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Anstifter aus Leidenschaft

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Die aktuellen Projekte des Hermann Rauhe in der Musikmetropole Hamburg
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Hermann Rauhe leitete über 26 Jahre – von 1978 bis 2004 – als Präsident die Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Er gilt aber nicht nur als dienstältester Hochschulpräsident Deutschlands, sondern auch als einer der innovativsten. Mit Studiengängen wie Kultur- und Medienmanagement, Musiktherapie sowie Popularmusik und Jazz war die Hamburger Hochschule viele Jahre federführend. Am 6. März wurde der in Wanna/Niederelbe geborene Musikwissenschaftler und Musikpädagoge achtzig. Die nmz sprach mit Hermann Rauhe über seine aktuellen Projekte.

neue musikzeitung: Sind Sie als Ehrenpräsident der Hochschule für Musik und Theater Hamburg froh, dass die Bologna-Reform Sie nicht mehr in Ihrer aktiven Zeit betrifft?

Hermann Rauhe: Bologna halte ich für einen Irrweg. Das schematische überstülpen der Bachelor- und Master-Kategorien auf künstlerische Studiengänge finde ich völlig falsch. Selbst  Bildungspolitiker merken jetzt, dass dies eine Sackgasse ist.

nmz: Ganz pragmatisch: Wie kommen wir aus dieser Sackgasse wieder raus?

Rauhe: Wir müssen bei dem Prinzip bleiben, das wir erfolgreich praktizieren, nämlich Spitzenqualität in allen Bereichen durch differenzierte Lehrangebote und individuelle Förderung hervorzubringen. Und das gelingt meinem Nachfolger Elmar Lampson im Rahmen der Bologna-Reform sehr gut.

nmz: Welche Aufgaben hat ein Ehrenpräsident?

Rauhe: Meine Aufgabe als Ehrenpräsident sehe ich in der Nachwuchsförderung durch Intensivierung des Praxisbezugs. Von Anfang an müssen die Studierenden auf die Bühne, aufs Podium, um früh herauszufinden, ob sie den Anforderungen ihres künftigen Berufes gewachsen sind. Dazu brauchen sie Auftrittsmöglichkeiten. Die schaffe ich durch meine Tätigkeit in verschiedensten Stiftungen, deren Zahl sich in den letzten Jahren beträchtlich erhöht hat.

Dadurch kann ich ganz gezielt junge Talente fördern, vor allem auch durch Vergabe von Preisen und Stipendien. Im übrigen sind Netzwerken, Fundraising und Anstiften meine Leidenschaft.

nmz: 2004 stifteten Sie zusammen mit Ihrer Frau den „Annemarie-und-Hermann-Rauhe-Preis“ für moderne Kammermusik.

Rauhe: Annemarie ist Flötistin und Musikpädagogin. Ich lernte sie 1960 als Studentin an der Hamburger Hochschule kennen. Ein Glücksfall: Sie ist meine lebenslange Dialogpartnerin, Lektorin und Redakteurin geworden. Der Preis von jährlich 12.000 Euro ist ein Geschenk an die Hochschule, der wir beide seit 50 Jahren verbunden sind. Ich als Professor, sie als Studentin und Alumna. Der Preis hat ein besonderes Profil: Es geht um Komposition, Interpretation und Musikvermittlung auf verschiedenen Ebenen. Ein Komponist wird ausgezeichnet, der mit einem Ensemble zusammenarbeitet. Die enge Kooperation beider ist die Voraussetzung, genauso wie die Vermittlung des neu entstandenen Werkes: Es soll nicht nur uraufgeführt, sondern im Konzert und in den Medien auch kommentiert und geschickt präsentiert werden. Als weitere Elemente kommen die Auftrittsmöglichkeiten in der Reihe NDR Start und dem Schleswig-Holstein-Festival hinzu sowie die Produktion einer CD in Kooperation mit NDR Kultur und das Erscheinen der Komposition im Peermusic Verlag.

nmz: Am 12. April, beim Festakt „60 Jahre Musikhochschule – 80 Jahre Hermann Rauhe“ in Hamburg, stellten Sie die neue „Hermann-Rauhe-Stiftung zur Förderung von Kultur und Medien“ vor. Was hat es damit auf sich?

