Unter dem Motto „Aufbruch“ veranstaltete der Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) vom 6. bis 10. September das Kinder- und Jugendchorfestival EUROTREFF in Wolfenbüttel. Teilgenommen hatten rund 620 Kinder und Jugendliche aus Europa.
Aufbruch in der Kinder- und Jugendchorwelt
Aufbruch – woher komme ich? Warum möchte ich aufbrechen? Überdruss oder Gefahr in der Ge-genwart oder Verlockung der Zukunft? Wie soll diese Zukunft aussehen? Wie weit bin ich schon auf meinem Weg zu dieser erstrebten Zukunft?
Inhaltlich und methodisch legte der EUROTREFF eindrucksvoll Zeugnis davon ab, wie junge Chorsänger*innen aktiv die Zukunft gestalten, welche Rolle das Medium Chormusik dabei spielt und welche Werte dabei als Kompass dienen.
Begegnung
Sicher, man trifft sich zum gemeinsamen Singen – so könnte vielleicht der kleinste gemeinsame Nenner lauten. Doch was steckt alles hinter dieser vordergründig einfachen Aussage? Begegnung schafft Beziehung, Beziehung ist Auseinandersetzung mit dem Anderen, eine Beziehung zu Fremdem einzugehen fördert Verständnis, Verständnis ist Basis für Toleranz und Offenheit. So ist es nur folgerichtig, dass Begegnung die Basis dieses Festivals ist: Begegnung der Chorkinder untereinander, Begegnung der jungen Sänger*innen mit Kindern aus Schulen und Kitas der Region, Chöre mit ihren eigenen Repertoires als kulturelle Botschafter ihrer Heimatländer, Begegnung mit dem Alltag vor Ort, Begegnung während gemeinsamer Chorproben und des gemeinsamen Abschlusskonzerts.
Gemeinsam etwas auf die Beine stellen, das schweißt zusammen. Ein wesentlicher Bestandteil des EUROTREFFs sind deshalb die Ateliers, in denen gemeinsam an neuen Stücken gearbeitet wird. Insgesamt 7 Ateliers fanden statt, um den Altersklassen und Besetzungen gerecht zu werden: Kinderchor, Mädchenchor und Jugendchor. Die Präsentation der Atelierergebnisse erfolgte als krönender Abschluss der ereignisreichen Festivaltage in einem großen Abschlusskonzert. Die Atelierleiter*innen waren herausragende Meister ihres Faches aus ganze Europa: Christiane Fischer (Österreich), József Nemes (Ungarn) und Basilio Astulez (Spanien) übernahmen jeweils Ateliers für Kinderchor.
Dafür wurden jeweils mehrere Chöre zusammengenommen, so dass immer zwischen zwei bis vier Chöre ein Atelier bildeten. Das Publikum war besonders überwältigt von kraftvollen und energiegeladenen Choreografien sowie von Entdeckerlust und Spielfreude an Percussion und Heulschläuchen. Carlo Pavese (Italien) nahm für sein Atelier den europäischen Gedanken in Form der beteiligten Nationalitäten in seinem Atelier zum Ausgangspunkt und schuf ein Medley, in dem jede beteiligte Nation durch ein Lied dargestellt wurde; für Deutschland wählte er beispielsweise ein Lied von Felix Mendelssohn Bartholdy und für sein Heimatland Italien den Popsong „via con me“, der schon während der ersten Takte am Klavier das Publikum wippen und schmunzeln ließ.Tristan Meister (Deutschland) thematisierte in seinem Jugendchoratelier anspruchsvolle zeitgenössische Literatur. Politische Denkanstöße gaben die Ateliers von Caroline Krohn (Deutschland), die für die erkrankte Finnin Merzi Rajala einsprang, und Birgitte Næslund Madsen (Däne-mark): Der Zyklus „Choirs for Ecocide Law“ thematisiert das Vorhaben, Ökozid als strafrechtlich relevantes Vergehen einzuführen und damit der Natur mehr Rechte einzuräumen beziehungsweise Naturzerstörung zum Straftatbestand zu erheben. Das Lied „Is our Microphone on“ bezieht sich auf Greta Thunberg, die 2019 eine Rede im britischen Parlament schloss mit den Worten „Did you hear what I just said? Is my English OK? Is the microphone on? Because I’m beginning to wonder.“
Neben dem gemeinschaftlichen Arbeiten an neuem Programm bot der EUROTREFF zahlreiche Gelegenheiten für die Chöre, ihr jeweils mitgebrachtes Repertoire zu präsentieren. Zum Eröffnungskonzert präsentierte sich jede Gruppierung kurz mit einem Lied ihres Landes oder einem Lieblingslied des Chores und gab damit den musikalischen Startschuss in ein begegnungsreiches Festival.
Präsentation des Eigenen
Die abendlichen Begegnungskonzerte in Kirchen gestalteten immer zwei Chöre gemeinsam. Dabei fiel besonders die große Unterstützung auf, mit der die Chöre sich gegenseitig anfeuerten und eine energiegeladene Grundstimmung während der Konzerte hervorbrachten. Eine Sonderstellung nahm hierbei der Chor color music an der Domsingschule Braunschweig ein; in diesem Chor singen ausschließlich geflüchtete ukrainische Kinder, die derzeit in Braunschweig leben. Diese Kinder singen noch nicht so lange zusammen, um ein großes Repertoire anbieten zu können, deshalb waren sie zusätzliche Gäste bei zwei anderen Chören. Dieser Chor brachte eindrücklich in Erinnerung, dass der internationale Geist des EUROTREFFs mit seinem Fokus auf Toleranz und friedvollem Begegnen derzeit keine Selbstverständlichkeit ist. Ausgelassener ging es dann zu beim Straßensingen in der Innen-stadt von Wolfenbüttel, das parallel zum Wochenmarkt stattfand, so dass die Chormusik diesmal aktiv zum Publikum kam.
Insgesamt waren durch das Festival rund 620 Gäste in Wolfenbüttel. Sie teilten sich auf in acht deutsche Chöre und zehn Chöre aus Bulgarien, Estland (zwei Chöre), Griechenland , Island, Italien, Polen, Rumänien, Schweden und Spanien. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen waren zwischen sieben und 21 Jahren alt.
Der nächste EUROTREFF findet 2025 wieder im September in Wolfenbüttel statt. Wer dann Lust hat auf internationale Begegnung, gemeinsames Musizieren, das Wachsen an musikalischen Herausforderungen, internationale Freundschaft und vieles mehr, was abseits der Proben entsteht, der sollte sich den Termin freihalten. Bilder des diesjährigen EUROTREFFs gibt es hier: www.eurotreff-amj.de
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