Theo Geißler, 56, ist Würth-Preisträger 2003. Der Journalist ist Herausgeber von Jazzzeitung und neuer musikzeitung, der führenden Fachzeitschrift des deutschen Musiklebens, deren historische Wurzeln eng mit der Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) verknüpft sind. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde 1991 von dem Unternehmer Reinhold Würth im Rahmen der Stiftung Würth ins Leben gerufen und wird von der Jeunesses Musicales vergeben. Bisherige Würth-Preisträger waren unter anderem das Ensemble Resonanz, Claudio Abbado, Tabea Zimmermann, Dennis Russell Davies und Philip Glass. Gewürdigt wird Theo Geißlers „oftmals unbequemes, aber vorbildliches Engagement für Innovationen im Musikleben sowie sein leidenschaftlicher Einsatz für die musikalische Bildung im Land.” Die neue musikzeitung druckt in Auszügen die Laudatio, die Monika Griefahn, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, am 24. November 2003 im Würth-Haus am Wannsee hielt.
Theo Geißler ist die journalistische Allround-Persönlichkeit des deutschen Musiklebens. Wenn man sich anschaut, wo er über- all mitwirkt, kann man sich nur schwer vorstellen, dass irgend etwas vor sich geht, ohne dass er davon erfährt.
Das bedeutet auch, dass sein Engagement viel dazu beigetragen hat, dass sich das Musikleben in Deutschland neuen und innovativen Ansätzen stets geöffnet hat. Immer vertritt er vor allem die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen. Sie zu fördern und zu unterstützen ist, so glaube ich, sein wichtigstes Anliegen. Und deshalb schätze auch ich ihn besonders.
Wie in allen Bereichen, so sind auch in der Musik unsere Kinder die Träger der Zukunft. Was wir heute nicht erreichen, ist vielleicht nie mehr nachzuholen. Hier haben nicht nur Menschen wie Theo Geißler großen Anteil an der musikalischen Bildung des Nachwuchses; hier sind auch Eltern und Schulen gefragt. Und nicht zuletzt die Kultur- und Bildungspolitik. Aber Musik muss natürlich auch Spaß machen, wie beispielsweise beim Musical „Ritter Rost“.
Theo Geißler hat viel dazu beigetragen, dass sich in den Schulen und in der Politik Sichtweisen ändern. Er hat durch seine vielfältige Arbeit in den Medien gezeigt, dass eine Verarmung droht, wenn Kinder und Jugendliche nicht musisch gefördert und vielleicht auch gefordert werden. Ich sehe das bei meinen Kindern. Alle spielen ein Instrument; und ich bilde mir nicht nur ein, dass die Auseinandersetzung mit einem Instrument und seinem Erlernen auch dazu beigetragen hat, dass sie beispielsweise an Problemlösungen anders herangehen. Dies wird auch in der bekannten Studie von Professor Bastian deutlich.
Theo Geißler würde mich sicher unterstützen, wenn ich sage, dass wir noch viel mehr solchen Unterricht in den Regelschulen brauchen. Für mich wäre es ein Ziel, dass in dem neu aufgelegten Ganztagsschulprogramm die Musik einen zentralen Stellenwert einnimmt. Ich zitiere an dieser Stelle immer gerne Innenminister Schily, der einmal gesagt hat: „Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit.“ Ich denke, dem ist nichts hinzu zu fügen.
Sie, lieber Herr Geißler, haben und werden wohl auch weiterhin dazu beitragen, dass diese Gedanken sich weiter durchsetzen. Denn sie haben ja Recht, wenn sie immer wieder durchscheinen lassen, dass Musik und Musikerziehung eine gesamtgesellschaftlichen Bedeutung haben. Ich glaube sogar, dass sie immer wichtiger wird. Sie ist nämlich ein geeignetes Mittel, den internationalen Kulturdialog zu befördern. Wenn es dazu eines Beweises bedarf, dann haben wir in Ihnen, und in der Jeunesses Musicales, die richtigen Kronzeugen. Ich denke da an Veranstaltungen wie die „Internationale Kontrabasswoche“, die Initiative „Konzerte für Kinder“ oder auch an die Unterstützung der „Jungen Philharmonie Venezuela“, deren Leiter sogar den „Alternativen Nobelpreis“ bekommen hat. Vor allem an letzterer kann man wunderbar sehen, welche gesellschaftliche Wirkung die Beschäftigung mit Musik hat. Ich habe auch die Postkartenserie der „Jeunesses Musicales International“ vor Augen, die uns drastisch zeigt, dass die Musik Auswege bieten kann.
