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Vom Jazz zum Melo – und zurück: Michel Legrand
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Wie sich Mühlen dreh'n im Wind: Der Filmkomponist Michel Legrand erhält den „BR Music Award“

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Neben Maurice Jarre, dem Hauskomponisten von David Lean, war er in den 1960er- und 1970er-Jahren der wichtigste französische Komponist des europäischen und amerikanischen Kinos: Michel Legrand. Er orchestrierte die großen Musicals von Jacques Demy („Die Regenschirme von Cherbourg“) genauso wie „The Thomas Crown Affair“. Lieder daraus wie „I Will Wait For You“ und „Windmills Of Your Mind“ wurden zu Evergreens und Jazzstandards. Im Rahmen von „Cinema in Concert“ wird dem Komponisten am Dienstag in München der „Look & Listen - Telepool-BR-Music-Award“ überreicht.

"Gefühlskino" nennt der BR selbst das Genre, das Michel Legrand vor allem orchestriert hat. Ein sehr gewöhnungsbedürftiger Begriff, der an das "Wohlfühlkino" erinnern soll. Einen Begriff wie Melodrama traut man sich heute schon gar nicht mehr verwenden. Dabei waren es die großen Melodramen von Jacques Demy, die den einstigen Jazzer - der mit Miles Davis & John Coltrane ins Studio ging - in den Sixties weltberühmt gemacht hatten: "Die Regenschirme von Cherbourg" und "Die Mädchen von Rochefort". Damals gehörte er zur Nouvelle-Vague-Familie um Godard, Demy & Agnes Varda. Und in einem Film der Varda hatte er auch seinen großen Auftritt als Schauspieler, in "Cleo de 5 á 7". In enger Zusammenarbeit sind in den frühen Sixties diese modernen Filmmusicals entstanden: Legrand komponierte die Lieder und Demy schrieb die Texte dazu. Diese bittersüßen "Singspiele" gehören zu den Höhepunkten des französischen Kinos jener Jahre. Und zu den einflussreichsten: Björks Video zu "It's Oh So Quiet" war eine einzige Hommage an die Choreografien und Kadrierungen Demys.

Seinen ersten "Oscar" erhielt Michel Legrand Ende der 1960er für den "Besten Song" aus "The Thomas Crown Affair": "The Windmills Of Your Mind" (Text: Alan & Marilyn Bergman). Ein Welthit, der von allen Großen des Showbusiness interpretiert wurde: Oscar Peterson, Mel Torme, Caterina Valente, Dizzy Gillespie oder Vanilla Fudge. Bibi Johns sang sogar eine gute deutsche Version des Titels: "Wie sich Mühlen dreh'n im Wind". Die schönste Fassung bleibt freilich Dusty Springfields "blue eyed"-Version aus ihrer Memphis-Phase. Eine Platte für die einsame Insel.

Bei Arthaus ist übrigens gerade eine schöne DVD erschienen, "Michel Legrand & The Cinema", die den Meister in Concert zeigt. Mit dabei im Repertoire ist dort auch "Yentl", Barbra Streisands Filmmusical aus den frühen 80ern, zu dem die Bergmans wieder die "lyrics" geliefert haben, und Legrand seinen dritten "Academy Award" erhielt. "Yentl" war Streisands Versuch gewesen, an die großen amerikanischen Musicals und an die Demy-Filme anzuknöpfen. Und Legrand hat dieses Projekt mit seinen Melodien veredelt. Eine seiner schönsten Platten hatte Michel Legrand in den 70ern aufgenommen, mit Sarah Vaughan, die ihr Jazzfeeling liebevoll mit seinem Sinn für das Melodrama verband. Vom Jazz zum Melo - und zurück - das ist Michel Legrands Weg gewesen in den vergangenen sechs Jahrzehnten.

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