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Klassische Klangkultur seit 50 Jahren: das Raschèr Quartet. Foto: Felix Broede
Klassische Klangkultur seit 50 Jahren: das Raschèr Quartet. Foto: Felix Broede
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Innerhalb des Mischklangs Akzente setzen

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Das Raschèr Saxophone Quartet feiert seinen 50. Geburtstag
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Schon die ersten Töne des Altsaxophons lassen aufhorchen. Der Contrapunctus I, das bekannte Thema aus Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“, hat jede Bodenhaftung verloren. Es sind durchsichtige, leicht vibrierte, zärtlich geblasene Klänge, mit denen Elliot Riley den vielgehörten Pfundnoten große Sinnlichkeit verleiht. Auch wenn auf der CD aus dem Jahr 2011 Christine Rall mit dem Sopransaxophon und die beiden Kollegen Kenneth Coon und Bruce Weinberger am Bariton- und am Tenorsaxophon einsetzen und die Vierstimmigkeit des Raschèr Saxophone Quartet erreicht ist, bleibt die lichte Transparenz erhalten.

Der besondere Klang ist das Markenzeichen des Ensembles. „Schwebend, ausdrucksstark, delikat, homogen in allen Regis-tern“, beschreibt Christine Rall (49), die seit 2002 im Ensemble spielt, den Sound der Formation. Das Klangideal hat viel mit dem Spiel des Ensemblegründers Sigurd Raschèr zu tun. „Als ich mit zwölf Jahren zum ersten Mal eine Aufnahme von ihm gehört habe, klang das, als würden drei Saxophone gleichzeitig spielen – so viele Farben, solch ein Reichtum!“, erzählt Elliot Riley (40) begeistert. Der 1907 in Elberfeld (heute ein Stadtteil von Wuppertal) geborene Raschèr war einer der wichtigsten Vertreter des klassischen Saxophonspiels und erweiterte mit dem sogenannten Altissimo-Register den Tonraum des Instruments nach oben. Ende der 1920er-Jahre hörte der renommierte Bach-Tenor Georg Walter (und Lehrer Dietrich Fischer-Dieskaus) diesen besonderen Musiker und regte ihn dazu an, auch die Musik von Johann Sebastian Bach auf dem Saxophon zu spielen. 1969 gründete der in die USA emigrierte Künstler gemeinsam mit seiner Tochter Carina und seinen Schülern Bruce Weinberger und Linda Bangs das Raschèr Saxophone Quartet.

Auch im Ensemble spielte Bach weiterhin eine große Rolle. Vor allem kümmerten sich die vier Musikerinnen und Musiker aber um Kompositionsaufträge für diese seltene Besetzung. 1971 startete man mit einem roten VW-Bus zur ersten internationalen Tournee durch Süddeutschland und die Schweiz, nach Prag, Holland und Schweden.

Einige Jahre später zog sich Sigurd Raschèr aus dem Ensemble zurück. Seine Nachfolge am Altsaxophon übernahm John Kelly (später dann Harry White und Elliot Riley), das Quartett verlegte seinen Sitz von den USA nach Tübingen im deutschen Südwesten. 45 Jahre prägte das Gründungsmitglied Bruce Weinberger am Tenorsaxophon das Ensemble, ehe der US-Amerikaner 2014 vom Niederländer Andreas van Zoelen (40) abgelöst wurde. Weinberger hielt engen Kontakt zu den Komponisten und regte viele Uraufführungen an. Auch war er federführend bei der Gründung des Raschèr Saxophone Orchestra, das projektweise arbeitet und den runden Ensembleklang auf die Orchesterbesetzung überträgt – nachzuhören auf der CD „Serenade“, die neben Bearbeitungen auch die Originalkomposition „Plainte“ von Stefan Thomas  enthält.

