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Anmerkungen zur Ernst von Siemens Musikstiftung
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Es versteht sich im Grunde von selbst, dass in einer Gesellschaft, in der Kapitalschöpfung auf der Basis von Kapital (etwa über Aktien, Zinsen, Mietzins et cetera) zu einem wesentlichen wirtschaftlichen Standbein wurde, auch das Stiftungswesen an Bedeutung gewinnt. Ein gewisser Kapitalsockel steht zur Verfügung: Nicht er freilich, sondern die daraus erwirtschafteten Erträge, werden zweckgebunden zur Förderung von Kunst oder auch anderen gesellschaftlichen Aktivitäten eingesetzt. Eine der weltweit bedeutendsten Stiftungen für Musik ist fraglos die 1972 etablierte Ernst von Siemens Musikstiftung.

Es versteht sich im Grunde von selbst, dass in einer Gesellschaft, in der Kapitalschöpfung auf der Basis von Kapital (etwa über Aktien, Zinsen, Mietzins et cetera) zu einem wesentlichen wirtschaftlichen Standbein wurde, auch das Stiftungswesen an Bedeutung gewinnt. Ein gewisser Kapitalsockel steht zur Verfügung: Nicht er freilich, sondern die daraus erwirtschafteten Erträge, werden zweckgebunden zur Förderung von Kunst oder auch anderen gesellschaftlichen Aktivitäten eingesetzt. Eine der weltweit bedeutendsten Stiftungen für Musik ist fraglos die 1972 etablierte Ernst von Siemens Musikstiftung. In den Statuten ist festgehalten: „Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Die Stiftung bezweckt die Förderung der Kunst, insbesondere die Heran- und Fortbildung des künstlerischen Nachwuchses auf dem Gebiet der Musik, unter anderem auch durch Zuwendungen an Institutionen und Einzelpersonen, die auf dem Gebiet der Musik tätig sind, jedoch verbunden mit der ausdrücklichen Auflage, die Zuwendung ausschließlich für die erwähnten Zwecke zu verwenden,
den Gedankenaustausch zwischen schweizerischen, deutschen und anderen Musikkünstlern oder Musikwissenschaftlern,
die Verleihung von Preisen an produzierende oder reproduzierende Musikkünstler oder Musikwissenschaftler, die auf ihrem Gebiet besondere Leistungen vollbringen, insoweit dadurch ihr künstlerisches Schaffen gefördert und wertvolle Kunstwerke der Allgemeinheit zugeführt werden. Die Musikpreise werden unter der Bezeichnung Ernst von Siemens Musikpreis verliehen.“

Die jährliche Verleihung dieses Musikpreises in München trifft auf breite öffenliche Resonanz. Die Bezeichnung als Nobel-Preis der Musik gibt einen Eindruck von der weltweiten Wertschätzung. Ausgezeichnet wird jeweils eine bedeutende Person des gegenwärtigen Musiklebens (Komponist, Interpret, Musikwissenschaftler) und daneben wird eine große Anzahl von Projekten in Bezug auf zeitgenössisches musikalisches Arbeiten gefördert. Die Mittel für die Förderprojekte überschreiten die des Hauptpreises um ein Vielfaches. Der Stiftungsbetrag ist derzeit auf 1,3 Millionen Euro angewachsen, allein für die Fördermaßnahmen stehen mehr als eine Million Euro zur Verfügung. Hildegart Eichholz, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Siemens Musikstiftung, merkte in einem Gespräch dazu an: „In der Presse wird der Preis zumeist ausschließlich verbunden mit dem Hauptpreisträger. Das ist verständlich, ich finde es aber trotzdem schade. Die 150.000 Euro für ein Lebenswerk sind ja nur ein Bruchteil, derzeit ein Zehntel der ganzen Preissumme. Alles andere geht an Institutionen, an Ensembles, an junge Komponisten. Immer mehr versuche ich es in meiner Öffentlichkeitsarbeit klar zu machen, dass dies der eigentliche Sinn der Stiftung ist. Junge Komponisten werden unterstützt. Die können einmal ein Jahr aussetzen und sich ausschließlich ihrer schöpferischen Arbeit widmen. Das finde ich besonders wichtig.“
Und über die Anfänge der Stiftungsidee äußerte sich Frau Eichholz folgendermaßen: „Ernst von Siemens, der Enkel des Gründers der Siemens AG, hatte damals 1972 eine Kunststiftung ins Leben gerufen. Er war ein großer Freund der Kunst und vor allem der klassischen Musik. So beschloss er, sein privates Vermögen in diese Stiftung einzubringen, um das Lebenswerk eines Komponisten oder Interpreten anzuerkennen. Es sollte das Lebenswerk sein, das wollte Ernst von Siemens so. Heute wird uns oft vorgeworfen, dass die Ausgezeichneten den Preis gar nicht nötig hätten. Darum aber geht es nicht und die meisten geben denn auch das Geld weiter – an junge Musiker, an Institutionen. Ernst von Siemens wollte zunächst daraus keine groß aufgezogene öffenliche Angelegenheit machen. So war die Stiftung über zwanzig Jahre lang kaum bekannt. Zu Beginn wurde der Preis ganz intern in kleinem Rahmen in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste verliehen. Ernst von Siemens wollte mit dem Preis auch seine Vorstellung von musikalischem Wirken gewürdigt sehen.“

