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Mischung aus Selbstständigkeit und Teamarbeit – das Trio E.T.A. Foto: Harald Hoffmann
Mischung aus Selbstständigkeit und Teamarbeit – das Trio E.T.A. Foto: Harald Hoffmann
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Leichtigkeit in Verbindung mit hohem Anspruch

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Das preisgekrönte Trio E.T.A. fühlt sich wohl in der Kammermusiknische
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Zwei sitzen auf einer Schaukel. Der Dritte hält stehend sein Cello und schaut in die Ferne. Das ungewöhnliche Coverfoto des Trios E.T.A. auf seiner Debüt-CD zeigt drei leger gekleidete junge Menschen mit ganz unterschiedlicher Mimik – von ernst bis ausgelassen. Natürlich ist das PR-Foto gestellt, aber steif wirken Elene Meipariani (Violine), Till Schuler (Violoncello) und Till Hoffmann (Klavier) trotzdem nicht. Da haben sich drei gefunden, die Leichtigkeit mit einem hohen Anspruch verbinden und dabei natürlich bleiben. Das merkt man auch, wenn man in die beim Label Genuin erschienene Aufnahme hineinhört. Im Finale von Joseph Haydns Klaviertrio in C-Dur (Hob.XV:27) paaren sich Virtuosität mit Musikalität und Spielfreude. In Bedrich Smetanas Klaviertrio in g-Moll op. 15 entwickeln die drei Dramatik und erzählerische Kraft. Und Roman Pawolleks experimentelles Trio aus dem Jahr 2006 gewinnt durch die klangliche Finesse der Interpretation Sinnlichkeit.

Diese beim CD-Debüt gebotene große stilistische Bandbreite hat das Trio E.T.A. bewusst gewählt – auch die Hommage an den Dichter, Juristen, Komponisten, Kapellmeister und Musikkritiker E.T.A. Hoffmann im Ensemblenamen ist dessen Universalität geschuldet. Und Hoffmanns bedingungsloser Hingabe an die Kunst, in der er die Musik als höchste Ausdrucksform wertschätzte. Dass sie später einmal professionelle Geigerin werden wollte, war Elene Meipariani schon früh klar. Die 25-jährige Geigerin hatte auch die Idee, wie ihre georgischen Eltern ein eigenes Klaviertrio zu gründen. Den Pianisten dazu hatte sie mit ihrem Freund Till Hoffmann schon gefunden. Fehlte nur noch der Cellist Till Schuler, den sie 2019 beim Studium in Hamburg kennenlernte. Probenmittelpunkt ist in Schorndorf im Remstal das Haus von Meiparianis Eltern, wo die drei auch zum gemeinsamen Videogespräch auf der Couch im Wohnzimmer sitzen. Stuttgart und Umgebung war und ist für alle drei ein wichtiger Ort und Lebensraum. Hier hatte die in Filderstadt geborene Elene Meipariani zunächst an der Stuttgarter Musikschule Geigenunterricht bei Chris­tine Schneider, bevor sie mit zehn Jahren in die Vorklasse der Musikhochschule zu Christine Busch wechselte. Hier an der Stuttgarter Musikschule lernte auch der in Waiblingen in einer Musiklehrerfamilie aufgewachsene Till Schuler bei Lisa Neßling das Cellospiel. Till Hoffmann genoss ebenfalls die musikalische Ausbildung an der Stuttgarter Musikschule bei Nella und Andrej Jussow, wenn er nicht gerade mit seiner Mutter oder seinem Vater, beide Musikkritiker, in Konzerten saß und großen Pianisten wie Grigory Sokolov lauschte. Als Klaviertrio zusammen fand man sich aber erst in Hamburg. Schon das erste Aufeinandertreffen habe funktioniert – musikalisch und menschlich, berichten die Musiker strahlend.

Erstes Ziel war der Deutsche Musikwettbewerb in Bonn, der wegen der Coronapandemie um ein Jahr verschoben wurde und erst 2021 ohne Publikum in Freiburg stattfand. „Wir hatten so sehr viel Zeit, intensiv zu üben und am gemeinsamen Klang zu arbeiten“, sagt Till Hoffmann (26). „Beim Wettbewerb war ich sehr aufgeregt“, erinnert sich Elene Meipariani, „aber wir hatten als Newcomer auch nichts zu verlieren.“ Dass sie gleich bei ihrem allerersten Wettbewerb den ersten Preis gewinnen konnten, war natürlich nicht zu erwarten. „Alles, was wir haben, haben wir durch den Wettbewerb bekommen,“ sagt Meipariani. Viele Konzerte, Vertretung durch die Agentur Sudbrackmusik, CD-Produktion, Auszeichnung als SWR2 New Talent. Und auch das gute Gefühl, dass man als Freelancer am Beginn der Karriere genügend zu spielen hat, zumal alle drei noch im Einzel-Studium sind und man sich als Klaviertrio beim Klavierprofessor Dirk Mommertz (Fauré-Quartett) an der Münchner Musikhochschule weiterbildet. Till Schuler, mit 22 Jahren der Jüngste und im Masterstudium bei Jean-Guihen Queyras an der Freiburger Musikhochschule, schätzt an den Proben vor allem die gemeinsame Arbeit am Ensembleklang: „Die Klangproduktion bei Streichern und Klavier ist sehr unterschiedlich. Wir versuchen uns anzunähern und eine größtmögliche Homogenität zu erzielen.“ Aber je nach Repertoire können die Kontraste auch mal geschärft werden.

Dass die Kammermusik im Musikmarkt eher ein Nischendasein fristet, dass das Publikum noch älter ist als bei Sinfoniekonzerten oder in der Oper, stört das junge Ensemble nicht. „Ich freue mich über jeden Menschen, der leise und konzentriert zuhört“, sagt Meipariani. Und berichtet von einem durchaus gemischten Altersschnitt im Publikum bei ihren Konzerten. Von den Versuchen, die Musik zugänglicher zu machen durch besondere Formate, hält sie wenig. Musik könne auch ungemütlich sein. „Wir möchten das Publikum nicht abholen, sondern mit unserem Musizieren in eine Gegenwelt führen, die nach einer anderen Logik funktioniert als der Alltag“, ergänzt Hoffmann. Für seinen Cellokollegen ist es schon wichtig, dass der Konzertrahmen lockerer sein kann. Auch ein ungewohnter Raum könne eine besondere Atmosphäre entfalten. Und was ist reizvoll am Klaviertrio? Till Schuler schätzt die Mischung aus Selbständigkeit und Teamarbeit. Sein Namensvetter kann auch dem gemeinsamen Reisen viel Freude abgewinnen. Elene Meipariani mag das gegenseitige Feedback und das langfristige Arbeiten an den gleichen Werken. Klaviertrio als Lebenstraum? Das Trio E.T.A. arbeitet daran – mit großer Hingabe und viel Disziplin.

Debütalbum

  • Trio E.T.A.: Werke von Haydn, Pawollek und Smetana. Genuin Classics

 

 

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