„Bruce ist ein Visionär – nicht nur für das Raschèr Saxophone Quartet, sondern auch ganz allgemein für das Saxophon. Es gibt jetzt so viel Repertoire für Saxophonquartett und noch erweiterte Besetzungen, das nur dank seines großen Einsatzes und seiner Fantasie existiert“, würdigt Baritonsaxophonist Kenneth Coon (51) den früheren Kollegen. In der aktuellen Besetzung ist Coon, der 1993 das Gründungsmitglied Linda Bangs ersetzte, der Dienstälteste. Die Tradition lebt auch heute auf verschiedenen Ebenen weiter. Zum einen studierten Christine Rall und Andreas van Zoelen bei Carina Raschèr. Zum anderen spielt das Ensemble auf in den 1930er-Jahren gebauten Buescher-Instrumenten und den sogenannten Raschèr-Mundstücken. „Wir kombinieren ein hartes Blatt mit diesen speziellen Mundstücken, die eine große Luftkammer haben. Das gibt in Verbindung mit den besonderen alten Instrumenten, die schon lange nicht mehr gebaut werden, diesen weichen, warmen Klang“, erklärt van Zoelen.

Aber klingt das Raschèr Saxophone Quartet bei jedem Komponisten gleich? „Wir haben schon eine besondere Homogenität, aber innerhalb dieses Mischklangs können wir natürlich auch Akzente setzen“, sagt Elliot Riley. Vorbild für den Klang ist die menschliche Stimme. Das betrifft die Artikulation, die einen sprechenden Charakter tragen soll. Aber auch die besondere Kantabilität, das Gesangliche des Saxophonklangs ist ein wichtiges Ideal in der Probenarbeit. Zahlreiche Kompositionen wie „Meditatio“ (2003) von Erkki-Sven Tüür, zu dessen Festival im estnischen Hiiumaa die Ràschers im August eingeladen sind, wurden für Chor und Saxophonquartett komponiert, wobei bei diesem Werk das Ensemble mit Multiphonics besondere Effekte erzielt. In jüngerer Vergangenheit ist Lera Auerbachs „72 Angels. In splendore lucis“ für Saxophonquartett und Chor solch eine Komposition, die ganz bewusst die Begegnung von Stimme und Saxophon sucht; im Herbst sollen bei „Wien Modern“ noch „72 Demons“ dazukommen, so dass die epochale Komposition auf drei Stunden Musik wächst.

Seit über zehn Jahren hat das Raschèr Saxophone Quartet seinen Sitz in Freiburg, wird aber in der Stadt nur wenig wahrgenommen. Das soll sich im Jubiläumsjahr ändern. Ein im letzten Herbst gegründeter Freundeskreis kümmert sich um eine eigene Konzert-reihe in Freiburg und Umgebung. Höhepunkt des 50-jährigen Jubiläums ist das Festkonzert am 22. September 2019 um 19 Uhr im Freiburger Konzerthaus, das viele Facetten des Ensembles zeigen und mit der Mädchenkantorei am Freiburger Münster und einem Kammerorchester unter der Leitung von Dennis Russell-Davies das Klangspektrum weiter auffächern wird. Der Verein unterstützt auch die zahlreichen musikpädagogischen Aktivitäten des Ensembles wie die jährlich beim Oberbadischen Blasmusikverband Breisgau stattfindende Akademie, die sich speziell an Amateure wendet. Dazu passt auch, dass das Saxophon vom Landesmusikrat zum „Instrument des Jahres 2019“ gekürt wurde. Dabei kennt man das Instrument vor allem aus dem Jazz- und Popbereich. Ursprünglich wurde es vom Belgier Adolphe Sax 1840 aber als Orchesterinstrument erfunden, das mit seinem weichen Klang die Holzblasinstrumente mit den Blechbläsern und Streichern gut verbinden sollte. Diese klassische Klangkultur pflegt das Raschèr Saxophone Quartet seit fünfzig Jahren. Und geht damit auch zurück zu den Ursprüngen dieses besonderen Instruments.

Weitere Konzerte 2019

  • 12.5.: Bach und RSQ, St. Blasius Kirche Freiburg-Zähringen, 19 Uhr
  • 7.7.: RSQ-Choral, Abteikirche Ebersmünster/Elsass, 17 Uhr
  • 22.9.: 50 Jahre RSQ, Festkonzert, Konzerthaus Freiburg, 19 Uhr
  • 26.11.: RSQ – Modern, Hochschule für Musik, 20 Uhr.

Ensemble: www.rsq-sax.com
Freundeskreis: www.freunde-rsq.de

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