Am 6. Dezember 2011 hat eine große Trauergemeinde auf dem hannoverschen Engesohder Friedhof zusammen mit seiner Familie Abschied von Eberhard Schmidt genommen, einem erfolgreichen vielseitigen Musiker und Pädagogen sowie einem hochverdienten Kulturpolitiker.
Seinem Tod ist eine lange und schwere Erkrankung vorausgegangen. Er hat sein Leiden tapfer bekämpft – an seiner Seite die geduldige und opferbereite Pflege seiner Frau Gertrud. Eine Würdigung seiner umfassenden Lebensleistung kann hier nur verkürzt geschehen. Er gehörte einer Generation an, die entweder als Soldat oder als Heranwachsender den Zweiten Weltkrieg erlebten. Eberhard Schmidt hat das Kriegsende in Berlin und im Osten durchlitten, wie er in seinen Erinnerungen dramatisch erzählt.
Im Nachkriegsdeutschland studierte er in Berlin, das damals noch nicht durch die Mauer getrennt war. 1949 dirigierte er bereits den Jugendchor des Berliner Rundfunks. Bedeutende Namen gingen danach schon durch sein Leben. Stellvertretend für alle will ich sein Dirigentenvorbild Sergiu Celibidache nennen, der als junger Dirigent in Vertretung von Wilhelm Furtwängler die Berliner Philharmoniker leitete und Berlin faszinierte.
Schmidt griff mit anderen seiner Generation das große Angebot der Demokratie auf und hat sich darin aktiv eingebracht. 24-jährig begann er seine langjährige Tätigkeit als Schulmusiker und Chorleiter unter anderem in der niedersächsischen Heimschule in Bad Iburg, als 1962 dann in Hannover an der Tellkampfschule, wo er bis 1990 jungen Menschen Musik unterrichtete und Referendare ausbildete.
30 Jahre widmete er sich der Chormusik und führte als Dirigent mit dem Hannover-Chor und hiesigen Orchestern Chorwerke, unter anderem von Brahms, Haydn und Mendelssohn auf.
Sein Werdegang als Kulturpolitiker begann in den 50er-Jahren, als er sich der „Jeunesses Musicales Deutschland“ anschloss und 20 Jahre im Bundesvorstand und später im Deutschen Musikrat mit Klaus Hashagen, Eckart Rohlf, Bernhard Bosse, Michael Jenne und mir sowie Richard Jakoby zusammenarbeitete. Er war mein Nachfolger als Landesvorsitzender der Jeunesses Musicales. Sein Nachfolger, der Komponist und Flötist Helmut W. Erdmann, musizierte auf der Trauerfeier.
Akzente in der Kulturpolitik setzte Eberhard Schmidt im Bund und Land. Er hat den Wettbewerb „Jugend musiziert“ auf allen Ebenen entscheidend mitgeprägt, so auch als Leiter der Förder- und Anschlussmaßnahme „Kammermusikkurse für Hochbegabte“, die Hartmut Gerold weitergeführt hat.
Schmidt war Mitbegründer des „Deutschen Chorwettbewerbs“. 1980 erhielt er die Ernennung zum „Chordirektor der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände“. Zuvor 1978 rief er mit Kollegen den Landesmusikrat Niedersachsen ins Leben und baute als sein erster Präsident das Gremium zu einem wichtigen und erfolgreichen kulturpolitischen Instrument aus. Lore Auerbach war Vizepräsidentin. Er leitete mehrere Jahre den Länderrat des Musikrates und gründete den Rundfunkarbeitskreis. Der Medienpolitik, öffentlich-rechtlich oder privat, galt sein besonderes Interesse.
Die Gründung des Landesjugendorchesters und des Landesjugendjazzorchesters war ihm zu verdanken. Schmidt war ein engagierter Mitstreiter für die Anerkennung der zeitgenössischen Musik. Die „Tage der Neuen Musik“ in Hannover und Lüneburg waren ihm eine Herzensangelegenheit. 1981 wurde der „Musikplan Niedersachsen“ veröffentlicht. Schließlich war die Schaffung einer „Landesmusikakademie“ das erklärte Ziel seiner Präsidentschaft und seines Nachfolgers Karl-Jürgen Kemmelmeyer. Es war ein 20-jähriger Kampf.
Vor 19 Monaten konnte er sich noch der Eröffnung der Landesmusikakademie erfreuen, wo er zeitgleich seinen 80. Geburtstag mit alten Freunden sowie Kollegen feierte und seinen lebenslangen Humor bewies! Die damalige niedersächsische Landesregierung und sein Ministerpräsident bewunderten Eberhard Schmidt ob seines Einsatzes für die Musik. 2005 verlieh das Land ihm den Praetorius-Musikpreis für die Kategorie „Ehrenamt“. Eberhard Schmidt wurde Ehrenpräsident des niedersächsischen Musikrates sowie Ehrenmitglied des Deutschen Musikrates und der Jeunesses Musicales Deutschland. 1985 erhielt er das niedersächsische Verdienstkreuz am Band und 1990 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. Der frühere niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst, Tönnies Cassens, schrieb, Schmidt habe „mit großer fachlicher Kompetenz, Ideenreichtum und politischer Durchsetzungsfähigkeit das Musikleben in Niedersachsen und im Bund entscheidend mitgeprägt!“
Als langjähriger Freund und Weggefährte füge ich auch im Namen der Kollegenschaft hinzu: „Du hast dich um die Musikkultur verdient gemacht!“