Rauhe: Leitgedanken sind, durch entsprechende Pilotprojekte nachhaltige Strategien zur Kulturvermittlung zu entwerfen und innovative Schnittstellen zwischen Kultur und Management zu schaffen und zu gestalten.

nmz: Was ist das Geheimnis des „Phänomens Rauhe“?

Rauhe: Begeisterung, Leidenschaft und Hingabe nach dem Motto „Nur wer selbst brennt, kann andere entzünden“. Es geht mir um lebendige Musikvermittlung – um das Fördern von Menschlichkeit und Musikalität: Beide hängen eng zusammen, genau wie Innovation und Tradition. Deshalb freue ich mich ganz besonders über die von Reinhard Flender und Michael Theede herausgegebene Geburtstagsfestschrift „Innovation aus Tradition“ (Schott) mit originellen Beiträgen von 40 hochkarätigen Autoren.

nmz: Wenn man mit Ihnen über Ihren achtzigsten Geburtstag spricht, dann stehen nicht der Rückblick und die Ehrung eines einzigartigen Lebenswerks im Zentrum, sondern man ist immer in der Gegenwart. Dennoch, an was erinnern Sie sich besonders gerne?

Rauhe: An die Gründung des Instituts für Musiktherapie und des Instituts für Kultur- und Medienmanagement, des inzwischen größten und vielfältigsten in Deutschland.

Glücklich bin ich auch, dass mein Nachfolger Elmar Lampson seine Aufgabe in seiner feinen, leisen, nachhaltigen und überzeugenden Art erfolgreich und ganz in meinem Sinne und Geiste wahrnimmt.

nmz: In den vergangenen Jahren häuften sich die Ehrungen: Sie erhielten vor zehn Jahren die Ehrendoktorwürde der European Graduate School Brig/Wallis (CH), vor vier Jahren das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Kürzlich, am 9. April, wurde die Grundschule in Ihrem Geburtsort Wanna in Hermann-Rauhe-Grundschule Wanna umbenannt…

Rauhe: Die hat mich mehr als alle anderen Ehrungen gefreut, weil mein Name zum Programm wird, denn diese Grundschule, an der mein Vater lehrte und ich selbst Schüler war, entwickelt sich nach meinem fächerübergreifenden pädagogischen Konzept zu einer offenen Ganztagsgrundschule, in der Musik als didaktisches Grundprinzip alle Fächer prägt und dadurch aus der Schule als Lernort einen „Lebensort“ macht, an dem Schüler, Lehrer, Eltern und Angehörige eine Gemeinschaft bilden, in der sie sich geborgen fühlen.

nmz: Sie sind Ehrenkantor am Hamburger Michel. Jetzt soll Hamburg mit der Elbphilharmonie ein zweites Wahrzeichen erhalten.

Rauhe: Ich habe nicht nur die größten Mäzene, das Ehepaar Greve, sondern viele andere dafür begeistern und gewinnen können. Leider ist das einzigartige Leuchtturmprojekt zurzeit überwiegend mit schlechten Schlagzeilen in der Presse. Aber: Noch nie ist in Hamburg so viel über Musik und ihre Vermittlung von Kind an gesprochen worden. Ob die Elbphilharmonie nun ein Jahr früher oder später eröffnet wird, ist im Grunde gleichgültig. Sie trägt maßgeblich zur Entwicklung Hamburgs zur lebendigen Musikmetropole bei.

nmz: Es sollte allerdings noch etwas Geld übrig bleiben für die Musik!

Rauhe: Wir werden im Gegenteil mehr Geld für Musik erhalten, wenn Hamburg sich endgültig als Musikmetropole versteht und von allen Bürgerinnen und Bürgern als solche getragen wird: Daran arbeite ich mit Projekten wie „Canto elementar“, „Jedem Kind ein Instrument“, „Kinder singen für Kinder“, „The Young ClassX“ und „New Generation“ (Musizieren 50 plus).

Das Gespräch führte Andreas Kolb

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