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Den Letzten beißen dann doch die Hunde....

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Die Gemeindereform: Schlüssel zur Finanzierung &#183
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Den Letzten beißen die Hunde: so kann derzeit die Situation in der Kulturfinanzierung beschrieben werden. Und die Letzten sind, um im Bild zu bleiben, immer öfter die Kultureinrichtungen und kulturellen Initiativen in den Städte und Gemeinden.

Dem föderalen Aufbau der Bundesrepublik entsprechend übernimmt der Bund nur kleine Anteile bei der Finanzierung kultureller Einrichtungen oder von kulturellen Vorhaben. Seine Fördermöglichkeiten sind beschränkt auf Vorhaben von bundesstaatlicher Bedeutung sowie auf die Auswärtige Kulturpolitik. In der im vergangenen Jahr intensiv geführten Entflechtungsdebatte im Umfeld der Gründung der Kulturstiftung des Bundes wiesen die Länder den Bund wiederholt in seine Schranken. Sie verwiesen auf die so genannte Kulturhoheit der Länder und leiteten daraus ab, dass der Bund nur eingeschränkte Förderverantwortung hat. Die Kompromisse zwischen Bund und Ländern spiegeln sich sehr konkret in den Stiftungszwecken der Kulturstiftung des Bundes wider.

Wenn die Länder dem Bund so nachdrücklich seine beschränkten Kulturfördermöglichkeiten aufzeigen, so sollte man meinen, dass sie sich umso intensiver in der Finanzierung von Kunst und Kultur engagieren. Nun ist dieses Engagement aus historischen Gründen in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel verfügt über nur wenige Kultureinrichtungen in Trägerschaft des Landes und fördert über die Fläche mit verhältnismäßig kleinen Summen. Die Hauptlast zur Finanzierung der kulturellen Infrastruktur tragen die Kommunen. Ganz anders sieht es zum Beispiel in Bayern aus. Hier befinden sich ebenfalls aus historischen Gründen eine beträchtliche Reihe von Einrichtungen in der Trägerschaft des Freistaats und hier engagiert sich das Land in weitaus größerem Maße in der Kulturfinanzierung. Das heißt, das Engagement der Länder in der direkten Förderung von Kunst und Kultur ist sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist allen Ländern aber, dass sie eigentlich verpflichtet sind, die Kommunen in den Stand zu versetzen, ihre Leistungen bei der Kulturfinanzierung zu erfüllen. Dieses gelingt immer weniger. Die kommunalen Haushalte geraten in den vergangenen zwei Jahren immer stärker in eine Schieflage und auch für das Jahr 2003 ist keine Trendwende abzusehen. Im Gegenteil die kommunalen Spitzenverbände warnen vor einer immer weiter auseinander gehenden Schere der Einnahmen und Ausgaben.

Die Grafik des Deutschen Städtetags zeigt, dass bis zur Mitte der neunziger Jahre bei stetig wachsenden Einnahmen der kommunalen Haushalte die Ausgaben stets über den Einnahmen lagen. Drastische Sparprogramme der Kommunen, Rückgänge bei den Investitionen, Verwaltungsveränderungen und anderes mehr führten ab der Mitte der neunziger Jahre zu Ausgabensenkungen. Der Kulturbereich hat diese Veränderung mehr als schmerzlich erfahren. Bei gleichzeitig steigenden Einnahmen der Kommunen überstiegen in den Jahren 1999 und 2000 die Einnahmen die Ausgaben. Im Jahr 2001 folgte schließlich der erneute Einbruch. Die Ausgaben wachsen wieder stetig an und die Einnahmen der Städte und Gemeinden sinken rapide. Steigende Ausgaben werden von den Kommunen mit steigender Last im Sozialhaushalt durch mehr Sozialhilfeempfänger auf Grund der schwierigen wirtschaftlichen Lage erklärt. Die dramatisch sinkenden Einnahmen stehen ebenfalls in Verbindung mit der schlechten wirtschaftlichen Lage, den fehlenden Investitionen der Kommunen, die besonders das ortsansässige Handwerk treffen, sowie mit den Veränderungen durch die 2001 in Kraft getretene Steuerreform. Insgesamt ein Konglomerat an strukturellen Problemen, die derzeit kulminieren und sich zu einem Desaster auswachsen.

