiden älteren Brüdern im Städtchen Wehr nahe der Schweizer Grenze auf. Ihr Vater war Reporter und Verlagsleiter. Schon seit ihrem Debüt unter Karajans Leitung 1977 bei den Salzburger Festspielen gehört sie zu den großen Geigen-Virtuosen unserer Zeit. Sie konzertiert mit Orchestern von Weltruf, tritt mit den berühmtesten Dirigenten auf - und setzt sich neben der Nachwuchsförderung leidenschaftlich für zeitgenössische Musik ein. Regelmäßig schreiben Komponisten Werke für sie. Popmusik-Ausflüge lehnt sie ab. Sie hat sich ganz der Klassik verschrieben.

«Es ist dieses Erarbeiten einer ganz fremden Materie und die Tatsache, dass ich zwar seit 35 Jahren konzertiere, aber dank der zeitgenössischen Werke immer wieder Aspekte des Geigenspiels entdecke, denen ich noch nicht begegnet bin - auch technische Schwierigkeiten», sagte sie 2012 im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. «Das ist dann zuerst frustrierend, aber es ist auch wahnsinnig spannend, diese Nuss zu knacken.»

Seit langem beklagt die Wahl-Münchnerin Defizite in der Musikausbildung. «Es ist wahnsinnig wichtig, in den Kindergärten anzusetzen, weil Musikunterricht da genau in das richtige Alterszentrum trifft, nämlich in eine Periode, in der das Kind seinen eigenen Körper, seine eigene Stimme erfährt und in der das ganze begreifend erforscht wird», sagt die zweifache Mutter. «Mir liegt das Thema sehr am Herzen, weil ich da so viele Fähigkeiten in Kindern brach liegen sehe und wir sie so schrecklich früh auf die sich monetär später auszahlenden Fächer hin drillen.»

Die Musikstadt München ist für die Künstlerin von Weltrang Dreh- und Angelpunkt ihrer vielfältigen Aktivitäten, wenn sie gerade einmal nicht in New York oder Tokio spielt. Von München aus steuert sie auch ihr weltweites Engagement für hervorragenden Streichernachwuchs – die Anne-Sophie-Mutter-Stiftung. Sie unterrichtet von ihr ausgewählte Schüler oder hilft bei der Wahl des passenden Lehrers und bei der Suche nach dem geeigneten Instrument. Ihre Stiftung vergibt Kompositionsaufträge, «was ich besonders spannend finde, weil natürlich immer noch große Repertoirelücken vorhanden sind».

Ans Karriereende denkt die bald vier Jahrzehnte auf dem Podium stehende Geigerin noch nicht. «Ich weiß nicht, wann ich von der Bühne abtreten werde», sagt Anne-Sophie Mutter in einem neuen dpa-Interview anlässlich ihres runden Geburtstages. Schließlich «ist 50 noch kein Greisenalter und ich bin auch dem Alkohol nicht zugetan», erzählt sie laut lachend. «Insofern erhöhen sich hoffentlich meine Chancen um ein paar Monate.» Mit 80 werde sie aber wohl nicht mehr konzertieren.

Immer wieder legt die fast immer im schulterfreien Kleid auftretende Geigerin schon jetzt mehrmonatige künstlerische Pausen ein. Ihre millionenteure Stradivari legt sie dann tatsächlich beiseite. «Ich hab's immer so gehalten. Ich war nie ein Vielüber im Sinne von endlosen Stunden täglich.»

Ihre Weltkarriere verlangt Anne-Sophie Mutter den Verzicht auf so manches ab. «Nehmen Sie Skifahren. Ich würde wahnsinnig gerne in Kitzbühel Skifahren, aber die Frage hat sich für mich seit dem 10. Lebensjahr nie gestellt», sagte sie in einem früheren dpa-Interview. An München schätzt sie «die Nähe zu den Bergen, zu den Seen. Ich liebe die Museen in München. Und wir sind eine der Städte in Deutschland, die über die besten Orchester und Dirigenten verfügen.» Aus München kam auch ihr 1995 verstorbener Mann Detlef Wunderlich, Vater ihrer Tochter und ihres Sohnes. Von 2002 bis 2006 war sie mit dem Dirigenten und Komponisten André Previn verheiratet.

Die Zahl ihrer Auszeichnungen dürfte Anne-Sophie Mutter selbst kaum kennen. Die Liste ist lang. 2008 etwa erhielt Anne-Sophie Mutter den mit 200 000 Euro dotierten Ernst von Siemens-Musikpreis, die höchste Auszeichnung, die in der Klassikszene zu vergeben ist. Zwar spielen auch ihre Kinder Instrumente, doch ein Familientrio gibt es nicht: «Wir musizieren selten zusammen, weil das Haus schon so voll ist mit Musik.» Von ihren inzwischen erwachsenen Kindern wird wohl keines Musiker - «ein Wahnsinniger in der Familie reicht».

Paul Winterer

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