Sie wurde in Bulgarien geboren, lebt in Luxemburg und ist mittlerweile Luxemburgerin: die Komponistin Albena Petrovic. Der von ihr 2009 mitbegründete Wettbewerb „Artistes en Herbe“ findet im März 2023 wieder statt. In Europa ist dieser Wettbewerb einzigartig, denn hier steht der kompositorische Nachwuchs im Focus. Ausgetragen wird er in zwei Kategorien: in der Junior-Kategorie dürfen – gestaffelt nach Altersgruppen – Komponistinnen und Komponisten bis 19 Jahre ihre Werke einreichen. In der Senior-Kategorie dürfen die „alten Hasen“ ran: hier gibt es kein Alterslimit aber eine klare Vorgabe: die eingereichten Werke sollen das pädagogische Repertoire für Kinder bereichern.
Dabei geht es aber insbesondere um die musikalische Qualität, wie Albena Petrovic klarstellt: „Es ist ein künstlerischer, kein pädagogischer Wettbewerb!“ Gerade abgeschlossen hat Petrovic die Arbeit an „The Dark“, einem Opernmonodram, das sich um die Figur der Euridice dreht. Vor kurzem ist ihre neue CD „Dreamlover“ bei Solo Musica erschienen, auf der sie sich mit dem Saxophon auseinandersetzt. Mit ihr gesprochen hat Guido Krawinkel.
neue musikzeitung: Die Werke auf der CD legen einen besonderen Fokus auf das Saxophon, zu dem Sie offenbar einen besonderen Bezug haben. Was reizt Sie an diesem Instrument?
Albena Petrovic: Das Saxophon ist ein relativ junges Instrument und es gibt noch nicht so viel Repertoire wie zum Beispiel für die Klarinette; speziell für das Baritonsaxophon. Solostücke und Konzerte gibt es noch sehr wenige. Alle Stücke auf dieser CD wurden seit 2017 zu verschiedenen Anlässen geschrieben. Als ich „Dreamlover“ komponierte, war das mein erstes Stück für Saxophon nach 10 Jahren. 2007 hatte ich das Stück „Gebet zum Nichterscheinen“ für Saxophonquartett komponiert und hatte ein riesiges Interesse daran, mehr Möglichkeiten an Details und Klang zu entdecken; neue Ressourcen mit der Neugier einer sehr jungen Komponistin zu erschließen, wie ich es in der Vergangenheit war. Die Uraufführung dieses Stücks war ein großer Erfolg. Aufgrund des Mangels an Interpreten habe ich es auch für Klarinettenquartett neu adaptiert – in der Hoffnung, dass es mehr Gelegenheiten geben wird es zu präsentieren.
nmz: Wie finden Sie die Inspirationen für Ihre Kompositionen und welche sind das?
Petrovic: Jedes Stück ist anders – manchmal wird die Inspiration durch poetische Werke oder Literatur ausgelöst, manchmal suche ich, wenn ich einen Auftrag habe, nach einer bestimmten Idee und wie ich sie vermitteln kann. Wenn ich ein Stück für einen bestimmten Interpreten komponiere, versuche ich mein Bestes zu tun, um mich seinem Stil anzupassen. Oft geben die beauftragenden Künstler und Verbände auch Details an – Länge der Arbeit, Größe des Sets oder Stilelemente. In den letzten Jahren, insbesondere während und nach Covid und menschenleeren Hallen, haben Musiker nach Musik gefragt, die leichter zu hören ist, um das Publikum zu erfreuen.
nmz: Sie wurden in Bulgarien geboren und leben in Luxemburg. Verstehen Sie sich als Bulgarin, Luxemburgerin oder Europäerin?
Petrovic: Auch auf die Gefahr der Vereinfachung hin – ich bin wie eine Persönlichkeit unbekannter Nationalität: in Bulgarien bin ich „die luxemburgische Komponistin“ und in Luxemburg bin ich „die Bulgarin“ (trotz meines Passes und meiner Nationalität). Ich bin oft eine Fremde zwischen „mein“ und „ihr“ und zwischen Fremden. Wenn das die neue Generation von „Europäern“ bedeutet, ja, ich bin wahrscheinlich Europäerin. Die Welt ist seit 30 Jahren so klein geworden – wir sprechen an einem normalen Tag sechs bis sieben Sprachen, oft wechseln wir in 48 Stunden drei Länder. Es ist nichts Außergewöhnliches, wenn wir in der Büchertasche Bücher in vier verschiedenen Sprachen haben. Wir sind neugierig und wissbegierig, bewegen uns fort und alles geht so schnell, dass es ist, als würden wir drei bis vier parallele Leben führen ...
nmz: Wie kann man in Luxemburg, einer Stadt der Politik und des Geldes, heutzutage als Komponistin leben?
Petrovic: Es ist sehr schwierig. Je reicher die Gesellschaft, desto ärmer scheint der Musiker zu sein. Luxemburg hat eine sehr kulturfördernde Politik, und das ist sehr wichtig, aber Komposition allein kann nicht ausreichen um zu überleben. Ich muss auch Künstlerin sein und mich in den „Dienstleistungs“-Berufen engagieren – Dirigieren, Arrangieren, Chorgesangsausbildung, Klavier…
nmz: Woran arbeiten Sie zurzeit als Komponistin?
Petrovic: Eines meiner Projekte, das wichtigste für 2023, ist das Buch „Meine Opernwelt – Derrière les notes“, das mit Hilfe des Dokumentationsstipendiums KULTUR LX, das ich gerade erhalten habe, erscheinen wird. Drei Experten (Journalist, Schriftsteller und Musikwissenschaftler) werden Recherchen zu meinen Opern und Vokalwerken beitragen. Ich habe bisher sieben Opern in verschiedenen Formaten komponiert und es ist spannend, dass eine Studie mehr Licht auf sie werfen wird. Außerdem sind mehrere Aufträge von Musikern und eigene Kompositionsprojekte in Sicht, es wird also entsprechende Uraufführungen geben. ¢