Kommission nimmt Arbeit auf

Die Situation wird von Bund, den Ländern und besonders den Kommunen selbst als extrem bedrohlich eingeschätzt. Die Bundesregierung hat deshalb im März 2002 eine Kommission zur Gemeindefinanzreform eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten soll, wie die Zahlungsunfähigkeit der Kommunen abgewendet werden kann. Die Kommission tagte im Mai 2002 erstmals. Der Kommission gehören an:

  • ein Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen,
  • ein Vertreter des Bundesministeriums des Innern,
  • ein Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung beziehungsweise jetzt Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit,
  • zwei Vertreter von Landesministerien des Innern (Bayern und Nordrhein-Westfalen),
  • sieben Vertreter von Landesministerien für Finanzen (Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen),
  • ein Vertreter eines Landesministeriums für Arbeit und Soziales,
  • zwei Vertreter des Deutschen Städtetags,
  • zwei Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes,
  • zwei Vertreter des Deutschen Landkreistages,
  • ein Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Industrie,
  • ein Vertreter des Zentralverbands des Deutschen Handwerks,
  • ein Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages,
  • ein Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes,
  • ein Vertreter der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

Diese Kommission hat zwei Arbeitsgruppen gebildet. Eine Arbeitsgruppe Kommunalsteuern unter dem Vorsitz des Bundesministerium der Finanzen und eine Arbeitsgruppe Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe unter dem Vorsitz des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Die Arbeitsgruppen sollten nach dem ursprünglichen Zeitplan bereits Anfang des Jahres 2003 ihre Vorschläge vorlegen, da der Gesetzgebungsprozess für eine Reform der Gemeindefinanzierung noch im Jahr 2003 abgeschlossen werden sollte. Zum 1. Januar 2004 sollte die Gemeindefinanzreform in Kraft treten. Es ist abzusehen, dass dieser ehrgeizige Zeitplan nicht einzuhalten sein wird. Dennoch gebieten die dramatischen Einnahmeverluste der Kommunen Eile.

Die Kommunen sichern die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr, in der Bereitstellung von Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und eben auch in der Bereitstellung der „freiwilligen“ Leistung Kultur. Insofern ist der gesamte Kulturbereich elementar von der aktuellen Finanznot der Kommunen ebenso betroffen wie von möglichen Veränderungen der Einnahmequellen.

Angesichts des immer kleiner werdenden Kuchens, der zur Finanzierung von Kunst und Kultur in den Kommunen zu Verfügung steht, drängt sich die Frage nach der künftigen Verteilung der einzelnen Kuchenstücke genauso auf wie die Diskussion darüber, welche Aufgaben künftig überhaupt noch von der öffentlichen Hand wahrgenommen und welche privatisiert werden sollen. So wird im Zuge der Diskussionen um die Gemeindefinanzreform nicht nur debattiert, wie die Einnahmesituation der Städte und Gemeinden verbessert werden kann, auf der Agenda steht ebenso die Frage, welche Aufgaben die Kommunen in der Zukunft noch wahrnehmen sollen. Und dabei geht es zumeist nicht darum, Finanzierungsaufgaben von den Kommunen auf das Land oder gar den Bund zu übertragen, sondern vielmehr wird thematisiert, ob bestimmte Aufgaben vom Staat überhaupt übernommen oder nicht besser Privaten übertragen werden sollen.

Qualitätsstandards gefragt

Die Kultureinrichtungen werden sich dieser Diskussion stellen müssen. Sie werden wahrscheinlich in noch größerem Maße aufzeigen müssen, welche Bedeutung sie für das Leben vor Ort hat und welche Leistung sie für das Leben in der Stadt oder Gemeinde erbringen. Ein kleinlicher Wettstreit untereinander, ob das Museum wichtiger als die Blaskapelle oder die Stadtbibliothek bedeutsamer als das Theater ist, wird nur denjenigen nutzen, die die verschiedenen Akteure gegeneinander ausspielen wollen. Es wird vielmehr in der Zukunft noch mehr darauf ankommen, solidarisch zu sein und untereinander Qualitätsstandards zu entwickeln, die öffentliche Förderung rechtfertigen. Dieser Prozess wird nicht schmerzfrei verlaufen, denn seine Umsetzung bedeutet für jede Kultureinrichtung, ob in Trägerschaft der öffentlichen Hand oder öffentlich gefördert, unter Beweis stellen zu müssen, dass die Förderung gerechtfertigt ist. Die Zahl der Besucher ist dabei ebenso wenig ein Maßstab wie die „schon immer” bestehende öffentliche Förderung. Es gilt vielmehr unter künstlerischen aber auch gemeinwohlorientierten Gesichtspunkten zu diskutieren, welche Vorhaben eine öffentliche Förderung verdienen und welche sich auf dem freien Markt bewegen sollten.

Die Gemeindefinanzreform wird, so ist zu hoffen, gelingen. Sie wird die Städte und Gemeinden in den Stand versetzen, ihren Aufgaben nachzukommen. Gerade für die Kultur wird eine erfolgreiche Gemeindefinanzreform der Schlüssel für eine dauerhafte tragfähige Finanzierung auf kommunaler Ebene sein. Sie enthebt aber niemanden vor Veränderungen, will man nicht der Letzte sein, den dann trotzdem die Hunde beißen.

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