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Zum Tod von Ulrich Dibelius
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Don‘t meet the artists mag als guter Merksatz durchgehen für den jungen, aufstrebenden Musikkritiker, in der Hoffnung, dem Objektiven an sich stattdessen zu begegnen. Ulrich Dibelius hielt sich mit solchen Marginalien nicht auf. Er kannte sie alle – Nono, Stockhausen, Lachenmann.

Und nicht nur ihre Partituren waren Teil seines Lebens. Er kannte die Musik von innen und von außen. Auf achthundertachtundachtzig Seiten ist die Moderne Musik nach 1945 (München, 1998) erfasst, analysiert, in einer Sprachkraft dargestellt, die ihresgleichen sucht. Zugleich repräsentiert sie die Wandlungen, die ästhetischen Positionierungen, die ideologischen Grenzziehungen der Zeit, ohne manch Militanz im Diskurs zu leugnen oder gar zu beschönigen. Wahrheit tut zuweilen weh. Das ist gelebte Zeitgenossenschaft, aus dem innersten Kern heraus reportiert über bald sieben Jahrzehnte. Ulrich Dibelius wusste, wovon er schrieb, vor allem aber sprach – als Radio-Mensch in Hamburg erst und dann in München. Aus den Bereichen des realen Musizierens heraus begann diese Affinität ins Geistige hinein zu glühen, vom Cellopult weg im Konzentrat des kammermusikalischen ebenso wie im orchestralen Umfeld.

Da Musik aber nie Emotion alleine ist (ohne funktioniert sie nicht) sondern gesellschaftlichen Umgebungen entspringt, politischen Realitäten als Reibungsfläche Energie abtrotzt, in einem Deutschland nach 1945 zumal, fand Ulrich Dibelius im zwölf Jahre lang missbrauchten Medium Rundfunk die ihm gemäße Plattform, für die Klarheit und Reinheit der Anarchie zu werben auf der Basis von ewiger Unruhe und Bewegung, im Kontrast von Innehalten und Anschieben. Er betätigte sich als steter Aufklärer, als Kämpfer für den Erhalt der Strahlkraft des Geistes der Utopie. Der Kollege Ulrich Dibelius setzte im Alltagsgeschäft des musikalischen Rundfunkjournalismus die professionellen Standards, gnadenlos im Qualitätsanspruch an sich und an die anderen, kreativ im gestaltenden Wollen, hart in der Sache, liebenswürdig und höchst liebenswert als Mensch. Für die Redaktion Musikfeature des Bayerischen Rundfunks hatte er sich im Halbjahr nulleins anno nullacht unter dem imaginären Motto woher/wohin das Thema vorgenommen „Warum ist ,Ausdruck‘ ein Allzweck-Wort der Musik?“. „Einsichten und Anregungen“ wollte uns Ulrich Dibelius im Musikfeature-Termin von Bayern 4 Klassik am 24. April 2008 übermitteln.

Bis zuletzt arbeitete er – neben anderen Projekten – am Manuskript. Es bleibt Fragment. Das Karl-Amadeus-Hartmann-Portrait von Ulrich Dibelius kam stellvertretend ins Programm. Und damit einer der Hauptgründe seines Wechsels von Hamburg nach München. Wo so ein Utopist und Humanist wie Hartmann lebt, da muss ein guter Ort sein.

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