Sowohl was die Summe betrifft, die seit der Gründung kontinuierlich anwuchs, als auch was die inhaltliche Stoßrichtung betrifft, befindet sich die Ernst von Siemens Musikstiftung immer behutsam im Wandel. Ein Kuratorium registriert gesellschaftliche oder ästhetische Veränderungen im Musikbetrieb und sucht darauf – freilich immer im Sinne des Stifters – einzugehen. Die Vorgaben von Ernst von Siemens waren hierfür offen genug. So wurde die Idee der Auszeichnung eines Lebenswerks ungeschmälert beibehalten, zugleich entwickelte man Spielraum für anderweitige Unterstützungen, die auf Antrag, neuerdings auch über Vorschläge von „Scouts“ in jährlich jeweils zwei Ländern gewährt werden. Es darf gesagt werden: Ohne die Ernst von Siemens Musikstiftung wäre das weltweite Musikleben wohl um einige ambitionierte Projekte ärmer.

Auch hierzu merkte Frau Eichholz an: „Das Hauptverdienst der Ernst von Siemens Stiftung ist es, dass zum Hauptpreis eben auch das künstlerische Umfeld, und zwar in ganz besonderem Maße, berücksichtigt wird. Auf der einen Seite steht die Repräsentation und das ist wichtig und gut so, auf der anderen aber steht die Fülle von ganz direkten Arbeitsförderungen. Dass das öffentlich mehr anerkannt wird, ist meine eigentliche Aufgabe. Und hier liegen noch große Potenziale. Bei den Förderpreisen für junge Komponisten wird zum Beispiel sehr genau aufgepasst, dass es sich hier nicht um schon etablierte Persönlichkeiten handelt. Junge Komponisten, die bereits mit vielen großen Kompositionsaufträgen bedacht sind, werden dann lieber zurückgestellt.“

Mit dieser inhaltlichen Ausrichtung, mit seiner professionell gesichteten Gegenwartsnähe steht die Ernst von Siemens Musikstiftung singulär im musikkulturellen Leben. Im Jahr 1995 konnte man noch ein weiteres Projekt aus der Taufe heben: die schwerpunktmäßig zeitgenössische Konzertreihe im Berliner Magnus-Haus. In den Angaben der Stiftung ist hierüber zu lesen: „Die Magnus-Haus-Konzerte wurden im Jahr 1995 von der Ernst von Siemens Musikstiftung als ‚Musikalischer Salon‘ eingeführt an einem frühen Mittelpunkt des Berliner Kulturlebens, dem seinerzeit auch Werner von Siemens angehörte: im Haus des Physikers und Entdeckers der ‚Querkraft‘ Heinrich Gustav Magnus (1802–1870). Hier laden die Ernst von Siemens Musikstiftung, das Siemens Arts Program und die Siemens AG Berlin Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft zu einem Abend ein mit ausgesuchten Musikprogrammen, vornehmlich der zeitgenössischen Musik.

Neben dem jährlich zuerkannten großen Musikpreis und den Förderpreisen gehört diese Begegnung mit der internationalen Musikszene zu den herausragenden mäzenatischen Aktivitäten der Ernst von Siemens Musikstiftung.“

So verwirklicht die Ernst von Siemens Musikstiftung beispielgebend diverse Punkte eines modernen Stiftungsgedankens: Offenheit, Weite, Perspektivenreichtum und (nicht zu unterschätzen) Großzügigkeit. Das ist die Fortsetzung alten Mäzenatentums ohne dessen personale Einschränkung.

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