Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats beschreibt in vier Punkten die Initiativen des Deutschen Kulturrats zum Thema GATS-Verhandlungen:
1. Deutscher Kulturrat verabschiedet Resolution zu den GATS-Verhandlungen
2. Staatsministerin für Kultur und Medien unterstützt die Resolution des Deutschen Kulturrates
3. Deutscher Kulturrat trifft den EU-Handelskommissar Pascal Lamy in Berlin
4. Deutscher Kulturrat startet eine Aktion, um die kulturelle Öffentlichkeit über die Auswirkungen der GATS-Verhandlungen für den Kulturbereich aufzuklären.
Die Europäische Kommission diskutiert im Namen Deutschlands zur Zeit mit der Welthandelsorganisation im Rahmen des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) auch über so genannte Kulturdienstleistungen. Bibliotheken, Archive, Museen und andere Kulturanbieter gehören für die Welthandelsorganisation zu den Dienstleistungen im Sinne des GATS und sollen weltweit handelbar gemacht werden. Es geht bei den GATS-Verhandlungen also auch um die Öffnung des globalen Dienstleitungsverkehrs im Kulturbereich.
Kunst und Kultur sind auf den internationalen Austausch angewiesen. Kunst, die in nationale Grenzen eingesperrt wird, verkümmert, verliert den Anschluss an die weltweite Entwicklung. Ist GATS also gut für die Kultur? Wohl kaum, denn bei GATS geht es um Marktmacht und nicht um Kulturentwicklung. So soll zum Beispiel unter den Stichwort „Meistbegünstigung“ erreicht werden, das Handelsvergünstigungen, dazu zählen unter anderem die Subventionierung von Kultureinrichtungen, allen Mitgliedern der Welthandelsorganisation in allen Mitgliedsländern gleichermaßen zugestanden werden (Inländerbehandlung). Bibliotheken, Museen und Theater in Deutschland würden bei ihrer Finanzierung im direkten Wettbewerb mit Anbietern kultureller Dienstleistungen aus der ganzen Welt stehen. Das gilt um so mehr für die Kultureinrichtungen, die in den letzten Jahren durch Umwandlung in Stiftungen oder GmbHs scheinprivatisiert wurden. Wer weiß, vielleicht muss in der Zukunft die Aufführung von „Tristan und Isolde“ an der Berliner Staatsoper, die ja gerade unter das Dach einer Trägerstiftung gestellt und damit privatisiert wird, weltweit ausgeschrieben werden. Die öffentliche Förderung erhält dann derjenige, der das Werk am günstigsten aufführen kann. Wollen wir wirklich Kunst und Kultur diesen Marktgesetzen unterwerfen?
Die EU-Kommission hat den Deutschen Kulturrat zur Konsultation eingeladen. Der Deutsche Kulturrat ist diesem Angebot gefolgt und hat zu den GATS-Verhandlungen deutlich Stellung bezogen. Der Deutsche Kulturrat fordert in seiner Stellungnahme die EU-Kommission auf, Liberalisierungsangebote auf ihre Kulturverträglichkeit zu prüfen. Dies gilt insbesondere für jene Bereiche, in denen der kulturelle Bezug auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist wie etwa bei Wettbewerbsbestimmungen. Der Vorstand des Deutschen Kulturrates und die Staatsministerin für Kultur und Medien Christina Weiss sprachen am 03. Februar ausführlich über die GATS-Verhandlungen. Die Staatsministerin teilt die Auffassung des Deutschen Kulturrates, dass die kulturelle Vielfalt der nachhaltigen Entwicklung dient und daher einen ebenso hohen Stellenwert haben sollte wie die Biodiversität. Die Staatsministerin für Kultur und Medien unterstützt die in der Resolution des Deutschen Kulturrates enthaltenen Ziele. Bei der jetzt anstehenden Formulierung der Verhandlungsposition der Europäischen Gemeinschaft soll sichergestellt werden, dass die in Art. 151 des Amsterdamer Vertrags festgelegte Kulturverträglichkeitsprüfung angewandt wird und so sichergestellt wird, dass Liberalisierung in kulturfernen Bereichen keinen Schaden für die Kultur nach sich zieht.
Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben sich am 20. Februar Vertreter des Deutschen Kulturrates mit dem für die GATS-Verhandlungen zuständigen Mitglied der Europäischen Kommission, Handelskommissar Pascal Lamy in Berlin getroffen. Bei dem Gespräch betonte der Deutsche Kulturrat die Notwendigkeit einer transparenten Verhandlungsvorbereitung bei den GATS-Verhandlungen, bei denen die Zivilgesellschaft noch stärker als bisher eingebunden sein müsse. Der Deutsche Kulturrat begrüßte die Ankündigung Pascal Lamys, dass die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag für eine Verhandlungsposition keinerlei Angebote für kulturelle Dienstleistungen vorgesehen habe. Gleichzeitig betonte der Deutsche Kulturrat, dass auch Angebote in den horizontalen Bereichen gemäß Artikel 151 (Kulturverträglichkeitsprüfung) des Amsterdamer Vertrags auf ihre Auswirkungen für den Kultursektor geprüft werden.
EU-Kommissar Pascal Lamy versicherte bei dem Gespräch mit dem Deutschen Kulturrat, er sehe keinen Grund für eine Abweichung von der bisherigen Position im Kulturbereich. Er äußerte Verständnis für die Bedenken hinsichtlich des Abbaus von Subventionen oder zu Privatisierungen.
Der Deutsche Kulturrat wird weiterhin darauf hinwirken, dass GATS und die damit verbundenen Konsequenzen stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert werden. Der Deutsche Kulturrat hat deshalb eine Aktion gestartet um die kulturelle Öffentlichkeit über die Auswirkungen der GATS-Verhandlungen für den Kulturbereich aufzuklären.