Nach der Bundestagswahl 1998 wurden große Erwartungen an die neuen kulturpolitischen Entscheidungsträger gerichtet. Mit der Aufnahme von Michael Naumann als designierten Staatsminister für Kultur in das Wahlkampfteam weckte Kanzlerkandidat Gerhard Schröder große Erwartungen in der kulturpolitischen Szene. Und auch andere Mitglieder des Schattenkabinetts von Gerhard Schröder, zum Beispiel die designierte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, machten vor der Bundestagswahl deutlich, kulturpolitisch etwas bewegen zu wollen.
Nach der Bundestagswahl 1998 wurden große Erwartungen an die neuen kulturpolitischen Entscheidungsträger gerichtet. Mit der Aufnahme von Michael Naumann als designierten Staatsminister für Kultur in das Wahlkampfteam weckte Kanzlerkandidat Gerhard Schröder große Erwartungen in der kulturpolitischen Szene. Und auch andere Mitglieder des Schattenkabinetts von Gerhard Schröder, zum Beispiel die designierte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, machten vor der Bundestagswahl deutlich, kulturpolitisch etwas bewegen zu wollen. Nach diesen vorherigen Bekundungen waren nach der Bundestagswahl die Erwartungen an eine künftige klar konturierte und deutlich erkennbare Kulturpolitik des Bundes besonders hoch. Bei solch hohen Anforderungen waren Enttäuschungen fast vorprogrammiert. Und tatsächlich, die kulturpolitischen Anfänge der neuen Bundesregierung waren nicht gerade dazu geeignet, dass die Kulturszene in Freudentaumel ausbrach. Zu wenig wurde deutlich, wie die Rahmenbedingungen für das kulturelle Leben verbessert werden sollten.Es ist darum umso erfreulicher, dass am Ende des Jahres 1999 eine positive kulturpolitische Bilanz gezogen werden konnte, wenn auch ein Wermutstropfen, nämlich die Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialkasse um 20 Prozent die Freude schmälerte.
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements
Wichtige Akzente hat die Bundesregierung in der Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements gesetzt. Längst überfällig und von der Vorgängerregierung immer wieder angekündigt, doch nie eingelöst, war die Abschaffung des sogenannten „Durchlaufspendenverfahrens". Jetzt zum 1. Januar 2000 können gemeinnützige Vereine aus dem Kulturbereich endlich selbst Spenden entgegen nehmen und Spendenquittungen ausstellen. Der „Durchlauferhitzer" öffentliche Verwaltung, den Spenden zuvor erst durchlaufen mussten, bis sie zum eigentlichen Empfänger, den Kulturvereinen, kamen, wird von dieser Aufgabe entlas-tet. Die Spender können direkt an den Kulturverein spenden.
Die Anhebung der sogenannten Übungsleiterpauschale von 2.400 auf 3.600 Mark wird sich hoffentlich ebenfalls positiv auf das bürgerschaftliche Engagement auswirken. Erfreulich ist über die Anhebung des Betrags hinaus, dass der Kreis derjenigen, die die Übungsleiterpauschale bei ihrer Einkommenssteuererklärung geltend machen können, erweitert wurde.
In die Jahre 2000 bis 2002 reicht eine weitere Initiative der Koalitionsfraktionen, die vom Deutschen Bundestag am 16. Dezember 1999 verabschiedet wurde: die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Ehrenamt. Aufgabe der Enquete-Kommission wird unter anderem sein, Vorschläge für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement zu erarbeiten. Der Deutsche Kulturrat wird sich an der Diskussion um die Stärkung des Ehrenamtes weiterhin beteiligen. Das im Jahr 1999 mit dem Deutschen Sportbund und der Arbeiterwohlfahrt gegründete Bündnis für Ehrenamt wird die Diskussion ehrenamtlicher Fragestellungen über den Kulturbereich hinaus erlauben, ohne dass die seit Jahrzehnten bewährten Strukturen verbandlicher Entscheidungsprozesse im Grundsatz in Frage gestellt werden.
Einen weiteren Akzent zu mehr bürgerschaftlichem Engagement setzte die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag zur Reform des Stiftungssteuerrechts. Die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts war wie die Abschaffung des Durchlaufspendenverfahrens ein Erbe aus der christlich-liberalen Koalition. Noch von der Oppositionsbank aus hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Vorschlag zur Reform des Stiftungsrechts in das Parlament eingebracht. In der kulturpolitischen Debatte am 12. Februar 1998 wurde dieser Vorschlag von Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer vorgestellt. Und Antje Vollmer war es auch, die sich nach dem Regierungswechsel weiterhin für eine Reform des Stiftungsrechts stark machte. Im Staatsminister beim Bundeskanzler, dem Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Michael Naumann, fand sie einen engagierten Mitstreiter, und auch die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages, Elke Leonhard, hat die Reform des Stiftungs- und Stiftungssteuerrechts für sich und den Ausschuss zu einer wichtigen Angelegenheit gemacht.
