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Vollblutperformerin: Magdalena Ganter. Foto: Marcus Engler
Vollblutperformerin: Magdalena Ganter. Foto: Marcus Engler
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Auf der Bühne stehen, da bin ich in meinem Element

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Die Sängerin und Schauspielerin Magdalena Ganter geht mit ihrem ersten Solo-Album neue Wege
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Die 1986 in Titisee/Neustadt geborene Magdalena Ganter hat getanzt, bevor sie gehen konnte und gesungen, bevor sie sprechen konnte. Im Schwarzwald werden Familienfeste immer groß und wild gefeiert – mit Musik und vor allem auch mit Tanz, so hatte sie einen sehr natürlichen Zugang zur Musik. Also war es auch kein Wunder und fast unvermeidbar, dass sie Sängerin wurde: „Das war so natürlich und klar und kein großes Ding. Zu Hause, ich komme ja aus einer Zimmerei, hat man mich sowieso immer gehört. Und weil es dort eh laut war, hat es auch keinen so dolle gestört. Die haben sich gefreut, sie haben mich sehr unterstützt.“

Vom beschaulichen Schwarzwald ging es nach dem Abitur ins turbulente, quirlige Berlin. An der Universität der Künste studierte sie Gesang, Tanz und Schauspiel und erhielt 2010 für ihre One-Woman-Performance „Wädermaidli hän dicki Köpf“ ihr Diplom mit Auszeichnung. Im Anschluss tingelte sie als singende und tanzende Darstellerin für ein paar Jahre zwischen Wien, Prag, Amsterdam und Berlin von Theaterhäusern zu Varietézelten und wirkte dabei immer mit besonderer Vorliebe an experimentellen Inszenierungen mit, ehe sie sich ganz ihrer kompositorischen Tätigkeit widmete: „An die Möglichkeit, mich durch meine eigene Musik auszudrücken, kommt nichts ran. Die Freiheit zu haben, auf der Bühne selbst zu gestalten und zu kreieren – das ist der entscheidende Unterschied zum Theater oder Musical. Ich kam mir beim Schauspiel oft limitiert vor, fremdbestimmt, musste mich unterordnen, marionettenartig, da hat mir schlicht die künstlerische Freiheit gefehlt.“

Mockemalör

2011 gründete sie zusammen mit dem Schlagzeuger Martin Bach und dem Pianisten Simon Steger das Artpop-Trio „Mockemalör“, mit dem sie bisher drei Alben veröffentlicht hat, das erste, „Schwarzer Wald“, durchgehend auf Alemannisch, dem Dialekt ihrer Heimat. Den musikalischen Stil des Trios beschreibt sie kurz als „Elektro-Chanson-Traumwandler-Punkeresk“, Konzertreisen führten sie mit der Band durch den gesamten deutschsprachigen Raum, China und Georgien.

Seit 2018 tritt Magdalena Ganter auch unter ihrem eigenen Namen auf. „Das mit Mockemalör ist ja immer größer geworden, wir sind inzwischen sogar mit eigenem Tontechniker unterwegs, mieten immer einen Tourbus, haben sehr viel Equipment und brauchen immer einen besonderen Soundcheck. Das ist alles sehr komplex und aufwändig. Zunehmend ist meine Sehnsucht gewachsen, mal wieder ganz einfach Musik machen zu können. Ich spiel’ ja selber Klavier, nicht sehr virtuos, aber wahnsinnig gern. Also kann ich jetzt auch allein überall ohne großen Aufwand, wo ein Klavier steht, auftreten. Ganz unabhängig meins zu machen, das wollte ich mal.“

Vollblutperformerin

Auf der Bühne ist die Vollblutperformerin in ihrem ureigenen Element. Für ihr Schaffen wurde die sie mehrfach ausgezeichnet: Sie ist Hauptpreisträgerin des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg 2020, 1. Förderpreisträgerin des Troubadour Lied- & Chansonwettbewerbs Stuttgart und wurde durch die „Initiative Musik“ und vom Deutschen Musikrat unterstützt. Seit 2016 hat Magdalena Ganter einen Lehrauftrag für „Bühnenperformance und Aufführungspraxis” und das Fach „Gesang” an der Hochschule der Populären Künste Berlin, was ihr in Corona-Zeiten inklusive der Soloselbstständigenhilfe über die Runden geholfen hat.

