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Volksmusik, Lautentradition und mongolischer Gesang

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Virtuosin an einem Instrument im Abseits · Die Zither-Spielerin Gertrud Wittkowsky
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Wenig bekannt, oft verkannt; die Zither als ernstzunehmendes Musikinstrument wird heute viel zu selten wahrgenommen. Zum Glück gibt es einige wenige Musiker, die dem Image des Instruments auf die Beine helfen. Eine von ihnen ist Gertrud Wittkowsky, die Frau, die als erste ihre Konzertreihe mit der Zither absolvierte. Lange genug hat sie unter den Vorurteilen gelitten, die ihrem Instrument entgegengebracht werden. Heute begegnet sie ihnen mit der einfachsten aller möglichen Methoden: Sie setzt sich hin und spielt. Und wenn Gertrud Wittkowsky beginnt, sich auf ihre Musik und ihr Instrument zu konzentrieren, dann vergißt der Zuhörer, daß er jemals seine Vorstellungen auf Volksmusik und bayerische Gasthaus-Fröhlichkeit reduziert hat. Sicher, die Zither war ursprünglich das Instrument der Volksmusik oder das „Klavier des kleinen Mannes“, und als solches lebt sie – durchaus legitim – bis heute fort. Aber daß sie ganz andere Facetten aufweisen kann, wissen noch heute viel zu wenige. Der größte Skeptiker kann sich davon überzeugen, wenn die 28 Jahre junge Künstlerin die ersten Takte der „Lacrimae pavane“ von Dowland erklingen läßt. Im wahrsten Wortsinne „hoffähig“ gemacht wurde die Zither durch den bayerischen Herzog Maximilian. Dieser hörte im Jahr 1837 den Zitherspieler Johann Petzmayer und war augenblicklich so begeistert, daß er nun selbst dieses Instrument beherrschen wollte. Als einfacher Mann verkleidet ging er fortan in die Wirtshäuser, um hier zu musizieren, und wurde liebevoll zum „Zither-Maxl“ ernannt. Die noble Unterstützung, die das Instrument auf diese Weise erhielt, kam seiner Entwicklung zugute, war aber nicht genug! Gertrud Wittkowsky sieht sich und ihre Kollegen in der Pflicht, Überzeugungsarbeit zu leisten und dem Instrument dazu zu verhelfen, ernst genommen zu werden. Ihre Biographie und ihr derzeitiger Aktionsradius zeigen dies sehr deutlich. Aufgewachsen in einer Regensburger Familie, in der traditionsgemäß gerne musiziert wurde, wäre sie am liebsten zu den Domspatzen gegangen. War dies schon nicht möglich, so war es nun ihr Wunsch, Cello zu lernen. Die Fügung wollte es anders; der sangesfreudige Vater mitsamt seinen Brüdern war es leid, immer wieder einen Zitherspieler für die Begleitung zu suchen. Also sollte die Tochter herhalten: Sie bekam eine Zither geschenkt, lernte schnell – und kam nicht mehr davon los. Die Liebe zum Singen begleitet sie im übrigen bis heute: In ihrem Instrumentalunterricht ist der Gesang ein regelmäßig angewandtes Lernmedium. Nur kurze Zeit widmete sie sich der Volksmusik, um dann zur ernsten Musik überzugehen. Die Tatsache, daß die Zither schon während ihrer „Lehrjahre“ ein anerkanntes Wertungsinstrument bei „Jugend musiziert“ war, war ein glücklicher Umstand für die künstlerische Entwicklung der Instrumentalistin. Zweimal gewann sie den ersten Bundespreis und machte sich damit in Fachkreisen bereits einen Namen. Ihre Erfolge hielten sie jedoch nicht davon ab, erst einmal „etwas Rechtes“ zu lernen. Nach einer Ausbildung zur Bürogehilfin arbeitete sie vier Jahre lang in einem Energieversorgungsunternehmen. Mit 20 Jahren dachte sie, wie sie sagt, schon an die Rente! Der Arbeitsfrust ließ sie umso intensiver üben und musizieren, schließlich wagte sie die Aufnahmeprüfung am Münchner Konservatorium und bestand auf Anhieb. Es begann ein neues Leben. Wer in Deutschland ein Zither-Studium anstrebt, dem bleibt nichts übrig, als nach München ans Konservatorium zu gehen. An keiner Musikhochschule, an keiner anderen Ausbildungsstätte wird das Instrument gelehrt, und in München sind es in der Regel nicht mehr als zehn Studenten. Üblich ist es hier, die Prüfung