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Am 3. März 1999 öffnet die Musikmesse ihre Pforten, und wie jedes Jahr richten sich die Blicke von Musikern, Komponisten, Verlegern, Musikpädagogen und manchmal auch Plattenproduzenten nach Frankfurt. Die neue musikzeitung sprach mit Wilhelm-Peter Hosenseidl, Objektleiter der Musikmesse.
neue musikzeitung: Warum verschieben Sie die Musikmesse im Jahr 2000 vom 15. bis 19.März 2000 auf den 12. bis 16. April?
Wilhelm-Peter Hosenseidl: Im Jahr 2000 erhält die Messe Frankfurt eine neue Veranstaltung – Light & Building genannt. Diese Großveranstaltung findet wegen der Expo im März 2000 statt. Im Jahr 2001 geht die Industriemesse dann wieder im traditionellen Monat April über die Bühne. Die Light & Building ist eine Kombination aus Licht-, Elektro- und Gebäudetechnik.
nmz: Was sind die Schwerpunkte der Musikmesse für das Jahr 1999?
Hosenseidl: Konzeptionell lassen wir Musikmesse und ProLight & Sound nach wie vor parallel laufen – die Musikmesse in den Hallen 8 und 9, ProLight & Sound in den Hallen 4, 5, 6 und 7. In den ersten drei Tagen hat die Messe ihre Tore ausschließlich für Fachbesucher geöffnet, die Besuchertage am Wochenende stehen den Endverbrauchern zu Verfügung. Insgesamt erwarten wir wieder rund 9.500 Besucher, wobei sich die Zahl der Fachbesucher und der Endverbraucher erfahrungsgemäß halbiert.
nmz: Wenn man auf die Erfolgsstory der Messe blickt, drängt sich der Endruck auf, daß ProLight & Sound ständig wächst und der klassische Teil stagniert. Wird dieser Teil der Musikmesse mit Instrumenten und Verlagen ein Anhängsel von ProLight & Sound?
Hosenseidl: Daß der klassische Musikinstrumentenmarkt bei uns in etwa auf dem gleichen Level bleibt, liegt daran, daß wir in der Halle 8 überhaupt keine Flächen mehr frei haben, um neue Aussteller aufzunehmen oder Standvergrößerungswünsche von Ausstellern zu erfüllen. Unsere Kapazitäten sind hier praktisch erschöpft. Dazu kommt, daß wir traditionelle Aussteller nicht zur Elektronik packen können und wollen. Auf der anderen Seite ist es kein Geheimnis, daß die Musikbranche im Moment nicht gerade boomt.
nmz: Ist das Interesse an der Musikmesse stärker als das an ProLight & Sound?
Hosenseidl: Das läßt sich ganz einfach an den Ausstellerzahlen ermessen: Von über 2.000 Ausstellern entfallen etwa 600 auf ProLight & Sound – was ungefähr ein Drittel ausmacht. Die restlichen 1.400 Aussteller entfallen auf die Musikmesse.
nmz: Gibt es Pläne, die Tonträgerher-steller mit ins Boot zu holen und im Rahmen der Messe eine Art neue KlassikKomm. zu installieren.
Hosenseidl: Die KlassikKomm. in ihrer bisherigen Form ist tot. Wir sind aber schon seit geraumer Zeit mit den Tonträgerherstellern im Gespräch, um sie mit auf die Messe zu ziehen – in welcher Form das geschehen soll, muß allerdings noch geklärt werden. Bezüglich einer Kooperation haben wir bereits Gespräche mit den großen Tonträgerfirmen geführt. Wir hatten vor, die Notenverlage mit den Tonträgerherstellern im Klassik-Bereich zusammenzuführen und ein entsprechendes Programm in Form von Klassik-Konzerten, Seminaren und Workshops anzubieten. Das ist nach wie vor unser Wunsch, und daran arbeiten wir.
Natürlich wollen wir den Tonträgermarkt begeistern, sich bei uns anzuschließen, weil die Verbindung zu Musikinstrumenten ja auf der Hand liegt. Es gibt – mit Ausnahmen der Computermusik – auch heute noch keinen Tonträger, der ohne Musikinstrumente hergestellt wird. Es ist übrigens durchaus so, daß auch die Tonträgerindustrie ein Interesse an einer solchen Kooperation hat und ihrerseits auf uns zugekommen ist. Denn gerade im Klassik-Bereich gibt es mit Blick auf die Umsatzzahlen durchaus prozentuale Einbrüche. Auch die Tonträgerindustrie überlegt sich natürlich, welche Foren zusätzlich genutzt werden können, um neue Märkte zu erschließen – etwa über die Musikmesse. Bewerkstelligen läßt sich das alles aber nur, wenn es uns gelingt, die Musikverlage aus der Halle 8 umzuplazieren, weil die Tonträger mit dieser Klientel zusammengebracht werden müßten. Das ist in der Halle 8 aber einfach nicht möglich. Wir sind mit dem DMV im Gespräch, im Moment stockt die Sache zwar etwas, aber nach der Musikmesse werden wir das Thema wieder verstärkt angehen.
nmz: Sind Sie in erster Linie an der Klassik interessiert, oder sehen Sie auch Raum für ein breites Spektrum?