Dass es von der Oppositionsbank offenbar leichter ist, Vorschläge zu machen, die zunächst Einschnitte in den Haushalt des Finanzministers bedeuten, zeigten die Aktivitäten der CDU/CSU- und der F.D.P.-Fraktion. Die F.D.P.-Fraktion legte gleich zu Beginn der 14. Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf zur Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts vor. Die CDU/CSU-Fraktion erarbeitet nach intensiven Diskussionen in einer eigens gebildeten Arbeitsgruppe ein Grundsatzpapier zur Reform des Stiftungsrechts, das weitgehende Vorschläge insbesondere in Hinblick auf die Definition von Stiftungen enthält.
In das Jahr 2000 haben die Regierungsfraktionen die Hausaufgabe mitgenommen, nach dem Vorschlag zur Reform des Stiftungsteuerrechts nun einen zur Reform des Stiftungsrechts zu erarbeiten. Der Deutsche Kulturrat wird sie an diese Zusage erinnern.
Neben dem positiven Ergebnis, dass Anfang diesen Jahres nach der zweiten und dritten Lesung im Parlament tatsächlich eine Reform des Stiftungssteuerrechtes in Kraft tritt, ist als positiver „Nebeneffekt" die intensive Diskussion im Dritten Sektor zu dieser Reform hervorzuheben. Im Laufe der nun fast zweijährigen Debatte zur Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts hat sich ein Diskussionszusammenhang unter den an dem Thema interessierten Verbänden etabliert. Auch diese Diskussionskultur ist eine Stärkung des Dritten Sektors, zeigte sie doch, wie anregend und der gemeinsamen Sache dienlich das gemeinsame Vorgehen von Verbänden ist. Der Deutsche Kulturrat wird sich für den weiteren Austausch der betreffenden Verbände und Institutionen einsetzen.
Offene Frage: Zukunft der Kulturfinanzierung
Mit der Abschaffung des Durchlaufspendenverfahrens, der Anhebung der Übungsleiterpauschale, der Reform des Stiftungssteuerrechts hat die Bundesregierung eingeforderte Verbesserungen für bürgerschaftliches Engagement umgesetzt. Die Debatte um das bürgerschaftliche Engagement wird damit aber nicht zu Ende sein, vielmehr liegt ein Teil der Auseinandersetzung noch vor uns.
Die Frage nach einer tragfähigen Kulturfinanzierung, die bürgerschaftliches Engagement einfordert, ohne den Staat aus seiner Verantwortung zu entlassen, steht im Raum. Wird diese Frage so beantwortet, dass die private Kulturfinanzierung ergänzend zu der öffentlichen hinzutritt, stellt sich automatisch die Frage nach den jeweiligen Einflussmöglichkeiten des privaten und des öffentlichen Geldgebers und es stellt sich die Frage nach der Verwendung und Verwaltung der Mittel.
Staatsminister Naumann spricht in seiner kulturpolitischen Bilanz von den „Knebeln des Haushaltsrechts". Er sieht Chancen zur Veränderung durch die Überführung von Kultureinrichtungen in Stiftungen, die dann an das öffentliche Haushaltsrecht nicht mehr gebunden sind. Doch warum den Stein nicht weiter werfen und die prinzipielle Frage stellen, inwieweit das antiquierte Haushaltsrecht überhaupt tauglich ist, bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen.
Die Kommunen haben mit der Einführung der neuen Steuerungsmodelle bereits Schritte zur Interpretation der Vorschriften unternommen und beispielsweise Spielräume zur Übertragung von Haushaltsmitteln in das Folgejahr geschaffen. Diese vorhandenen Spielräume auszuloten und prinzipielle Fragen nach der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen für öffentliche Mittel in geförderte Kulturenrichtungen und Institutionen zu stellen, ist die konsequente Fortführung der Debatte um das bürgerschaftliche Engagement.
Bürgerinnen und Bürger, die einen erheblichen freiwilligen Beitrag zur Finanzierung einer Kultureinrichtung oder einer kulturellen Institution leisten, werden sich nicht damit abfinden, dass fachfremde Verwaltungsstrukturen darüber befinden, ob das Geld zweckmäßig ausgegeben wurde. Sie werden verlangen, dass die Mittel wirtschaftlich verwandt werden.
Eine offene Diskussion über die Ausgestaltung einer künftigen Kulturfinanzierung wird sich daher um die Frage nach dem „Sinn und Unsinn" der Bundeshaushaltsordnung bei der Kulturfinanzierung nicht herumdrücken können.
Wermutstropfen: Künstlersozialversicherung
Leider erhielt die positive Jahresbilanz in den letzten Wochen des Jahres 1999 einen drastischen Dämpfer. Mit der Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialkasse hat der Bund seine kulturfreundliche Politik nicht bis zum Jahresende durchgehalten.
Die Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialkasse, die versteckt im Haushaltssanierungsgesetz zunächst durch die kalte Küche eingeführt werden sollte, konnte trotz des Protestes des Deutschen Kulturrates und zahlreicher anderer Verbände nicht verhindert werden. Jetzt ist zu hoffen, dass mit der im April geplantenNovelle einiges zurückgenommen wird und sich der Bund eindeutig und klar zur sozialen Sicherung der Künstlerinnen und Künstler bekennt.