zum staatlich geprüften Musiklehrer zu absolvieren. Gertrud Wittkowsky wurde also Musiklehrerin für Zither und daneben auch für Elementare Musikerziehung. Doch sie wollte mehr und bereitete sich auf ein Aufbaustudium mit dem Ziel des Musiklehrerdiploms vor. Extra hierfür lernte sie Klavier und bestand die Nebenfach-Aufnahmeprüfung, die sie für ihr Ziel benötigte. Einen Tag später kam die Ernüchterung in Form einer Mitteilung: Das Musiklehrerdiplom mit Zither konnte nicht zugelassen werden. Die geringe Anerkennung für ihr Instrument zeigte sich – wieder einmal – in aller Deutlichkeit. Statt dessen erhielt sie die Möglichkeit, die Konzertreifeprüfung zu machen. So war sie die erste in Deutschland, die mit ihrem „Instrument im Abseits“ die Konzertreife erwarb, immerhin den höchsten Abschluß, der an einer Musikhochschule zu errreichen ist. Inzwischen gelang einer Kollegin das gleiche: Nun sind sie zu zweit in der Riege. Wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Hamburg am musikalischen Leben teilnimmt, begegnet diesem Instrument selten oder nie. Die Annalen der dortigen Landeswettbewerbe „Jugend musiziert“ zum Beispiel weisen wenige bis keine Zither-Wertungen auf. Anders in Bayern, das als Zentrum des Zitherspiels gilt. Hier findet man die meisten ausgebildeten Lehrer für das Instrument. Aber auch im Ruhrgebiet gibt es eine Zither-Tradition – und in Übersee, in den USA und in Japan existieren zahlreiche Zithervereine. Gefragt nach der über die Volksmusik hinausgehenden Literatur verweist Gertrud Wittkowsky naturgemäß vor allem auf Bearbeitungen, ist doch die Anerkennung des Konzertinstrumentes Zither noch sehr jung. Sie selbst spart Bearbeitungen der Klassik und Romantik allerdings aus („Schumanns Träumerei werde ich nie wieder spielen...“). Besser zum Instrument passen aus ihrer Sicht Werke der Renaissance und des Barock. Hier läßt sich eine Verbindung zur Lautentradition herstellen. Oft sind im Musikalienhandel keine Bearbeitungen aufzutreiben. Oft sorgen die Spieler selbst für Veröffentlichungen oder sie veschaffen sich alte Lautenbücher und widmen sich dann der aufwendigen Arbeit des Umschreibens. Aber auch in der zeitgenössischen Musik tummelt die Zitherspielerin sich häufig und gern. Der Vorteil: Hier entsteht nach und nach original für Zither komponierte Musik, die Komponisten sind bereit, sich mit den Besonderheiten des Instrumentes vertraut zu machen und in ihren Werken zu berücksichtigen. Die gemeinsame Arbeit kann sehr fruchtbar sein. Ein besonderer Freund der Zither ist zum Beispiel Peter Kiesewetter, mit dem Gertrud Wittkowsky gerne zusammenarbeitet. Sie berichtet von Zither-Festivals in München, die von ihrem Lehrer, Georg Glasl, organisiert werden. Hier gelangen zeitgenössische Werke der Kammermusik mit Zither ebenso zur Aufführung wie mongolische Musik mit Gesang und chinesischer Zither. Reizvoll ist auch die Idee, in Werkstattkonzerten originale Volksmusik zeitgenössischen Werken gegenüberzustellen. Solche Konzerte finden zum Glück mehr und mehr Zuhörer. Studiokonzerte dieser Art sind häufig ausverkauft. Insgesamt aber sind die Konzertmöglichkeiten beschränkt. Davon leben läßt sich allemal nicht, ebensowenig wie von der Arbeit als Zitherlehrerin allein. Gertrud Wittkowsky unterrichtet an der Musikschule Freising; neben ihren Instrumentalschülern hat sie dort neun Gruppen in musikalischer Früherziehung. Außerdem unterrichtet sie immer einige Privatschüler. Auf einen von ihnen durfte sie kürzlich besonders stolz sein: Er setzte ihre Tradition fort und erhielt einen ersten Bundespreis bei „Jugend musiziert“. Für Gertrud Wittkowsky sind beide Facetten ihres Berufslebens wichtig: das Konzertieren ebenso wie das Unterrichten. Mit beidem kommt sie ihrem Ziel ein Stück näher: neben der eigenen Freude an der Musik, ihrem Instrument zu der Anerkennung und Zuhörerschaft zu verhelfen, die es verdient. Barbara Haack

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