Hosenseidl: Wir sind an einer Kooperation nicht nur mit der Klassik, sondern auch mit den modernen Tonträgern interessiert. Denn in dem Moment, in dem man mit Tonträgerproduzenten zusammenarbeitet, werden auch Stars präsentiert. Das ruft die Funk- und TV-Medien auf den Plan, und dadurch können wir die Musikmesse einem noch breiteren Publikum in Deutschland und auch in Europa bekannt machen. Deshalb müssen wir zweigleisig fahren, denn wir können die beiden Bereiche nicht trennen – nicht zuletzt, weil beide einen Bedarf haben, in dem wir uns engagieren wollen.
Die Musikmesse hat in der Branche den Touch einer Ordermesse, und die TV-Medien sehen unsere Musikmesse noch immer als zu traditionell und als zu klassisch an. Deshalb wollen wir über Events wie das Musikmesse-Weekend – egal ob es im Rock-Pop- oder im Klassik-Bereich ist – Akzente setzen, um die breite Öffentlichkeit anzusprechen. Abgesehen davon wollen wir über diese Schiene auch neue potentielle Besucher anlocken, die bislang noch kein Instrument spielen.
nmz: Gerät die Musikmesse damit nicht in eine gewisse Konkurrenz mit der PopKomm.?
Hosenseidl: Nein. Die PopKomm. ist, wie bei der Midem in Cannes, mehr eine Messe, bei der Musik- und Verlagsrechte gehandelt werden. Dort wird die Musik mehr als Handelsware vermarktet, wohingegen unser Thema primär die Musikinstrumente sind. Die Musikmesse ist eigentlich eine Art Zwitter: Die ersten drei Tage ist sie klassische Fachordermesse, und die letzten beiden Tage stehen Fun und Entertainment im Mittelpunkt. Wir versuchen eben, jedem etwas zu bieten, damit er zu uns kommt.
nmz: Will die Messe in Zukunft verstärkt kulturelle Schwerpunkte setzen?
Hosenseidl: Es ist ja so, daß wir in erster Linie von den Ausstellern leben, und die Aussteller leben seit geraumer Zeit davon, daß hier kräftig geordert wird. Wenn das zurückgedrängt würde, und wir zu einer reinen Ausstellung oder Kulturveranstaltung würden, dann würde der Kommerz in den Hintergrund gedrängt werden. Das würde sich sicherlich zum Nachteil der Aussteller auswirken.
nmz: Sehen sie eine Form, in der die Musikmesse in Zukunft lobbyistisch für die Musikerziehung tätig werden kann? Anders ausgedrückt: Besteht Ihrer Meinung nach ein Zusammenhang zwischen musikalischer Ausbildung und der Nachfrage nach Instrumenten, Noten et cetera?
Hosenseidl: Unser Bestreben ist es ja, mit vielen Verbänden zusammenzuarbeiten, die ihrerseits die Ausbildungsmöglichkeiten unterstützen. Als Stichpunkt sei der „Förderkreis instrumentales Musizieren“ genannt. Auch von unserer Seite aus würden wir gerne noch mehr Aktivitäten unterstützen, um besonders zwei Gruppen von Besuchern stärker zu fördern – zum einen die Jugend bis 12 Jahre und die Einsteiger und Wiedereinsteiger ab 40 Jahren. In Form von Oldie-Groups wird das ja auch schon zum Teil gemacht. Die Gruppe, die altersmäßig dazwischen liegt, ist mit dem Angebot, ein neues Instrument zu lernen, schwer zu erreichen, weil hier andere Prioritäten gesetzt werden – sei es Familie oder Beruf. Diese beiden Gruppen wollen wir bevorzugt ansprechen. Wir wollen die Menschen aktivieren, nicht nur Musik zu hören, sondern auch selbst Musik zu machen.
An dieser Stelle möchte ich noch auf ein neues Projekt bei uns hinweisen, das sich KAVIS nennt. Es handelt sich dabei um einen Kongreß für audiovisuelle Installationssysteme, der vom 22. bis 24. November hier in unserem Kongreßzentrum stattfindet. Wir rechnen damit, daß sich etwa 150 Firmen an diesem Kongreß mit begleitender Ausstellung beteiligen werden. Die Veranstaltung richtet sich an Architekten, Planer von Hochhäusern, die alle Gebäude bauen und beschallen.