Theo Geißler hat ein kleines und feines Medienimperium geschaffen, um diesen und anderen Gedanken zur Verbreitung zu verhelfen. Seine Arbeit ist damit viel mehr als das, was einen Musikjournalisten normalerweise beschäftigt. Wenn ich das richtig erfasst habe, decken die Publikationen der verschiedenen Verlage und der Internetpräsenz quasi alle Erscheinungen des Musiklebens ab. Neuerdings gehört auch noch die Mitherausgeberschaft der Zeitung „Politik und Kultur“ dazu, so dass ich und alle Mitglieder des Kulturausschusses immer auf dem Laufenden sind. Auch dafür gebührt Ihnen Dank.
Sie haben sich um das Musikleben in Deutschland verdient gemacht. Ihre Gedanken und Ihre vielfältigen Aktivitäten münden in eine publizistische Stimme, die im guten Sinne Einfluss ausübt. Ich möchte Sie darin bestärken, damit weiter zu machen, den Dialog aufrecht zu erhalten und die kritische Begleitung nicht abreißen zu lassen.
Hintergrund Würth-Preis
Partnerschaft
Preis, Wirtschaft und KulturDer Würth-Preis der Jeunesses Musicales Deutschland ist seit 1991 eine Institution im deutschen Musikleben geworden. Die Bedeutung des Preises, der jährlich im Wechsel einer Einzelpersönlichkeit und einem Ensemble zuerkannt wird, erschließt sich nicht zuletzt durch das besondere Wirken seiner Preisträger, unter denen ich nur einige nennen darf: Dennis Russel Davies, Philip Glass, Claudio Abbado.
Allen Geehrten gemein – und dies ist die Einzigartigkeit des Preises, sehr verehrte Damen und Herren – ist der beispielhafte Einsatz für Ideen und Werte, für die die Jeunesses Musicales weltweit einsteht: kompromissloses Streben nach musikalischer Qualität, beständige Innovationskraft sowie die Verantwortung für die herausragende Bedeutung, die Musik für das Individuum und die Gesellschaft hat.
Der Würth-Preis der JMD ist ein deutlich sichtbares Symbol für eine gesellschaftliche Verantwortungspartnerschaft zwischen Wirtschaft und Kultur. Werden oft beide Bereiche als gegensätzlich dargestellt, so weist dieser Preis auf gemeinsame Werte, auf eine Schnittmenge, die vielleicht mit den Begriffen „unternehmerischer Geist” und „schöpferische Kreativität” recht zutreffend bezeichnet werden kann. Nur wenn es Persönlichkeiten gibt, durch welche unternehmerische Kraft im kulturellen Leben waltet, und nur wenn es Persönlichkeiten wie Sie, Herr Professor Würth gibt, die den Wert schöpferischer Kreativität für die Kräfte des Unternehmens einschätzen können, wird sich unsere bürgerliche Zivilgesellschaft zum gemeinen Wohle entwickeln.
Die Personenkonstellation des Würth-Preises 2003 rückt zudem aber auch ins Licht, dass in die gemeinte gesellschaftliche Verantwortungspartnerschaft auch eingewoben sind: die Politik als steuernd gestaltende bürgerliche Verfasstheit sowie die Medien als bewusstseinsbildende Kraft in unserer Gesellschaft.
Martin Christoph Redel,
Vorsitzender Jeunesses Musicales