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Flöten handgemacht aus Bremen

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Porträt der Blockflötenwerkstatt Margret Löbner
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„Hier können alle meine Instrumente mit denen meiner Konkurrenz verglichen werden.“ Wer ist so mutig, einen Laden zu eröffnen, der neben die eigenen fremde Produkte legt? Die 33jährige Flötenbauerin Margret Löbner aus Bremen hat dafür verschiedene Gründe. Einmal empfand sie es nach ihrer Ausbildung als zu riskant, sich allein auf den handgemachten Flötenbau zu stützen. Zum anderen ist sie der Meinung, daß Instrumente „beim Instrumentenbauer gekauft werden sollen. Man kauft ja auch keine Geige bei Karstadt.“ Die Sicherheit und das Selbstbewußtsein, das sie aus dieser Idee entwickelte, gingen auf: 13 Jahre besteht der Betrieb nun schon. „Das spricht sich allmählich herum, daß hier beim Meister gekauft wird. Ich bin in Deutschland die einzige Händlerin und Bauerin in Doppelfunktion.“ Und sie berät mit in wahrstem Sinne des Wortes meisterlicher Fachlichkeit. In der alten Villa am Bremer Osterdeich stehen und liegen über 700 Instrumente und warten auf Käufer: Der Laden ist in der Lust dieser Verantwortung längst mehr geworden als eine Verdienstquelle. Man findet neben der Blockflöte auch den Dudelsack, den Zink, die Krummhörner, Pommern, und es gibt alles aus drei Epochen: Renaissance, Barock und Moderne. Und darüber hinaus sind neben anderen Utensilien Flötentaschen zu kaufen, die Margret Löbner selbst entworfen hat – „schön warm mit Schaffell“. Doch so sehr sie ihre Begeisterung mitteilen kann, was es alles in diesem einfachen, aber geschmackvoll eingerichteten Laden gibt, so wenig kann dieses Engagement über die eigentliche Identität der jungen Frau hinwegtäuschen: sie ist mit Leib und Seele Instrumentenbauerin. Eine Lehrstelle bekam sie in dem von Männern beherrschten Berufsfeld zunächst nirgends: „Ich habe in ganz Europa gesucht.“ Dann klappte es in Holstein. Anschließend ging sie als Gesellin zu einem Flötenbauer nach Kanada und guckte dem auf die Finger. Wie kommt eine Frau darauf, Holzblasinstrumentenmacherin, wie es offiziell so schön heißt, zu werden, heute eine von 20 in Deutschland? Bei Margret Löbner hat der Beruf Familientradition: Schwager, Bruder und damaliger Freund sind Geigenbauer. Aber Geigenbau, das wollte sie nicht. Ein Praktikum bei Peter Springer brachte sie letztlich auf die Flöten. Margret Löbner baut vor allem historische Instrumente. Im Unterschied zu den Streich- und den Tasteninstrumenten kann man die wenigen alten Instrumente, die es noch gibt, heute nicht mehr spielen, weil sie kein Wasser – sprich: Spucke durch das Blasen – mehr vertragen. Also bleiben alte Bilder und alte Baupläne. „Dann stellt man einen Prototyp her, und dann stellt man fest, die Intonation stimmt nicht.“ Die Feinarbeit fängt an: mit veränderter Innenbohrung die Korrektur der Intonation. Als Margret Löbner mir tief im Keller einige Geheimnisse ihrer nach edlen Hölzern – sie verwendet mindestens fünf Jahre abgelagerten Buchsbaum – und Ölen duftenden Werkstatt zeigt, fühle ich mich in ein anderes Jahrhundert versetzt: in eine Zeit, in der die handwerkliche Leistung noch mündlich weitergegeben wurde und wesentlich von Versuchen und Forschungen abhing. Mit zwei Mitarbeiterinnen führt die Mutter von drei Kindern den Betrieb. „Mein Selbstbewußtsein nur aus dem Familienleben zu ziehen reicht mir nicht. Mir ist es auch zu langweilig allein mit den Kindern.“ Eine Entscheidung, die nach wie vor von jeder Frau getroffen werden muß, während sie für Männer selbstverständlich ist. Streß strahlt Margret Löbner nicht aus, höchstens Konzentration: daß es eine Frage der Einstellung, des Willens, der Organisation und der Liebe zu einer Sache ist, Mutter und Unternehmerin zugleich zu sein, beweist sie täglich, sich und den anderen.

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