Am 26. Februar erscheint nun ihr ers­tes Solo-Album „Neo Noir“, der Titel ist eine Anspielung auf das Berliner Cabaret Noir der 20er- und 30er-Jahre – neu interpretiert. Finanziert hat sie das Ganze erfolgreich mit einer Crowdfunding-Aktion und als Stipendiatin der Kunststiftung Baden-Württemberg. Dreizehn Vier-Minuten-Miniaturen sind auf dem Album versammelt, kleine sorgsam inszenierte und instrumentierte Geschichten, die sie mal in exaltierter Diva-Manier, mal als einfühlsame Sprechgesangs-Chansonette vorträgt – alles selbst komponiert und getextet. Ganter zeigt hier alle Facetten ihrer eindrucksvollen und umfangreichen Stimme und ihres sängerischen Könnens und begleitet sich größtenteils selbst am Klavier.

Stimmgewaltig und zart

„Nackt“ geht sie im gleichnamigen bereits erschienenen Track in die Dusche – „nur für mich allein“ – und lässt ihr „Baby“, dem sie zu anstrengend und unbequem ist, mit diesem Bild im Kopf einfach stehen. „Der Wind“ singt uns ein neues Lied von Leben und von Liebe, das wir ja alle gerade gut brauchen können. In diesem Stück wird Ganters Stimme von einem imposanten Klangteppich nicht nur des begleitenden Pianisten und Gitarristen Simon Steger, ihrem „Partner in Crime“, sondern auch von Posaune, Harmonium und Percussion getragen. Elf Gastmusiker*innen sind insgesamt  auf dem Album zu hören – mit Querflöte, Vibraphon, Chalumeau, Akkordeon, Gitarre, Streichquartett (2 Celli & 2 Geigen), Kontrabass, Gitarre und Theremin.

Sie kann aber auch ganz zart und nachdenklich wie in „Schutzraum“, wo es still ist, „kein Lärm nicht“. Und wenn eine Beziehung aus ist, ist man „Wieder frei“. Moderne Lieder voll Poesie und Kraft in der Tradition des klassischen Chansons, sehr modern umgesetzt, hat sie da geschaffen.  In puncto Komponieren ist das Multitalent übrigens „totale Autodidaktin“. Künstlerisch beeinflusst ist Magdalena Ganter unter anderem von Edith Piaf, Barbara, Mascha Kaléko, Friedrich Hollaender, Georg Kreisler, Hildegard Knef und besonders von Marlene Dietrich, deren politisches Engagement sie bewundert.

Kultur und Corona

Das Corona-Jahr 2020 gab ihr nach drei Jahren fast ununterbrochenem Touren und Unterrichten die Kapazität, sich auf die Entstehung der CD zu konzentrieren, also war nicht alles schlecht. Trotzdem musste die Veröffentlichung wegen verschobener Produktionstermine mit den Gastmusiker*innen vom Herbst auf diesen Februar verlegt werden. Kultur in der Krisenzeit zu erhalten, findet sie elementar wichtig: „Ganz direkt können wir damit keine Menschenleben retten, aber die Lebensqualität können wir verbessern. Kunst und Kultur sind so wichtig, denn nur so bleiben wir in Verbindung mit der Inspiration, der Magie, um Visionen spinnen zu können und uns ein bisschen Leichtigkeit angesichts der ernüchternden Zahlen in den Tagesthemen bewahren zu können.“


Streaming-Tipp

„Neo Noir“ (Revolver Distribution Services/CARGO) wird inklusive sieben Gastmusiker*innen am 7. März um 20 Uhr mit einem Live-Stream aus der Berliner UFA-Fabrik vorgestellt. Zuhören und -sehen kann man über den YouTube-Kanal des Veranstalters unter www.youtube.com/user/ufaFabrik

 

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