München - Der Komponist Jörg Widmann und der Philosoph Peter Sloterdijk bringen im Herbst im Münchner Nationaltheater ihre erste gemeinsame Oper heraus. Das Werk mit dem Titel "Babylon" wird von der katalanischen Künstlertruppe La Fura dels Baus inszeniert. "Babylon ist die Metapher für unsere Zeit der kulturellen Vielfalt, der Vielsprachigkeit und Heterogenität", sagte Widmann am Mittwoch bei der Präsentation der Spielzeit 2012/2013 der Bayerischen Staatsoper.
Sloterdijk, der unter anderem durch die Fernsehtalkshow "Das philosophische Quartett" bekannt wurde, hat für die Komposition erstmals ein Libretto geschrieben. Das Werk wird am 27. Oktober zur Saisoneröffnung uraufgeführt.
Das Image Babylons sei durch die Erzählungen der Bibel sehr negativ geprägt, sagte Widmann. Dafür stünden Bilder von der "Hure Bayblon", dem Turmbau zu Babel oder dem Sündenbabel. "Wir wollen so etwas wie eine Ehrenrettung Babylons versuchen." Denn Babylon sei die erste funktionierende multikulturelle Gesellschaft gewesen. "Eine uns so ferne und gleichzeitig so nahe Welt." Die musikalische Leitung der Uraufführung liegt in den Händen von Generalmusikdirektor Kent Nagano, der Ende der Saison 2012/2013 die Staatsoper verlassen wird.
Drei Verdi-Neuinszenierungen
Neben der Uraufführung von Widmanns zweiter Oper stehen sieben weitere Premieren auf dem Programm, darunter drei Neuinszenierungen von Werken Giuseppe Verdis: "Rigoletto" (Regie: Árpád Schilling, musikalische Leitung Marco Armiliato), "Simon Boccanegra" (Regie: Dmitri Tscheriakov, musikalische Leitung: Bertrand de Billy) und "Il trovatore" (Regie: Olivier Py, musikalische Leitung: Paolo Carignani). Nagano leitet eine Neuinterpretation von Modest Mussorgskys "Boris Godunow" in der Regie von Calixto Bieito.
Außerdem gibt es Premieren von Engelbert Humperdincks "Hänsel und Gretel", die deutsche Erstaufführung von George Benjamins "Written on skin" und eine Neuinszenierung des Opernstudios mit Hans Werner Henzes "Elegie für junge Liebende". Neben den Premieren umfasst das Repertoire der Saison 32 Werke, darunter drei komplette Zyklen der zurzeit laufenden Neuinszenierung von Richard Wagners Tetralogie "Der Ring des Nibelungen".
"Vox populi" ("Die Stimme des Volkes") ist die dramaturgische Klammer der Spielzeit. Sowohl Verdi wie Wagner hätten einen populären Kunstwillen besessen, den es für die Gegenwart sichtbar zu machen gelte, sagte Staatsopernintendant Nikolaus Bachler. "Vox populi heißt nicht Banalisierung, sonder Erweiterung und Klärung. Jede Sprache, auch die Musiksprache, kann nur dann wirken, wenn sie verstanden wird."
Gruberova engagiert
Nagano wird in seiner letzten Münchner Spielzeit an 53 Abenden am Pult des Bayerischen Staatsorchesters stehen. Die vergangenen sieben Jahre in München seien für ihn musikalisch "sehr prägnant und wichtig" gewesen. Für ihn schließe sich mit den kommenden Uraufführungen ein siebenjähriger Kreis, "in dem wir versucht haben, die musikalische Tradition und Bedeutung Münchens im Lichte einer zukunftsweisenden Perspektive zu sehen und an unser Publikum zu vermitteln", sagte der kalifornische Maestro.
Für die Spielzeit 2012/2013 hat die Staatsoper wieder berühmte Sänger engagiert, darunter auch die Koloratursopranistin Edita Gruberova. Die Diva hatte jüngst ihren Abschied von der Staatsoper für das Jahr 2014 bekannt gegeben und diese Entscheidung unter anderem damit begründet, dass offenbar kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit mit ihr auf dem Gebiet des Belcanto bestehe. Diese Einschätzung wies Bachler auf Nachfrage zurück. Frau Gruberova habe bereits neue Verträge für das Jahr 2015 unterschrieben, unter anderem für die Oper "Roberto Devereux" von Gaetano Donizetti.